Wer braucht schon Zauberfarben?
sollen? Hm, ich vermute mal, er wollte sich mit dem Gold in meine Welt absetzen, nachdem er das Kopfgeld kassiert hat.
Vor Angst kann ich nicht klar denken, weiß nicht, wie ich hier rauskommen soll. Ich bin verzweifelt, okay.
Fast am Ende meiner Kräfte verlange ich: „Gillean. Es ist grausam, was ihr hier macht. Du musst das stoppen.“
Er ignoriert mich. „Beantworte meine Fragen Raven. Ich will dir nicht wehtun, aber ich werde es, wenn du nicht kooperierst“, droht er.
Bevor ich die Information verarbeiten kann, zieht er mich zu einem Kessel, in dem rotes, kochendes Wasser brodelt. Bitte sag mir, dass das Lebensmittelfarbe ist, ist mein einziger, vollkommen idiotischer Gedanke.
„Macht dir das etwa Freude, mich zu quälen?“, krächze ich.
„Nein, es macht mir keinen Freude das zu tun, aber wenn du keinen Kratzer am Leib hast, nachdem ich mit dir aus der Folterkammer komme, wird sich bald ein anderer Mann um dich kümmern und glaube mir, das willst du nicht.“ Seine Worte ergeben Sinn, aber ich bin zu aufgewühlt, um die Konsequenzen daraus vollends zu realisieren.
„Und deshalb willst du mich in einem Topf kochen?“, stoße ich atemlos aus. Er lässt diese Frage unbeantwortet. Meine Beine geben erneut nach.
Wieder kann ich nur hilflos dabei zusehen, wie er mich zum nächsten Instrument schleift. Ich presse die Augen zu, denn egal was es ist, ich will es nicht sehen.
„Mach die Augen auf“, verlangt er.
„Nein“, hauche ich.
„Mach die Augen auf Raven oder ich spreize sie dir auf“, droht er. Ich tue, was er verlangt. Auf dem Instrument klebt noch Blut.
Bei dem Anblick schreie ich mir die Seele aus dem Leib. Gillean hält mir den Mund plötzlich zu. Erneut benutzt er die Substanz auf seinem Stofftaschentuch, um mich zu überwältigen.
Immer wieder wecken mich Schreie aus meinem unruhigen Schlaf. Manchmal sind es auch meine eigenen. Zeit spielt keine Rolle mehr. Da ist nur dieser Schmerz, der in meinem Körper wütet.
Ich glaube, Gillean hat mir Wunden zugefügt. Ich spüre ein Brennen auf meinen Armen und Beinen. Jemand flößt mir etwas ein, das mich nur automatisch schlucken lässt. Ein paar Mal höre ich Gilleans Stimme, die mir beruhigende Worte ins Ohr haucht. Ich weiß nicht, ob das Traum oder Realität ist.
Die Sonne blendet meine lichtentwöhnten Augen. Ich vernehme aufgebrachtes Toben von Menschen, kann aber nicht verstehen, was sie rufen. Unter meinen nackten Fußsohlen spüre ich spitze Äste, die sich in meine Haut graben.
Ich weiß, wo ich bin. Weiß, dass ich gleich brennen werde. Irgendwie habe ich gar keine Angst mehr. Mein Körper hat den Kampf aufgegeben – mein Geist ebenso.
Komischerweise sehne ich mich nach der Wärme des Feuers. Zu lange friere ich schon. Die Hitze, die von den Flammen ausgeht, wärmt meinen zitternden Körper. Ich spüre den Wind auf meiner Haut, fühle die Geborgenheit, die von der Wärme ausgeht. Merkwürdig, ich hab gar keine Schmerzen.
Jemand ruft meinen Namen von weiter Ferne. „Raven, wir sind hier.“ Ich träume. Das war die Stimme meines Bruders. Mein Körper fällt sogleich, schwebt davon.
„Raven, ich hab dich. Hab keine Angst.“ Ich öffne die Augen und erkenne Artis, der mich an sich drückt. Um uns herum flimmert die Luft vor Hitze, aber ich verbrenne nicht. Er ist hier – mein Bruder ist hier.
Junus taucht in meinem Blickfeld auf. „Kleines, halte durch“, stößt er aufgebracht aus.
Einen Wimpernschlag später weht kühle Luft über meinen Körper.
„Gib mir meine Tochter“, verlangt eine Stimme.
„Vater?“, hauche ich. Ich werde in seine Arme übergeben.
„Raven, mein Kind. Hab keine Furcht. Wir sind bei dir“, flüstert er mir ins Ohr.
„Beliar“, flüstere ich erschöpft.
„Ich bin hier“, vernehme ich von einer Stimme ganz in der Nähe. Er ist hier – Beliar ist hier. Meine Familie ist gekommen, um mich zu befreien. Jemand drückt meine Hand. Erneut zieht mich die Dunkelheit in ihre Tiefen.
Heißes Wasser schwappt über meinen Körper. Ich schreie vor Angst, weil der brodelnde Kessel vor meinem inneren Auge auftaucht.
Jemand hält mir den Mund zu. „Raven, beruhige dich.“ Junus‘ Stimme lässt mich die Augen aufreißen.
Ich betrachte die Schnitte an meinen Armen und Beinen. Habe Probleme, die Bilder in meinem Kopf zu ordnen. Immer wieder sehe ich die Folterkammer vor mir.
„Schhhh. Hab keine Angst, du bist in Sicherheit“, haucht mir Artis ins Ohr. Ihre Berührungen
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