Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer hat Angst vor Beowulf?

Wer hat Angst vor Beowulf?

Titel: Wer hat Angst vor Beowulf? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
Vom Netzwerk:
erschöpft. Schließlich tankte sie den Lieferwagen voll und fragte sich, wie man einem Wikingerhelden erklärte, was Benzin war. Etwa wie: Dieser Wagen hat keine Zugpferde, er bewegt sich, indem er tote Blätter verbrennt? Sie schüttelte den Gedanken ab und machte sich auf die lange Fahrt nach Caithness.
     
    »Red keinen Blödsinn«, sagte der Hornträger, »das ist der Heuhaufen!«
    »Du redest Blödsinn, Bothvar Bjarki«, entgegnete Arvarodd, »das ist Vinndalfs Krone! Man findet Vinndalfs Krone, indem man vom Polarstern aus nach links geht, bis man zur Distel kommt, dann an der Großen Ziege vorbei genau nach unten.«
    »Wenn das alles ist, was du über Sterne weißt, ist es auch kein Wunder, daß du in diesem gottverlassenen Permia gelandet bist. Wo wolltest du denn eigentlich hin – nach Oslo?«
    Arvarodd raffte seinen Umhang hoch und marschierte mit großem Nachdruck auf die andere Seite des Feuers. Dort saßen der Riese und ein anderer Krieger und spielten Schach auf einem tragbaren Spielbrett aus Walroß-Elfenbein.
    »Ist das Schachmatt?« fragte der Riese.
    »Ich fürchte, ja«, sagte sein Gegenspieler.
    »Ich verliere doch immer.«
    »Du kannst es nicht ändern, wenn du so dumm bist, Starkad«, entgegnete sein Gegenspieler freundlich. »Ein Krieger braucht nicht schlau zu sein. Wäre er schlau, dann wäre er kein Krieger. Und du bist ein sehr guter Krieger. Findest du nicht auch, Arvarodd?«
    »Ja«, bestätigte Arvarodd.
    Der Riese strahlte vor Freude, und sein Lächeln schien das ganze Lager zu erhellen. »Danke, Brynjolf«, sagte er, »und du bist ein großer Verwandlungskünstler.«
    »Danke, Starkad«, entgegnete Brynjolf, wobei er über die Tatsache hinwegsah, daß sie die gleiche Konversation kurz zuvor schon einmal geführt hatten. »Und wie wär’s mit einem weiteren Spiel?«
    »Willst du nicht spielen, Arvarodd?« fragte Starkad und blickte zu dem Helden von Permia hinüber. Starkad liebte Schach, auch wenn er ständig verlor – obwohl bis heute völlig schleierhaft geblieben war, wie er das schaffte, zumal alle schummelten, um sicherzugehen, daß er gewann.
    »Nein, jetzt nicht«, lehnte Arvarodd dankend ab. »Ich werde gleich schlafen gehen.«
    »Kann ich dann Schwarz spielen?«
    »Aber Weiß macht immer den ersten Zug, Starkad«, klärte Brynjolf ihn nachsichtig auf. »Willst du nicht den ersten Zug machen?«
    »Nein, danke. Mir ist nämlich aufgefallen, daß ich anscheinend immer verliere, wenn ich anfange.«
    Wenn Brynjolf fassungslos die Augen schloß, dann war das immer nur für einen kurzen Moment. Nach ein paar Zügen bewegte er seinen König quer über das Brett geradewegs in ein Nest schwarzer Figuren hinein.
    »Verrat mir doch mal bitte, Brynjolf«, begann Starkad mit sanftmütiger Stimme und marschierte mit seinem Turm genau an dem Feld vorbei, das Brynjolf ihm eigens angeboten hatte, »warum nennen Bothvar und die anderen mich alle ›Honig-Starkad‹?«
    Brynjolf starrte auf das Brett und kratzte sich am Kopf. Schon wieder war es für ihn unmöglich, einen Zug zu machen, ohne seinen Gegner Schachmatt zu setzen. »Weil du süß und dick bist, Starkad«, antwortete er.
    »Ach so!« seufzte der Krieger erleichtert, als sei ihm ein großes Geheimnis verraten worden. »Jetzt verstehe ich. Du bist dran.«
    »Matt«, sagte Brynjolf.

 
     
4. Kapitel
     
    In der Arbeitsplatzbeschreibung stand aber nichts von dieser Tätigkeit, dachte der junge Mann, als er eimerweise Endlospapier einsammelte, das die Drucker in der letzten Nacht ausgeworfen hatten. Der große Aufschwung, ja. Neue Technologien, sicher. Altpapier, nein. Von der ungewohnten Anstrengung erschöpft, verharrte er in der Hocke und blickte wahllos auf eins der ineinander verschlungenen Blätter, auf dem stand:
     

     
    Und wahrscheinlich hieß es das auch. Auf den ersten Blick hätte es sich um BASIC, FORTRAN oder irgendeine andere dieser Computersprachen handeln können, wenn sie ihm nicht allesamt bekannt gewesen wären, und diese Zeichen gehörten zu keiner dieser Sprachen. Falls man von ihm erwartete, noch heute morgen eine sinnvolle Aufschlüsselung und Auflistung der Daten zu erstellen, müßte er seine Vorgesetzten enttäuschen.
    »Was machen Sie da?«
    Der junge Mann sprang auf, und etliche Meter Endlospapier flatterten zu Boden, wobei sich ihm die Blätter zärtlich wie eine Katze an die Beine schmiegten.
    »Das sind die Ausdrucke der letzten Nacht, Mister …« Es war wie verflixt, aber er konnte sich einfach nie

Weitere Kostenlose Bücher