Wer einmal lügt
was er ihr alles angetan hat. Und dann, weil ein Ekelpaket einfach nicht reicht, ist Stacy einem zweiten Psycho namens Ross Gunther ins Auge gefallen. Mein ursprünglicher Plan war daher, beide umzubringen.«
»Wieso hat das nicht geklappt?«
Lorraine lächelte und sah zur Seite. »Morden kann ein bisschen so sein wie … na ja, also … wie Sex für die meisten Männer, die ich kenne. Nachdem man es getan hat, verliert man für eine Weile das Bedürfnis nach mehr. Also habe ich Gunther getötet, und statt Mannion auch noch umzubringen, fand ich es interessanter, ihm den Mord anzuhängen. Es hätte Stacy sonst nicht viel genützt, wenn ich nur Gunther umgebracht hätte. Ich musste beide loswerden. Eine etwas seltsame Logik, das gebe ich zu, aber es hat funktioniert.«
»Das war also das erste Jahr.«
»Ja.«
Dann kam Broome zum Kern der Sache. »Und im zweiten war Stewart Green an der Reihe.«
»Yep. Und jetzt kommt’s. Ich hab keine Ahnung, was mit seiner Leiche passiert ist. Na ja, ich hatte ihn natürlich umgebracht. Außerdem hab ich Cassie hingeschickt, damit sie weiß, dass sie frei ist. Ich hatte nicht erwartet, dass sie so ausflippt. Wahrscheinlich hätte ich es wissen müssen. Das war mein Fehler, und ich habe meine Lektion gelernt. Tja, und als Stewarts Leiche dann nie gefunden wurde … also ich hab auch nicht gewusst, was da passiert ist. Das hat mich ziemlich fertig gemacht. Ich bin davon ausgegangen, dass Cassie die Leiche irgendwo versteckt hatte. Aber die war dann auch verschwunden. Ich habe mich noch gelegentlich gefragt, ob Ray Levine sie umgebracht und beide Leichen versteckt hatte, besonders als ich ihn an dem Tag bei den Ruinen gesehen habe, kurz bevor Carlton Flynn aufgetaucht ist.«
»Moment. Du hast ihn gesehen?«
Lorraine nickte. »Fast hätte ich die ganze Sache abgeblasen, aber dann hab ich mir gedacht, dass ich nächstes Jahr an Mardi Gras sowieso nicht mehr lebe, also war’s auch egal.«
»Dann hast du Ray mit dem Baseballschläger angegriffen und ihm die Kamera geklaut. Du wolltest die Fotos, die er gemacht hatte.«
»Schuldig«, sagte Lorraine. »Du wirst mich doch nicht wegen des Raubüberfalls anklagen, oder?«
»Den können wir wohl unter den Tisch fallen lassen.«
»Neben all den Leichen würde er sowieso nicht viel hermachen, oder? Na ja, wo waren wir? Bei Cassie, oder?«
Broome nickte.
»Ich wollte ihr nicht das Leben versauen oder so was, aber ich musste unbedingt herauskriegen, was passiert war. Die Sache hat mich nicht losgelassen. Ich hab versucht, Cassie zu finden, aber es war ihr wirklich gelungen zu verschwinden. Zwischendurch habe ich dich dabei beobachtet, wie du dich bei der Suche nach Stewart Green im Kreis gedreht hast. Du hattest keinen Schimmer, was da passiert war. Und ohne Leiche hattest du eigentlich auch keinen Fall. Tja, und daraus hab ich dann ja auch gelernt. Aus dem Chaos, das dadurch entstanden ist. Also hab ich beschlossen, meine Verfahrensweise zu ändern.«
»Du hast beschlossen, die Leichen zu verstecken«, sagte Broome.
»Yep.«
»Du hast den Anschein erweckt, als ob die Männer verschwunden oder durchgebrannt wären.«
»Genau. Wenn ich die Leichen da oben liegen ließ, würden die Cops sich da irgendwann auf die Füße treten. Ich hätte mir jedes Jahr einen neuen Ort suchen müssen. Das wäre mir auf die Dauer wahrscheinlich zu anstrengend geworden. Aber bei Vermissten, tja, in vielen Fällen gibt es gar keinen Anhaltspunkt, um irgendwelche Ermittlungen aufzunehmen.«
»Aber eins versteh ich immer noch nicht.«
»Immer raus mit der Frage, Süßer.«
Eigentlich hätte Broome das keinen Spaß machen dürfen. »Du hast Megan – Cassie – erzählt, dass du die ganze Zeit gewusst hast, wo sie war.«
»Ach, das war eine Lüge«, sagte Lorraine. »Bis vor kurzem habe ich keine Ahnung gehabt.«
Das überraschte ihn. »Das versteh ich nicht. Wie hast du sie denn dann gefunden?«
»Ehrlich gesagt war Cassie – lass uns nicht von Megan sprechen, unter dem Namen kenne ich sie nicht –, Cassie war die Beste. Ich habe sie geliebt. Ehrlich. Und sie hat dieses Leben geliebt. Das ist etwas, über das nie gesprochen wird, Broome. Es geht immer nur um die Drogen, die Prostitution und die Misshandlungen, aber das ist nicht alles. Du kennst die Clubs, Broome. Für manche Mädchen ist es das Beste, was sie in ihrem Leben haben. Es ist aufregend und macht Spaß. Da ist jede Nacht Party, und was soll in diesem elendig langweiligen Leben falsch
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