Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)
Häuser“, verarscht er mich lachend.
„
Nein Hope, das wird jetzt etwas unangenehm.“
„
Noch unangenehmer, als das Gespräch von vorhin oder das Kotzen, kanns nicht werden.“
„
Wenn du das sagst.“ Vor meinen Augen zieht er einen riesigen Dolch aus der Tasche.
Ängstlich fixiere ich die Klinge. „Ich brauche ein bisschen Blut von dir“, erklärt er.
Ich schlucke laut. „Und das willst du dir mit dem Berserkermesser holen? Ist das nicht etwas überdimensioniert?“
„
Es gehörte unserem Vater. Eine Waffe, die schon sehr lange in Familienbesitz ist. Sie wird von Generation zu Generation an die männlichen Hexer weitergegeben. Vater hat sie mir in der Nacht unserer Flucht gegeben. Es ist eine Ehre, damit den Blutzoll an Odin zu zahlen.“
„
Wenn du das sagst. Wo werde ich denn bluten?“
„
Ich ritze nur deinen Unterarm auf. Ganz vorsichtig – versprochen.“ Ich vertraue ihm, also händige ich ihm freiwillig meinen Arm aus, den er in seinen legt.
Blitzschnell ritzt er meine Haut auf. Das hat total wehgetan, aber ich zeige ihm die Schmerzen nicht. „Braves Mädchen“, lobt er mich.
Das Blut lässt er in einen kupferfarbenen Becher fließen. Dabei murmelt er irgendein komisches Zeug und fährt mit dem blutigen Dolch unsichtbare Zeichen in die Luft vor meinen Augen ab.
Komischerweise werde ich ganz schläfrig. Ich kann die Augen kaum noch offenhalten.
„
Lass dich fallen“, vernehme ich an meinem Ohr. Keinen Wimpernschlag später falle ich in Junus‘ Arme. Ein Nebel umfängt meinen Geist und zieht mich in die Dunkelheit.
Drei Mal schwarzer Kater
Als würde ich aus einem seltsamen Traum aufschrecken, kralle ich mich seitlich fest. Zu meiner absoluten Verblüffung liege ich auf der nackten Erde. Meine Hände sind feucht und schmutzig.
„
Hope?“ Junus taucht neben mir auf.
„
Wo bin ich?“, hauche ich erschöpft.
„
Zu Hause.“ Mein Blick schwenkt die Umgebung ab. Es ist stockdunkel – nur ein ziemlich großes Feuer erhellt die Nacht. Sieht nach Einöde aus. „Also genauer gesagt, ist unser Haus von früher ganz in der Nähe.“
„
Wir sind in Irland?“, frage ich verblüfft.
„
Ja.“
„
Wie lange habe ich geschlafen?“ Der Flug muss doch Stunden gedauert haben.
„
Raum und Zeit spielen keine Rolle.“
„
Was ist denn das für ein Spruch?“, fahre ich ihn an und rapple mich hoch. Ich hab wohl meine Schuhe verloren. Meine Zehen graben sich in den kalten Untergrund.
„
Hör zu Hope. Wir sind durch den Steinkreis gegangen. Das bedeutet, wir haben ein paar Epochen übersprungen oder besser gesagt zurückgespult. Hier herrscht tiefstes Mittelalter, während in der Welt, in die du geschickt wurdest, gerade das 21. Jahrhundert ist.“
„
Du spinnst. Wie soll das gehen?“ Mein Bruder lacht laut auf.
„
Es sind Zeitportale, die nur Hexen nutzen können.“ Ja klar.
Etwas verwirrt reibe ich mir die Stirn. „Und was machen wir hier?“
„
Tanzen bis zum Umfallen.“ Ich lächle.
„
Ist das nicht etwas klischeehaft? Hexen, die um ein Feuer tanzen?“
„
Nein.“ Aber für die Frage nach einem Besen hat er mich gescholten. „Das ist ein sehr altes Ritual. Es stärkt die Bindung zwischen Familienmitgliedern oder in einem Zirkel“, ergänzt er.
„
Sind wir ein Zirkel?“, will ich wissen.
„
Nein. Du bist noch in gar keinem Zirkel. Dafür muss man sich bewerben.“ Ich stelle mir gerade vor, wie ich ein Bewerbungsformular an einem Schalter ausfülle. „Ich gehöre einem der größten Zirkel Europas an.“
„
Kann ich in den Zirkel eintreten, indem du bist?“, will ich wissen.
„
Wenn du groß bist“, erklärt er. Ach so. „Ich habe ein Geschenk für dich.“ Mein Bruder kommt auf mich zu und nimmt meine linke Hand in seine. Im nächsten Augenblick steckt er mir einen zarten, kupferfarbenen Rind mit weißem Stein an den Finger und sagt: „Er gehörte unserer Mutter. In der Nacht unserer Flucht hat sie ihn mir gegeben, damit ich ihn für dich aufbewahre. Die Kette gehört auch dazu.“ Er tritt hinter mich und legt mir eine lange Kette mit weißem, in Kupfer eingefassten, Stein um den Hals. Meine Tränen bahnen sich ihren Weg über meine Wangen. Junus scheint es zu spüren und umarmt mich von hinten.
„
Du bist ihr unglaublich ähnlich, Hope.“
„
Ich kann mich kaum an sie erinnern“, gestehe ich.
„
Du warst noch so klein.“ Sanft streicht er mir die Tränen aus dem Gesicht. „Wie praktisch, die brauche ich sowieso gleich“,
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