Wer den Tod begruesst
hinter ihr wie ein Wasserspeier lauerte.
Okay. Jetzt übertrieb sie wirklich. Sie wusste es, konnte aber nicht die Energie aufbringen, einen Gang herunterzuschalten. Garrett machte sie verrückt, weil er verrückt war. Es war, als hätte er eine gespaltene Persönlichkeit oder etwas in der Art, und bisher hatte sie noch nicht annähernd genug von dem »netten Nolan« gesehen, der sich Samstagnacht kurz gezeigt hatte, sondern viel zu viel von dem »garstigen Garrett«, der seit Sonntag nichts weiter als gutturale Grunzer und eisernes Schweigen, unterbrochen von unerträglich schneidenden Bemerkungen, von sich gegeben hatte.
Sie war verwirrt und verstand diese Kehrtwendung nicht.
Und sie war unerklärlicherweise verletzt.
Zufrieden, Rachael?
Es ging ja nicht darum, dass er einmal der Mr. Supersympathisch werden würde. Oder ob es ihr wichtig wäre, was er von ihr dachte, aber sie hatte geglaubt, dass sie wenigstens eine gemeinsame Basis gefunden hätten. Jetzt verhielt er sich, als könnte er ihren Anblick nicht ertragen.
Wenn sie ganz ehrlich war, störte sie das am meisten. Und dass ihr noch etwas anderes fehlte, wenn er sie jetzt anblickte. Etwas, was sie äußerst ungern zugab: Hitze.
Bis gestern, wenn sie ihn dabei ertappt hatte, wie er sie beobachtete, hatte sie gespürt, wie die Luft vor Spannung knisterte. Es hatte sie … nervös gemacht. Hatte sie irgendwie erwärmt. Okay. Es hatte sie erhitzt. Und sie hatte sich gefragt, egal wie oft sie es sich auch untersagt hatte, wie es wohl wäre, wenn all diese sexuelle Hitze freigelassen würde.
In ihrem tiefsten Inneren wusste sie bereits, dass Sex mit Nolan Garrett nichts mit dem netten, höflichen Sex ihrer begrenzten Erfahrung zu tun haben würde. Sex mit Nolan Garrett wäre eher von der schmutzigen, heißen, schweißtreibenden Sorte. Sex mit ihm würde unglaublich intensiv sein.
Und viel zu kompliziert. So kompliziert, dass sie beschloss, lieber wütend auf ihn zu sein, das war einfacher.
Als sich die Türen endlich öffneten, betrat sie den Fahrstuhl und drückte den Knopf für den sechsten Stock.
»Sie brechen sich noch einen Nagel ab.«
Sie blickte starr geradeaus. »Ihre Besorgnis ist ja rührend.«
»Bei mir ist der Kunde König.«
»Warum tragen Sie dann kein Jackett, worum ich Sie gebeten habe? Oder finden eine andere Möglichkeit, die Pistole zu verbergen. Sie erschrecken noch das Team.«
»Erstens haben Sie nicht gebeten. Sie haben es angeordnet. Ich nehme Anordnungen nur von Ihrem Vater entgegen. Zweitens, wenn ich wollte, dass man die Pistole nicht sieht, würde man das nicht tun. Und was das Team angeht – ich hoffe stark, dass die Mitarbeiter so verschreckt reagieren, dass sie auf Distanz bleiben.«
Die Türen öffneten sich, und sie betraten das Labyrinth von Korridoren, Büros und Sets, die ein Fernsehstudio ausmachten.
Im Bewusstsein der fragenden Blicke, die ihnen folgten, als sie über den Flur gingen, erwiderte Jillian die vielen Guten-Morgen-Grüße, während Garrett neben ihr jeden anfunkelte, der sich ihr auch nur auf einen Meter Entfernung näherte. Als sie ihr Büro erreichten, warf sie ihre Handtasche in die unterste Schreibtischschublade und ließ sich auf ihren Schreibtischstuhl fallen. Am liebsten hätte sie geschrien, gebrüllt, irgendetwas, was auch immer gemacht, um ihn zu einer Reaktion zu provozieren. Eine Reaktion jenseits von Sarkasmus oder Indifferenz.
Sie lehnte sich zurück und musterte ihn mit gerunzelter Stirn. »Dies ist natürlich eine rhetorische Frage, aber können Sie vielleicht auch etwas weniger widerlich sein?«
Wenn ihm bewusst war, welches Bild er abgab, als er so dastand, seine breite Schulter an den Türpfosten gelehnt, die Arme verschränkt, so zeigte er es nicht. Er bestand nur aus trainierten Muskeln, schlechtem Benehmen und durchdringend blauen Augen. Im Tageslicht waren sie noch eine Schattierung dunkler. Das hatte sie gestern bemerkt. Und versuchte, es jetzt nicht so überdeutlich zu bemerken.
»Vielleicht«, nickte er langsam. »Wenn ich mir Mühe gebe. Ja. Wahrscheinlich könnte ich das hinkriegen.«
Übersetzt: Versuchen Sie es, und sehen Sie zu, wohin es Sie führt.
Sie erhob sich und ging zu ihrem Bücherschrank. Als sie das Videoband gefunden hatte, das sie für die Abendnachrichten brauchte, ging sie zur Tür und blieb gerade lange genug stehen, um ihn über die Schulter anzublicken und ihm die Regeln klar zu machen.
»Gehen Sie mir aus dem Weg. Bleiben Sie mir aus dem Weg.
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