Wer den Tod ruft: Thriller (German Edition)
…«
»Ich bin vom FBI .« Sie streckte ihm die Hand entgegen. »Special Agent Elaina McCord.«
Er zog die Augenbrauen so hoch, dass sie beinahe unter seiner Polizeimütze verschwanden.
»Sie haben doch heute Morgen in Brownsville angerufen und uns um Unterstützung gebeten.«
Verdutzt starrte er auf ihre ausgestreckte Hand.
Elaina zog die Hand zurück, während er sie noch einmal gründlich musterte. Sie blickte wieder auf den Leichensack. Daneben stand ein weißhaariger Mann in Straßenkleidung. Der Rechtsmediziner?
»Warum warten Sie nicht da drüben?« Breck zeigte auf das Gebäude. »Jemand wird sich bald um Sie kümmern.«
Elaina biss die Zähne zusammen und machte ein paar Schritte in die gewünschte Richtung. Sicher wäre es unklug, es sich gleich bei ihrem ersten Mordfall mit dem Polizeichef zu verderben. Sie verschränkte die Arme, während Breck ihr den Rücken zuwandte und mit seinen Officern sprach.
Rauch wehte zu ihr rüber. Neben dem Colaautomaten stand noch immer der Mann mit der Zigarette. Er lehnte lässig am Türrahmen. Sein durchdringender Blick jagte ihr eine Gänsehaut ein.
Sie sah weg.
Der Bärtige warf Innereien ins Wasser, um die sich die Seemöwen kabbelten. Ein riesiger brauner Pelikan kam angeflogen, schnappte ihnen die Beute weg und verschlang sie auf dem Kai.
Elaina sah sich um und machte sich im Kopf Notizen. Die Teenager waren verschwunden, der Krabbenfänger war noch da. Er starrte gebannt auf den Leichensack. Sie merkte sich sein Gesicht und hielt nach weiteren Schaulustigen Ausschau. Manche Täter liebten es nämlich, sich dort herumzutreiben, wo sie die Folgen ihrer Verbrechen beobachten konnten. Elaina zählte im Augenblick neun Zuschauer, inklusive eines braungebrannten Mannes, Mitte zwanzig, mit blonden Dreadlocks. Er trug kein Hemd und hatte den Arm um die Schultern einer jungen Frau gelegt. Auf beide schien das, was ihnen geboten wurde, eine makabre Faszination auszuüben.
Elaina sah auf die Uhr und stieß insgeheim einen Fluch aus. Breck und seine Männer standen immer noch mit zusammengesteckten Köpfen auf dem Pier. Die Minuten vergingen, eine nach der anderen, die Sonne schien weiter gnadenlos, und Elainas Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt.
Ein großer brauner Vogel war auf dem Pier gelandet und wackelte auf seinen spindeldürren Beinen zu dem Leichensack, um ihn zu untersuchen. Mit seinem sichelförmigen Schnabel stach er auf das Plastik ein.
Elaina rannte an den Männern vorbei und wedelte mit den Armen. »Scht! Scht!«, schrie sie und verjagte den Vogel.
»Wo verdammt bleiben die Beamten, die die Leiche abtransportieren?«
Breck sah sie schräg an. »Wer?«
»Die Leiche verschmort hier drin und mit ihr vielleicht wichtige Beweise.«
Breck stemmte die Hände in die Hüften. »Wir warten auf unseren Krankenwagen. Der ist am Strand von einem Unfall aufgehalten worden.«
Elaina atmete tief durch. Sie spürte, dass gut ein Dutzend Augenpaare sie durchbohrten. Sie richtete die Schultern auf und versuchte sich zu beruhigen.
»Wann wird er hier sein?«, fragte sie.
»Wenn er hier sein wird. Stimmt’s, Maynard?« Abrupt wandte sich Chief Breck einem seiner Beamten zu.
»Yes, Sir.«
»Bring Miss McCord ins Revier, damit sie etwas abkühlt.«
Sie ließen sie mehr als vier Stunden warten.
An Elaina war Brecks Rüffel abgeprallt. Stattdessen hatte sie Handy und Aktentasche aus ihrem Wagen geholt, ihre Papiere im Konferenzraum ausgebreitet und sie gewissenhaft durchgearbeitet, als wäre sie heute Morgen mit dem sehnlichen Wunsch aufgewacht, den Freitagnachmittag im Polizeirevier eines Provinznestes zu verbringen. Um halb sechs war sie dennoch mit ihrer Geduld am Ende. Sie war müde und hatte Hunger. Die stickige Luft quälte sie. Es gab nämlich keine Klimaanlage, sondern nur einen tragbaren Ventilator, der dieselbe warme Luft immer wieder aufs Neue zirkulieren ließ. Sie wollte sich gerade auf die Suche nach einem Snackautomaten machen, als Officer Maynard in der Tür stand.
»Miss McCord? Der Chef möchte Sie sprechen.«
Endlich ließ sich Ihre Majestät zu einer Audienz herab. Elaina sammelte ihre Sachen zusammen und verstaute sie in ihrer Aktentasche.
»Folgen Sie mir, Ma’am.«
Maynard war kleiner als sie, vielleicht ein Meter fünfundsiebzig. Aber er war athletisch gebaut und hatte eine stramme Körperhaltung, was sie an die Marines erinnerte, denen sie während ihrer halbjährigen Ausbildung im Trainingslager des FBI in der Marinebasis
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