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Wer braucht schon Zauberfarben?

Wer braucht schon Zauberfarben?

Titel: Wer braucht schon Zauberfarben? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu Pera
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Vater.
    Nach ein paar Sekunden, in denen ich meine Gedanken ordne, erkläre ich: „Ich habe die schwarze Magie zurückgedrängt, damit meine Haare die Farbe nicht wechseln. Ich vermute, er hat es nicht übers Herz gebracht, einem blonden Engel den Kopf abzuschlagen, aber dann ist die schwarze Magie aus mir herausgebrochen. Mein Haar hat die Farbe geändert. Er hielt es für einen Trick – einen faulen Zauber. Das hat ihn erzürnt. Danach hat er mich betäubt und in den Tower mitgenommen. Eigentlich nimmt ein anderer Mann dort die Folterungen vor, doch er hat angeordnet, dass nur er mich verhören darf.“
    Beliar schnaubt laut auf. „Er stirbt noch vor Sonnenuntergang“, verkündet er wild.
    „
Nein
“, halte ich ihn zurück. „Er hat mir geholfen. Ohne ihn würde ich nicht mehr am Leben sein“, erkläre ich.
    „Raven“, raunt mein Vater. „Er hat dich verschleppt, eingesperrt, gefoltert, dich fast verhungern lassen, deinen Körper mit einem Messer bearbeitet und dich auf den Scheiterhaufen gebracht. Wie kannst du nur behaupten, er habe dir geholfen?“
    Energisch stelle ich fest: „Der Mann hat mich betäubt, bevor er mich verstümmelt hat. Er sagte mir, wenn ich keinen Kratzer am Leib hätte, würde ein anderer Mann mir Schlimmeres antun. Ich glaube, er hat mir Kräuter ins Wasser gemischt, damit ich schlafen konnte. Sag mir Vater, welch ein Inquisitionsschlächter betäubt seine Gefangene, bevor er zuschlägt?“
    „Er hat Hand an
meine
Tochter gelegt. Dafür allein ist er des Todes“, stößt mein Vater wild aus.
    „Da ist noch mehr“, gestehe ich. „Er ist McConnors Sohn. Der Lord hat ihn als seinen Nachfolger bestimmt.“ Die Männer am Tisch sind sichtlich überrascht über meine Worte.
    „Ein Grund mehr, ihn zu töten“, verlautbart Beliar.
    „Junus“, will mein Vater wissen. „Wusstest du, dass Lord McConnor einen leiblichen Sohn hat?“
    „Nein Lord Owen“, antwortet Junus. Wow, wie verbirgt man denn jahrelang seinen Sohn? Vielleicht lebte Gillean in der Zeit im Exil. Womöglich in einem anderen Teil Irlands oder einem anderen Land.
    „Versteht ihr denn nicht?“, wende ich ein. „Ich glaube, mit ihm könnte man reden. Ihn überzeugen, dass die Hexen keine bösen Kreaturen sind, die es von der Welt zu vertreiben gilt. Ihr hättet sehen sollen, wie er mich angesehen hat, als er mir die Kapuze vom Haupt gerissen hat.“
    „Ihm hat es wahrscheinlich den Atem verschlagen, wie jedem Mann, der dich zum ersten Mal sieht, Raven. Bei mir war das übrigens auch der Fall – und ich bin dein Bruder. Das hat nichts zu bedeuten“, wendet Artis ein.
    „
Nein
“, stoße ich ärgerlich aus. „Er hatte Gewissensbisse. Dieser Mann ist nicht grausam wie sein Vater es ist. Wenn wir ihn überzeugen können, wird er uns vielleicht helfen. Möglicherweise können wir einen Handel mit ihm eingehen. Zum Schutz unserer Zirkel, die in dieser Epoche leben. Stellt euch das doch nur mal vor. Ein direktes Friedensabkommen mit dem Oberhaupt des schwarzen Ordens höchstpersönlich. Das wäre revolutionär, würde ein neues Zeitalter einläuten, in dem Hexen sicher leben könnten, ohne verfolgt zu werden“, verlautbare ich.
    „Du klingst so, als hättest du den Mann liebgewonnen Tochter – und jetzt genug davon“, stößt mein Vater überheblich aus.
    Er winkt meine Worte sogar mit einer abschätzigen Handbewegung ab, als wäre ich einer seiner Untertanen. Ich fasse es nicht, dass er mich gerade so behandelt, als wäre ich ein trotziges Kind, das man mit solch einer Geste abwimmeln kann.
    Außerdem, wie unpassend ist
das
denn vor Beliar, mir hier zu unterstellen, ich hätte mich in meinen Entführer verliebt. Männer haben echt null Feingefühl.
    Unbändige Wut steigt in mir hoch. Beliar scheint es zu spüren, denn er drückt meine Hand leicht. Seine stille Warnung ignoriere ich.
    Stattdessen löse ich mich aus seinem Griff, stehe auf und atme tief durch. Okay, das wars – meine Selbstbeherrschung bricht durch.
    Aus vollster innerer Qual schlage ich mit der Faust auf die Steinplatte des Tisches. Dabei brülle ich meine Wut in die Welt hinaus. Meine Magie schwappt über den Stein, formt konzentrische Kreise, die sich in Wellen ausbreiten. Er bekommt tiefe Risse, welche sich schnell über die gesamte Platte fortsetzen. Im nächsten Augenblick springen alle Männer von ihren Stühlen hoch.
    Einen Wimpernschlag später bricht der Tisch in sich zusammen. Mein Atem geht stoßweise. Ich hab mich sogar vor mir

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