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Wer den Himmel berührt

Wer den Himmel berührt

Titel: Wer den Himmel berührt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Bickmore
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löste.
    »Weißt du eigentlich«, sagte er und sah sie an, »hier, setz dich, bitte. Weißt du eigentlich, daß ich mein Leben lang allein gewesen bin?«
    »Du bist nicht allein«, sagte sie und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. »Du bist wichtig für diese Stadt. Und außerdem bin ich sicher, daß du ein guter Ehemann gewesen bist. Das mußt du doch selbst wissen.«
    Er lachte schroff. Es war kein fröhliches Lachen. »Ein guter Ehemann? Das soll wohl ein Witz sein. Ich bin so lange kein Ehemann mehr gewesen, daß ich gar nicht mehr weiß, wie es wäre. Weißt du was, Cassie? Nein, woher solltest du es auch wissen. Ich bin nie so allein gewesen wie … ach, schon gut, vergiß es. Weshalb sollte das jetzt noch wichtig sein? Es ist vorbei.«
    Cassie beugte sich vor und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Chris, ich glaube, ich sollte jetzt besser gehen. Du sagst Dinge, von denen es dir hinterher leid tun könnte, daß du sie zu mir gesagt hast. Du bist jetzt einsam und verloren. Das ist ein enormer Einschnitt in deinem Leben. Wahrscheinlich bist du ratlos. Ich bin nicht diejenige, die diese Phase gemeinsam mit dir durchmachen wird.«
    »Und wer zum Teufel ist für mich da, Cassie? Ich habe achtzehn Jahre lang in dieser Stadt gelebt, und ich habe nicht einen einzigen engen Freund hier.« Er stützte sich mit den Ellbogen auf den Tisch und ließ den Kopf auf seine Hände sinken.
    »Du hast jetzt Mitleid mit dir selbst, und das ist vollkommen in Ordnung. Du hast gerade den Menschen verloren, der in deiner Welt der wichtigste war.«
    Chris griff nach der Whiskyflasche, goß den letzten Rest in sein Glas und warf es dann an die Wand; Glasscherben flogen durch die Küche. Cassie stand auf, suchte eine Schaufel und einen Besen und kehrte die Splitter auf.
    »Gute Nacht, Chris. Falls ich irgend etwas für dich tun kann … möchtest du vielleicht, daß ich morgen nach deinen Patienten sehe?«
    Er starrte sie an. Er starrte sie so lange an, daß sie schließlich ging. Der wilde Blick in seinen blutunterlaufenen Augen verfolgte sie auf dem gesamten Heimweg.
    Beim Aufwachen sah sie diesen Blick vor sich, ehe ihr wieder einfiel, daß sie ihn darum bitten würde, für sie einzuspringen, während sie zwei grandiose Wochen mit Blake Thompson in den Tropen verbringen würde. Diese Vorstellung ließ sie vor Spannung leicht zittern, und doch konnte sie den Ausdruck in Chris Adam’s Augen nicht vergessen.

24
    S eit zwei Tagen hatten sie keine anderen Weißen mehr gesehen, nicht mehr, seit sie aus Darwin aufgebrochen waren, wo sie sich nur lange genug aufgehalten hatten, um Lebensmittel zu kaufen. Heute nacht schlugen sie ihr Lager am Mary River auf; morgen würden sie den Teil des Meeres erreichen, der Timorsee genannt wurde.
    Auf Cassie wirkten die Tropen emotional überwältigend. In der weichen Luft entspannte sie sich. Blake sagte: »Wir können nicht im Fluß schwimmen. Dort wimmelt es von Krokodilen.« Aber er ruderte in einem Boot mit ihr hinaus, und sie blieben bis lange nach Einbruch der Dunkelheit auf dem Wasser und beobachteten einen der grandiosesten Sonnenuntergänge, die nur irgend denkbar waren. Lodernde rote Strahlen erhellten den Himmel, und es dauerte mehr als eine halbe Stunde, bis sie zu einem goldenen Schimmer verblichen.
    »Und jetzt«, sagte Blake, »werden wir nach Krokodilen Ausschau halten.«
    »Können die nicht lebensgefährlich für Menschen sein?«
    Er lachte. »Doch, sie sind tödlich. In diesen Flüssen hier oben drängen sie sich regelrecht, aber du hast gesagt, du hättest noch nie ein Krokodil gesehen.«
    »Das muß auch nicht sein«, sagte sie.
    »O doch, es muß sein.«
    Sie paddelten leise durch das träge fließende Gewässer zurück nach Süden, zu ihrem Nachtlager. Blake führte das Boot dicht am Ufer des schmalen Flusses entlang und benutzte seine Taschenlampe, um nach den Urzeitrelikten Ausschau zu halten.
    »Okay«, flüsterte er. »Hör auf zu paddeln. Wir lassen uns einfach treiben.« Cassie fragte sich, wie er in der Dunkelheit etwas sehen konnte. Der Mond war noch nicht aufgegangen, und die Millionen von Sternen spendeten kaum Licht.
    Nie hatte sie eine derartige Zufriedenheit und doch gleichzeitig eine solche Spannung verspürt. Sie wußte noch nicht einmal, was für einen Namen sie ihren Gefühlen geben sollte, und sie beschloß, es sei mehr als Liebe. Was sie für Ray Graham empfunden hatte, ließ sich nicht an der Tiefe ihres Gefühls für Blake messen. Seine Berührungen

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