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Wer einmal lügt

Wer einmal lügt

Titel: Wer einmal lügt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Nacht gesehen hatte. »Stell dir das vor, Cassie. Stell dir vor, wie ich da oben ankomme und Stewart mit der durchschnittenen Kehle finde.«
    Jetzt begriff sie es. Alles. »Du hast gedacht … Du dachtest, ich hätte ihn umgebracht.«
    Er sparte sich das Nicken und senkte den Kopf.
    »Was hast du gemacht, Ray?«
    Tränen liefen sein Gesicht hinunter. »Ich bin in Panik geraten …«
    »Was hast du gemacht?«
    Das Blut. All das Blut.
    »… oder vielleicht war es auch genau das Gegenteil. Vielleicht habe ich plötzlich übertrieben rational reagiert. Ich hatte dich wegrennen sehen. Daraus habe ich einen logischen Schluss gezogen: Du hattest genug von seinen Misshandlungen. Er war ein anständiger Staatsbürger. Von den Behörden konntest du keine Hilfe erwarten. Also hast du getan, was du tun musstest. Du hast dich mit ihm an einem abgelegenen Ort verabredet und ihn da umgebracht – und dann bist du aus irgendeinem Grund geflohen. Vielleicht bist du durchgedreht? Vielleicht hatte dich jemand gesehen? Ich hatte keine Ahnung. Aber du hattest am Tatort Hinweise hinterlassen. Und es standen noch mehr Autos auf dem Parkplatz. Womöglich würde sich also jemand an dich erinnern. Die Leiche lag direkt am Weg, es war also nur eine Frage der Zeit, bis sie gefunden wurde, daraufhin würde die Polizei Ermittlungen einleiten, die sie auch ins La Crème geführt hätten, und im Endeffekt wären sie dann auf dich gekommen.«
    Sie hatte verstanden. Er sah es an ihrem Gesichtsausdruck.
    »Also habe ich das Einzige getan, mit dem ich dir helfen konnte. Ich hab die Leiche verschwinden lassen. Ohne Leiche gab es keinen Fall.«
    Sie fing an, den Kopf zu schütteln.
    »Verstehst du nicht? Wenn es keine Leiche gab, würden die Leute denken, Stewart sei durchgebrannt. Man würde dich vielleicht verdächtigen, aber ohne Leiche wärest du in Sicherheit.«
    »Was hast du getan, Ray?«
    »Ich habe ihn weiter in den Wald geschleppt. Dann bin ich nach Hause gefahren und habe eine Schaufel geholt, um ihn zu vergraben. Aber es war Februar. Der Boden war hartgefroren. Ich hab’s versucht, bin aber mit der Schaufel gar nicht in die Erde gekommen. Das hat Stunden gedauert. Es fing schon an zu dämmern. Ich musste die Leiche loswerden. Also bin ich nochmal nach Hause gefahren und hab meine Kettensäge geholt …«
    Ihre Hand fuhr zum Mund hinauf.
    Das Blut, dachte Ray wieder und schloss die Augen. So viel Blut.
    Er wollte aufhören, aber als die Kettensäge einmal lief, blieb ihm keine Wahl mehr. Er musste den Job zu Ende bringen. Den Rest erzählte er Cassie nicht – wie es sich anfühlte, Menschenfleisch und -knochen zu zersägen und die Einzelteile, selbst wenn sie von einem so widerwärtigen Menschen wie Stewart Green stammten, in Plastik-Abfalltüten zu stecken. Er hatte nur durchgehalten, weil er immer wieder daran dachte, dass er das für die Frau tat, die er liebte. Er hatte die Säcke mit Steinen beschwert und war damit zu einer Stelle in der Nähe von Cape May gefahren. Dort hatte er sie ins Wasser geworfen. Dann war er nach Hause gefahren und hatte erwartet, Cassie dort anzutreffen. Aber sie war nicht da. Er rief sie an. Sie meldete sich nicht. Er verbrachte die Nacht am ganzen Körper zitternd in seinem eigenen Bett und versuchte, die Bilder aus seinem Kopf zu bekommen. Das gelang ihm nicht. Am nächsten und übernächsten Tag suchte er Cassie. Sie war immer noch nicht wieder da. Aus den Tagen wurden Wochen, aus Wochen Monate, aus Monaten Jahre. Aber Cassie blieb verschwunden.
    Und Ray war nur das Blut geblieben.
    Erin Anderson landete einen Volltreffer.
    Den größten Teil des Abends hatte sie damit verbracht, zusammen mit den FBI -Leuten die Leichen zu identifizieren. Für endgültige Aussagen war es zu früh, sie hatte jedoch genug Informationen über Kleidung, Uhren und Schmuck gesammelt, um eine Vorstellung davon zu haben, welches Teil zu welchem Vermissten gehören könnte. Alles Weitere würden die Ergebnisse der DNA -Tests zeigen. Bis die vorlagen, würde es allerdings noch eine Weile dauern.
    Als Erin ein paar Minuten Zeit hatte, setzte sie sich an den Computer im Revier. Broome hatte sie gebeten, die Suche auszuweiten und nach weiteren Gewalttaten zu suchen, die irgendwie in Verbindung mit Mardi Gras stehen könnten. Nach ein paar Minuten stieß sie auf einen Fall, der in ihr Muster passen könnte, obwohl es eigentlich kein direkter Treffer war.
    Zumindest auf den ersten Blick nicht.
    Erin hatte nach ermordeten und vermissten

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