Wer den Tod begruesst
musste sich regelrecht zwischen sie und einen übereifrigen Kollegen von der Konkurrenz drängeln.
Nolan hörte kein einziges Wort von Fieldings Statement oder auch nur eine einzige der maschinengewehrartig vorgetragenen Fragen der Journalisten. Er hatte alle Hände voll zu tun, dicht neben Jillian zu bleiben und sie auf den Beinen zu halten.
»Zurück, verdammt noch mal!«, bellte er einen besonders übereifrigen Nachrichtenhund an, der ihm den Ellbogen in die Rippen gerammt hatte.
Wo man hinschaute, waren Menschen. Die Menschenmenge schien sich zu bewegen und anzuschwellen wie eine riesige Welle bei einem Hurrikan. Es gefiel ihm nicht. Es gefiel ihm überhaupt nicht, dass Jillian sich in unmittelbarer Nähe so vieler Menschen befand. Und als bei einem der Übertragungswagen mit einer Satellitenschüssel auf dem Dach die Sicherungen durchbrannten, reagierte die Menge auf das Zischen und Knallen und Funkensprühen mit Schreien und Flucht. Jillians Arm wurde aus seinem Griff gelöst.
Der Mob verschluckte sie … und Nolan explodierte.
»Aus dem Weg, verdammt noch mal!« Er teilte das Meer von Körpern, als wären sie Vorhänge und er bräuchte verzweifelt etwas Tageslicht.
Als er endlich bei ihr war, saß Jillian auf den Knien im Gras.
Er kniete sich neben sie und nahm sie beschützend in die Arme. »Sind Sie in Ordnung?«
»Ja. Ja … ich glaube schon.«
Er wartete nicht, um es herauszufinden. Er zog sie hoch, legte den Arm um sie, bahnte ihnen mit der Schulter den Weg durch die Menschenmenge und hielt erst wieder an, als sie das Knäuel der schreienden Reporter gut drei Meter hinter sich gelassen hatten.
»Verdammt und zugenäht!«, fluchte er und betrachtete sie mit einer Mischung aus Wut und Besorgnis. Seine Stimme und seine Hände zitterten leicht. »Ich hätte niemals zulassen …«
Ihm blieb das Herz stehen, als er das Blut sah. »Du liebe Güte. Sie bluten.«
Voller Panik drehte er sie in das Licht einer Straßenlaterne. Sein Verstand setzte aus. Ein hellroter Fleck von der Größe eines Golfballs breitete sich wie ein großer, roter Tintenfleck unter ihrer Jackett-Tasche aus, die ihre linke Brust bedeckte.
Schnell sah er sie an. Sie blickte blinzelnd auf das Blut, Schock spiegelte sich auf ihrem Gesicht.
»Ich … ich fühle überhaupt nichts.« Sie hob eine Hand zu ihrem blutigen Jackett. Blut rann durch ihre Finger und über ihr Handgelenk, als sie die Stelle drückte.
Leise fluchend fragte sich Nolan, wie sie sich überhaupt auf den Beinen hielt. Dann öffnete er vorsichtig das Jackett, um an die Wunde zu kommen, und blinzelte verwirrt und erleichtert, als er … ihr blasses, perfektes, unversehrtes Fleisch unter einem fleischfarbenen Spitzen-BH sah.
»Was zum Teufel soll das?«
Er zog das Jackett wieder zu, fasste vorsichtig in die Innentasche – und zog einen Plastikbeutel hervor, durchweicht und beinahe leer von Blut. Darin war eine Notiz, die zum Schutz laminiert worden war.
»Drei kleine Negerlein,
die rannten wie der Blitz.
Das Blut ist zwar nicht deins,
aber war das nicht ein Witz?
Bald, Jillian …«
»Okay, sagte Jillian. Sie sah ihn unendlich erschreckt an, ihre zitternden Hände umklammerten seinen Arm. »Das reicht. Holen Sie mich hier raus.«
Grüne Augen sahen ihn flehentlich an. »Bitte. Holen Sie mich hier raus.«
17
»Habe ich Ihnen nicht gesagt, dass ich immer nur Streifen trage?«, brüllte Wellington die erstarrte Volontärin an, die das Pech gehabt hatte, den Garderobendienst für die Abendnachrichten übernehmen zu müssen, und unglücklicherweise eine Paisley-Krawatte ausgewählt hatte.
»Es tut mir Leid, Mr. Wellington. Ich tausche sie sofort aus.«
»Auf der Stelle tun Sie das. Und besorgen Sie eine blaue. Meinen Sie, dass Sie das hinkriegen?«
Die junge Frau war den Tränen nahe, als sie nickte und davoneilte auf der Suche nach der perfekten Krawatte.
Nolan hielt Wellington für eines der größten Arschlöcher auf der Welt, als er mit halbem Ohr der Tirade des Co-Moderators lauschte.
Bei dem Mann mit dem sinkenden Stern drehte sich alles ums Ego, und Wellingtons Ego hatte in den vergangenen vierundzwanzig Stunden einen gewaltigen Stoß erlitten. Ihm lag nicht nur im Magen, dass Jillian die Nachrichten mit mehr Stil präsentierte als er, sondern jetzt war sie die Nachricht nach dem Vorfall während der Polizei-Pressekonferenz am Abend zuvor.
Die Geschichte war von allen wichtigen Fernsehsendern der Umgebung gebracht worden und hatte es auf die
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