Wer den Tod begruesst
Jillians Stimme vor Sarkasmus.
»Nein, bist du nicht. Aber da du es nun mal getan hast, rate ich dir Folgendes: Mach einen Versuch.«
»Einen Versuch, womit?«
»Mit dem Bodyguard.«
»Eher friert die Hölle zu.«
Rachael gluckste nur. »Okay. Du kannst ihn nicht leiden. Verstanden.«
»Toll. Jetzt willst du mir sagen, wo es langgeht.«
»Hast du deswegen nicht angerufen? Um dir Mitgefühl und Ratschläge zu holen?«
»Ich lege jetzt auf.«
Rachael lachte schon wieder, als Jillian auflegte.
Nelsons Blut. Es war überall und färbte den Sand schwarz in der Nacht.
Eine Granate zischte über ihn hinweg. Nachdem das Ziel getroffen war, duckte Nolan sich unter dem Granatsplitterregen.
Der Schrei eines getroffenen Singvogels war über dem Dröhnen der Hubschrauber, dem ohrenbetäubenden Stackato der Maschinengewehre, dem Antwortfeuer eines AK -4J ZU hören.
Ein Mann schrie. Ein anderer fiel. Und dann war sie da, rannte durch das Gemetzel.
»Jillian! Lauf zurück! Zurück!«, brüllte er ihr wieder und wieder zu, aber sie hörte es nicht. Sie rannte auf die von Bomben durchlöcherte Straße. Schritt für Schritt von Kugelhagel begleitet.
»Um Gottes willen, bück dich!«
Und dann rannte sie in die Dunkelheit und die Schatten und Flammen. Er musste sie retten. Er musste Nelson retten … musste Will retten. Aber er konnte nicht zu ihnen gelangen. Kam nicht vorwärts. Es war, als würde er sich durch knietiefen Sand schleppen. Mit jedem Schritt sank er noch tiefer ein.
Jillian rief seinen Namen, orientierungslos, verwirrt, streckte ihre Hände nach ihm aus, als eine Explosion schwarze Rauchwolken erzeugte, ihre Züge entstellte, sie vor Entsetzen kreidebleich wurde.
Er sah rot.
Gott. Noch mehr Blut.
Jillians Blut.
Zu spät … zu spät erreichte er sie, kniete neben ihr im Sand; Blutlachen umspülten ihn.
»Hilf mir. Rette mich. Du hast versprochen, mich zu retten.«
Er zog ihren schlaffen Körper an sich; ihr Blut lief warm und pulsierend durch seine Finger. »Ich habe es versucht. Verdammt. Ich habe es versucht.«
Mörserfeuer erleuchtete den Himmel. Ein Schatten fiel über sie. Er sah auf und in Wills Augen, dann in Nelsons, die ihn anklagend anblickten, hohl vor Schmerzen. »Nicht genug. Nicht genug. Für keinen von uns.«
Nolan erwachte schlagartig.
Mit einem heiseren Schrei taumelte er aus dem Bett.
Schweißgebadet, sein Herz hämmernd wie ein Mörser, starrte er in die Nacht und schnappte nach Luft.
»Herrgott.«
Über ihm drehte sich der Ventilator, kühlte seine Haut, warf Schatten an die Wände.
Er fuhr sich mit zitternder Hand übers Gesicht.
»Herrgott.«
13
Jillian hasste Montage. Besonders wenn der Montag einem Wochenende folgte, das tote Vögel, Mittagessen mit den Eltern und einen neuen Mitbewohner beinhaltete, der über mehr Stirnrunzeln verfügte als Tiffany’s über Diamanten. Oh ja. Und noch eine weitere Nachricht auf ihrem Anrufbeantworter von Steven Fowler. Es half auch nicht gerade, dass Rachaels klugscheißerische Schlussfolgerung ein wenig zu richtig klang – oder dass Rachael Jillians Reaktion auf den Mann besser einordnen konnte als sie selbst.
Ja, dachte sie, als sie auf den Parkplatz beim Studio fuhr, die schlechte Laune, die sie heute hatte, war die Mutter aller schlechten Launen. Die Großmutter. Und über nichts war sie glücklicher, als dass sie ihre schlechte Laune an Garrett auslassen konnte.
Er hatte wieder geschrien letzte Nacht. Sie redete sich ein, dass es ihr gleichgültig wäre, welche Dämonen ihn quälten. Und dass sie gar nichts Genaueres über ihn wissen wollte, um Mitleid zu empfinden oder, Gott bewahre, seinen Schmerz nachzuempfinden. Sie wollte nur Abstand zu ihm haben. Was, wenn sie den heutigen Morgen Revue passieren ließ, sicher nicht sehr bald passieren würde.
Sie schmollte nicht wenig, als sie durch die Eingangstür des KGLO-Gebäudes ging, mit ihrem Bodyguard im Nacken.
»Müssen Sie unbedingt wie ein Fussel an mir kleben?«, fragte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
»Wie ein Fussel? Ich dachte eher an eine Balletthose. Bis das hier vorbei ist, betrachten Sie mich als Lycra.«
Ihr fielen mehrere Bezeichnungen ein, wenn sie an Garrett dachte, Letzteres gehörte eher nicht dazu. Flegel. Mistkerl. Langweiler. Und ihr persönlicher Favorit: Irrer.
Sie marschierte über den Flur, drückte den Fahrstuhlknopf und gab sich die allergrößte Mühe, ihn zu ignorieren. Als ob das auch nur im Ansatz möglich gewesen wäre, wo er doch
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