Wer braucht schon Zauberfarben?
fest.
„Nein, ich hab grad ein bisschen Angst. Ist gleich vorbei“, informiere ich ihn.
„Ich lasse nicht zu, dass sie dir noch einmal Leid zufügen. Dafür werden sie bezahlen, das schwöre ich dir“, raunt er wild.
„
Nicht
“, verlange ich mit schmerzverzerrtem Blick, während ich über seine Wange streiche. „Keinen Zorn“, ergänze ich. „Ich brauche dich jetzt Beliar. Aber nicht so. Ich brauche deine …“ Ich stoppe mitten im Satz, denn ich wollte ‚Liebe‘ sagen. Bis heute weiß ich nicht, ob er das für mich empfindet.
Jemand kommt ins Zimmer und unterbricht uns. Es ist mein Vater, der sichtlich angetan davon ist, mich wach zu sehen. Dass mich sein Erzfeind im Arm hält, scheint ihm weniger zu gefallen, aber ich finde es toll, dass mein Vater Beliars Besuch erlaubt. Dass er ihn überhaupt in die seine Burg gelassen hat, ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung.
Natürlich verbirgt er seine Gefühle gleich wieder. Schnell kommt er auf uns zu, zieht mich aus Beliars Armen und hält mich an seiner Stelle fest.
„Ich bin so froh, dich wohlauf zu sehen Tochter. Und ich weiß, wer dich schon sehnsüchtig erwartet“, informiert er mich.
Mit der Hilfe meines Vaters trete ich die Stufen der Burg hinunter. Ich fühle mich immer noch schwach, schaffe es aber so halbwegs zu laufen. Immer wieder blicke ich hinter mich, um sicher zu sein, dass Beliar uns noch folgt.
In der großen Halle empfangen mich Artis, Junus und Tiberius, die mich allesamt wie ein rohes Ei behandeln.
Als ich versuche, mir bei Tisch ein bisschen Essen runter zu zwingen, quasseln sie ununterbrochen auf mich ein. So wollen sie mich wohl auf andere Gedanken bringen. Ich höre ihnen kaum zu, denn selbst das ist unglaublich kräftezehrend.
Beliar legt nach ein paar Minuten seine Hand auf meine und hält sie die ganze Zeit über fest, was total lieb von ihm ist. Mein Vater sieht alles andere als begeistert aus, sagt aber glücklicherweise nichts dazu.
Die Männer versuchen, das Thema zu meiden, doch mitten im Satz von Junus, der gerade davon schwärmt, wie toll das Zirkeltreffen war, lasse ich die Bombe platzen und stoße: „Ich will zurück in den Tower“ aus.
Sieht so aus, als wäre allen gerade die Kinnlade auf die Tischplatte geklappt.
„
Wie bitte
?“, prustet Junus.
„Habe ich das richtig verstanden?“, hinterfragt Onkel Tiberius meine Worte. „Du willst an den Ort zurück, an dem sie dich sechs Tage lang gefoltert haben?“
Ich atme tief durch, um die Bilder, die das Wort ‚Folter‘ in meinem Kopf auslöst, zu vertreiben. „Viele sind dort noch gefangen. Ich will sie befreien“, verkünde ich.
„Raven“, wendet mein Vater ein. „Als Junus zu uns kam, um dich zu suchen und wir erkannt haben, dass du nicht bei mir angekommen bist, haben wir uns unverzüglich auf die Suche nach dir gemacht. Beliar hat durch seine Späher erfahren, dass die Inquisition eine Hexe mit wechselnden Haarfarben aufgegriffen hat. Wir wollten dich sofort befreien, doch die Erkenntnis, dass sie dich im Tower festhalten, hat dies ungemein erschwert. Das Gebäude wird durch starke Bannzauber geschützt. Uns ist es nicht gelungen, ihn zu brechen. Selbst unter gleichzeitigem Einsatz meiner und Beliars Kräfte, blieben alle Versuche, in den Tower zu gelangen, erfolglos. Und wir sind die Stärksten unserer Art.“ Ich finde es gut, dass sie gemeinsam versucht haben, mich zu befreien – ohne dieses schwarz-weiß Denken, was ihnen ständig im Weg steht. „Die Hexen, die sich noch im Tower befinden, sind verdammt“, ergänzt mein Vater. Das wollen wir ja mal sehen.
„Wie haben sie dich eigentlich erwischt Mädchen? Du bist doch zu schlau für die Schlächter der Inquisition“, meldet sich mein Onkel zu Wort.
„Das Oberhaupt des schwarzen Ordens hat mich im Waldstück vor Vaters Burg überwältigt. Keiner meiner Zauber konnte ihm etwas anhaben. Ich vermute, er trägt ebenfalls ein Schutzamulett. Er hat sofort erkannt, dass ich eine Hexe bin, konnte sogar meine Tätowierung am Handgelenk sehen.“, erkläre ich.
„War
er
es, der dich gefoltert hat?“, will Beliar mit geballter Faust wissen. Seine Knöchel treten sogar weiß hervor, so fest drückt er zu.
„Ja und nein“, antworte ich.
„Was bedeutet das?“, hakt Beliar nach.
„Er wollte mich gehenlassen – im Wald. Wollte mich vor der Folter bewahren“, flüstere ich.
„Wieso sollte er eine eingefangene Hexe gleich wieder gehenlassen?“, hinterfragt mein
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