Wer den Himmel berührt
Sam die Hand.
»Blake Thompson.«
Sam nickte, und Cassie nahm an, daß er sich Blake vorstellte, obwohl sie nicht hören konnte, was er sagte, da er ihr den Rücken zugekehrt hatte.
Sie streckte die Hand schon aus, ehe sie die letzten Stufen hinuntergestiegen war. »Dr. Thompson?«
Blake lachte. »Sie haben wahrhaftig gewußt, was Sie tun, als Sie mir Ihre Anweisungen erteilt haben.«
Sie gingen auf den Wagen zu.
»Wie geht es der Patientin?«
»Es scheint alles in Ordnung zu sein. Sie schläft viel. Heute morgen scheint sie keine Schmerzen zu haben.«
Er sah weiß Gott gut aus, sogar noch besser als sein Vater. Was hatte sie anderes erwartet, wenn sie bedachte, wie gut seine Eltern aussahen? Er war grobknochig und weit größer als sie. Er mußte mindestens zwölf Zentimeter größer sein als Sam. Über einsneunzig, vielleicht sogar einsfünfundneunzig. Breitschultrig.
»Wenn wir eng zusammenrücken, passen wir alle drei auf den Vordersitz«, sagte er. Er hielt Cassie die Tür auf. Sie rutschte zur Mitte durch, während Sam ihre Arzttasche auf die Ladefläche stellte.
»Ich bin froh, daß ich telefonisch erreichbar war«, sagte Cassie. »Noch ein paar Minuten, und sie wäre tot gewesen.«
Blake stieg vor dem Haus auf die Bremse, drehte sich zu ihr um und sah sie an. Seine Augen waren kobaltblau.
Sam sagte: »Geh schon vor. Ich bringe dir die Tasche.«
Cassie rannte die Stufen hinauf und ins Wohnzimmer, wo Jennifer neben der Patientin saß, die schon wieder sitzen konnte. Nach der Untersuchung bemerkte Cassie: »Das hätte ich selbst nicht besser machen können. Die Schwellung ist bereits zurückgegangen, und wenn wir sie ins Krankenhaus gebracht haben, werden wir den Schlauch entfernen. Morgen können wir diese Öffnung schließen. Sie werden den Schnitt kaum sehen«, versicherte sie der jungen Frau.
»Haben Sie schon gefrühstückt?« fragte Jennifer.
»Wir können nicht bleiben«, sagte Cassie. »Wir müssen noch einen Besuch machen, und ich will die junge Dame möglichst bald ins Krankenhaus bringen.«
»Sie ist aus Brisbane zu Besuch gekommen«, sagte Jennifer. »Ich sollte besser ihre Sachen und ihre Tasche holen. Dann kann sie von Augusta Springs aus den Zug oder ein Flugzeug nehmen, wenn sie aus dem Krankenhaus entlassen wird. Das hatte sie ohnehin vor.«
»Ich sollte besser auftanken«, sagte Sam zu Blake. Beide standen nebeneinander in der Tür.
»Folgen Sie mir«, sagte Blake. »Können Sie mit dem Flugzeug zur Tanksäule rollen?«
»Wenn nicht, können wir Kanister füllen und es so auftanken.«
Jennifer sagte: »Ich hole jetzt Evas Sachen und fahre Cassie und sie zur Garage raus, damit wir euch nicht aufhalten.«
Sam nickte, und Blake und er machten sich auf den Weg.
Als Eva im Flugzeug auf ihrem Sitz angeschnallt war, setzte Cassie sich auf den Sitz neben sie. Blake sprang ins Flugzeug und umarmte Eva. »Tut mir leid, daß du derartig Pech haben mußtest.«
Sie lächelte matt. »Danke, daß du mir das Leben gerettet hast.«
Er warf noch einen Blick auf Cassie, ehe er die Stufen hinuntersprang. Sam knallte die Tür zu und begab sich ins Cockpit. Als sie über die Startbahn rollten, musterte Cassie Blake und seine Mutter, die dastanden und das Flugzeug im Auge behielten, bis sie nur noch als kleine Punkte zu sehen waren.
Als sie losflogen und die beiden aus ihrer Sichtweite verschwanden, dachte sie: Das also ist Blake Thompson.
Himmelblaue Augen.
15
S ie hatten es so arrangiert, daß sie ihre planmäßige Sprechstunde auf Tookaringa zu Silvester abhielten. Cassie hatte gehört, daß zu den berühmten Silvesterparties Menschen aus Sydney und Melbourne nach Tookaringa kamen.
Sie hatte Fiona gedrängt mitzukommen, da die Thompsons sie ebenfalls eingeladen hatten, doch Fiona sagte ab und bat darum, sie zu entschuldigen. Sie führte keine allzu guten Gründe an, wenn man bedachte, wie gern sie Parties mochte. »Das wird das Galaereignis des Jahres«, hatte Cassie gesagt.
Trotzdem hatte Fiona abgewinkt. »Um so mehr Grund, hierzubleiben und dazu beizutragen, daß bei ›Addie’s‹ Stimmung aufkommt.«
»Du hast Tookaringa nie auch nur gesehen.«
Fiona nickte. »Auf meiner Dringlichkeitsliste steht das nicht gerade hoch oben. Jennifer und Steven kann ich immer dann sehen, wenn sie in die Stadt kommen. Niemand wird mich dort vermissen. Setz mir nicht zu damit, Cassie. Ich möchte nicht hingehen.«
»Aber warum nicht?«
Fiona stand auf und ging in die Küche. »Ich habe
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