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Wer den Himmel berührt

Wer den Himmel berührt

Titel: Wer den Himmel berührt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Bickmore
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es geregnet hat?
    Der bewußtlose Mann hinter ihr stöhnte leise, und sie dachte an Blake ohne seinen Arm und daran, was für ein Gefühl es sein mußte, einen Teil seiner selbst für immer verloren zu haben.
     
    »Du hast recht«, sagte Chris, nachdem Fiona, Blake und das Baby nach Tookaringa zurückgekehrt waren. »Blake gibt kaum ein Wort von sich. Und wenn er doch etwas sagt, dann ist er einsilbig. Er hat verdammt viel Selbstmitleid.«
    Cassie strich Himbeermarmelade auf ihren Toast. Es war keiner der Tage, an denen sie Sprechstunden außerhalb abhielt, und daher hatte sie frei, falls kein Notruf über Funk einging. In ihr war eine Idee herangereift, während sie beobachtet hatte, wie Blake die Kommunikation mit allen verweigerte.
    »Ich habe den Verdacht, es liegt nicht nur daran, daß er seinen Arm eingebüßt hat. Es kommt daher, daß er seine frühere Lebensform eingebüßt hat. Es wäre etwas anderes, wenn er Dinge
tun
könnte, ein Pferd reiten, einen Wagen fahren, alles Dinge, die er als Selbstverständlichkeiten hingenommen hat.«
    »Ich weiß, daß du eine Idee hast. Ich merke es dir an«, sagte Chris und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, während er seinen letzten Kaffee trank, ehe er sich auf den Weg ins Krankenhaus machte.
    »Hast du im letzten medizinischen Fachblatt diesen Artikel über all die Neuerungen gelesen, die sie sich für verwundete Soldaten einfallen lassen? Man hat so viele wunderbare Hilfsmittel erfunden. Hast du den Bericht über den elektronischen Arm gesehen?«
    Chris schüttelte den Kopf. »Bei dem bin ich bisher noch nicht angelangt. Mich hat der Artikel über Malaria fasziniert. Hast du gewußt, daß dieses Fieber das herausragendste medizinische Problem des Krieges war?«
    Cassie hörte ihm kaum zu. »Ich werde Norm Castor anrufen und ihn fragen, was er mir dazu erzählen kann oder zu wem er den Kontakt für mich herstellen kann.«
     
    Als sie das nächste Mal nach Tookaringa rausflog, richtete sie es so ein, daß sie über Nacht bleiben konnte, um Gelegenheit zu haben, mit Blake, Fiona und Steven zu Abend zu essen. Sie wartete, bis sie beim Hauptgang angelangt waren, ehe sie sagte: »Blake, ich möchte gern, daß du nach Melbourne fliegst, um einen guten Freund von mir aufzusuchen. Genaugenommen ist er ein Freund meines Vaters. Dr. Norman Castor. Er hat in seinem Ärztestab einen Mitarbeiter, der phantastische Dinge bei Kriegsversehrten bewerkstelligt, die einen Arm oder ein Bein verloren haben.«
    Man hätte eine Stecknadel auf den Boden fallen hören können. Seit seiner Rückkehr hatte kein Mensch Blakes Gebrechen jemals wieder angesprochen. Man tat so, als sei es gar nicht vorhanden. Fiona und Steven schauten beide Blake an und warteten auf einen Wink von seiner Seite.
    »Was würde das nützen? Ich will kein Stück Holz mit einer Kralle am Ende.«
    Cassie redete unverdrossen weiter. »So sieht das heute nicht mehr aus. Es werden Arme und Hände hergestellt, die echt aussehen, mit nachgeformten Fingernägeln, leicht erhabenen Sehnen und sogar blauen Strichen anstelle von Adern. Man würde niemals merken, daß es keine echten Gliedmaßen sind.«
    Wieder Stille. »Aber ich wüßte es.«
    »Tja, ich wünschte, du würdest es ausprobieren. Schließlich kann es nichts schaden. Es würde dich lediglich ein paar Wochen deines Lebens kosten. Und mir scheint, du hast schon weit mehr Zeit vergeudet.«
    »Was soll das heißen?«
    Fiona streckte einen Arm über den Tisch und nahm seine Hand. »Oh, Cassie will damit gar nichts sagen …«
    »O doch, das will ich.«
    Wieder Schweigen. Doch diesmal sahen alle drei sie an.
    »Du ergehst dich derart in Selbstmitleid, daß du nicht siehst oder dich nicht daran störst, was du deiner Frau und deinem Vater antust«, sagte Cassie. »Du brichst ihnen täglich von neuem das Herz. Du
tust
nichts. Du sitzt auf der Veranda und starrst ins Leere. Ich wette, du machst dir noch nicht einmal Gedanken, es sei denn, du denkst an dich selbst und daran, daß du kein Mann mehr bist, weil du im Krieg einen Arm verloren hast. Was ist mit den Menschen, die ihr Leben gelassen haben? So schlecht bist du gar nicht dran. Bloß weil du nicht reiten, das Vieh zusammentreiben oder schießen kannst, hast du das Gefühl, dein ganzes Leben sei vorüber. Was glaubst du wohl, was all die Millionen von Menschen tun, die nicht im australischen Busch leben? Du könntest dein Leben gestalten und einen Platz für dich finden. Du weigerst dich lediglich. Du bringst deine

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