Wer den Tod begruesst
Intensität. Sie hatte noch nie jemanden wie ihn kennen gelernt. Eben noch zitterte sie vor Erwartung bei dem Gedanken, wie es wohl wäre, mit ihm zu schlafen … und gleich darauf fragte sie sich, ob sie die körperliche Begegnung mit dem Mann überleben würde.
Er würde nicht sanft sein. Und er würde nicht zurückhaltend sein.
Ein Schauder überlief ihre erhitzte Haut.
Ja, dachte sie, und stempelte sich damit selbst zum Feigling, vielleicht hatte er Recht. Vielleicht sollten sie gehen.
Aber sollten gehörte im Moment nicht zu ihren Lieblingsvokabeln, und wenn, dann hätte sie sie in Verbindung mit etwas anderem als gehen gebraucht. Zum Beispiel in Verbindung mit der Tatsache, dass das Leben kurz ist. Wer weiß, ob sie nicht morgen schon tot wäre. Vielleicht sollte sie wenigstens einmal gefährlich leben und genau herausfinden, was Mr. Garrett sie über Sex und Erotik lehren konnte.
Als er sich jedoch erhob, und, jetzt wieder mit steinernem Gesicht, seine Brieftasche aus der hinteren Hosentasche zog, wusste sie, dass der Moment vorbei war.
Vernunft regierte wieder.
Wie typisch.
Enttäuscht umfasste sie ihr großes Margaritaglas mit beiden Händen und genehmigte sich einen letzten, ausgiebigen Schluck. Aber sich widerwillig erhebend, um zur Tür zu gehen, sah sie von Nolan nur noch den Hinterkopf, als Mama ihn auf die Tanzfläche zog. Und bevor sie sich’s versah, hatte Esteban ihre Hände ergriffen, sie an seine Lippen gezogen und sie lachend auf die Tanzfläche gezogen.
Sie lachte auch – sowohl aus Überraschung als auch aus Unsicherheit –, als er die Arme um sie legte.
»Ich fürchte, ich bin keine gute Tänzerin.«
»Oh nein, nein. Jeder tanzt bei Mama. Einfach die Musik fühlen. Ja. Ja. So ist es richtig. Sehr gut.«
Und zu ihrer Überraschung fühlte sie es. Und es fühlte sich gut an. Indem sie Estebans gekonnter Führung folgte, bewegte sie sich zur Musik, fühlte den Rhythmus und den Beat.
Und noch mehr Hitze. Himmel, war es heiß. Schweißtropfen bildeten sich zwischen ihren Brüsten. Und weitere befeuchteten ihr feines Haar im Nacken. Die Tanzfläche war voll von warmen Körpern und scharfen Gerüchen. Sinnliche Gitarrenklänge vibrierten in der Luft. Jeder genoss es. Bewegte sich zur Musik. Wiegte sich im Rhythmus. Sogar Nolan, als sie einen Blick auf ihn und Mama erhaschen konnte, lächelte. Und, oh, dieser Mann hatte vielleicht raffinierte Bewegungen.
Es war schwierig, sich auf ihn zu konzentrieren und mit Esteban Schritt zu halten, aber gleichzeitig war es unmöglich, es nicht zu tun. Nolan war ein dunkles, anmutiges Tier, die schlanken Hüften wiegten sich, der sinnliche Mund lächelte, als er sich der Musik hingab.
War der Wechsel bei Esteban schon erstaunlich gewesen, als er mit Mama getanzt hatte, so war die Veränderung, die mit Nolan vor sich ging, unbeschreiblich. Alle harten Kanten schienen geschmolzen zu sein, sich verflüssigt zu haben. Zu etwas, was Jillian gern gestreichelt hätte. Sogar sein Gesicht, gewöhnlich hart wie Stein, hatte sich zu weicher, besänftigender Schönheit verwandelt, die ihr den Atem verschlug und ihren Herzschlag derartig aus dem Takt brachte, dass ihr ganz schwummerig wurde.
Die Menge verschluckte die beiden, und sie konnte sie nicht mehr sehen. Wahrscheinlich war das gut so. Mehr konnte ihr Herz wirklich nicht verkraften. Dennoch konnte sie nicht anders und hielt Ausschau nach ihm. Tatsächlich suchte sie so eifrig nach ihm, dass sie gar nicht mitbekam, dass er und Mama neben sie und Esteban getanzt kamen. Mit einer einzigen fließenden Bewegung wirbelte Esteban sie in Nolans Arme, zog Mama in seine und überließ die beiden sich selber.
Einen Moment lang konnte Jillian einfach nur stehen bleiben und sich an Nolans harten Unterarmen festhalten. Sie starrte in das Gesicht eines Mannes, der sie erschreckt, herumkommandiert, beschützt und entwaffnet hatte wie kein Mann je zuvor. Alles Entsetzen war jedoch vergessen, als er sich von dem momentanen Schock zu erholen schien und begann, sich mit dieser langsamen, trägen Anmut, die sie so fasziniert hatte, zu der Musik zu bewegen.
Als Erstes bemerkte sie noch mehr Hitze. Sein Körper strahlte sie wellenförmig aus. Zusammen mit ihr nahm sie seinen Geruch wahr, als sie vorsichtig ihre Hände über seine Arme auf seine Schultern gleiten ließ und sich mit ihm bewegte. Der salbeiartige, erotische, berauschend männliche Duft, den sie mit ihm verband, umgab sie. Sie atmete ihn ein. Tief und
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