Wer hat Angst vor Beowulf?
aus, um seinem Gast zu zeigen, das es nicht vergiftet war.
Der junge Mann suchte verzweifelt nach den passenden Worten, was schließlich auf die Äußerung ›Ein schönes Schwert haben Sie da aber‹ hinauslief. Dann erinnerte er sich daran, was Mister Olafsens Sekretärin über japanische Geschäftsgepflogenheiten gesagt hatte.
»›Schön‹ ist ziemlich untertrieben«, entgegnete der Zaubererkönig und fügte irgend etwas über die Schlag- und Stoßkraft im heutigen Geschäftsleben hinzu. Der junge Mann lächelte verlegen. »Und jetzt verraten Sie mir etwas, Mister Fortescue«, fuhr der Zaubererkönig fort. »Arbeiten Sie gern in unserer Firma?«
»Ehm …«
Der Chef schien das überhört zu haben. »Es handelt sich natürlich um eine alteingesessene Firma, die schon etliche Jahre besteht. Sehr viele Jahre sogar.« Er beugte sich ganz plötzlich vor und fragte: »Haben Sie eine ungefähre Ahnung davon, wie lange diese Firma bereits besteht?«
Der junge Mann verneinte, und der Zaubererkönig sagte es ihm. Aber nicht nur das, denn er erzählte ihm auch von der Festung Geirrodsgarth, der Schlacht von Melvich und den dazwischenliegenden tausend Jahren. Er erzählte ihm von der Drachenspange, dem König von Caithness und dem Zauberer Kotkel. Und er erzählte ihm von der modernen Magie und deren Beziehung zur neuen Technologie und daß die dreizehnte Generation der Höhepunkt von allem bisher Dagewesenen sein werde.
»Ich hab damals recht früh begriffen«, fuhr der Zaubererkönig fort, »daß die Magie so, wie ich sie über all die Jahrhunderte verstanden hatte, nur geringe Zukunftsaussichten haben würde. Dabei ging es nicht um den Mangel an Glaubwürdigkeit – was, nebenbei bemerkt, noch nie ein großer Nachteil war –, sondern grundsätzlich um die Frage, wie man der Lösung des Hauptproblems aller industriellen Verfahrenstechniken auf den Grund gehen könne.« Der Zaubererkönig schenkte sich noch ein Glas ein und zündete sich eine Zigarre an. »Sehen Sie es mal von der Seite: In jeder anderen Branche ist der Sprung vom kleinen zum großen Rahmen, von der Werkstatt zur Fabrik, von der Handarbeit zur Massenproduktion oder vom Webstuhl zur Feinspinnmaschine die Trennlinie zwischen der alten und der modernen Welt. Können Sie mir folgen?«
»Nein, jedenfalls nicht richtig.«
»Ich hatte das Gefühl, Magie falle unter dieselbe Kategorie. Zu meiner Zeit hatte man eine kleine, aber hochqualifizierte Belegschaft – ein paar Zauberer und deren Lehrlinge –, die hochwertige Produkte in geringen Stückzahlen auf den Markt brachte, so daß diese einem relativ kleinen Kundenkreis mit hohem Einkommen vorbehalten bleiben mußten. Folge war, daß der Mann von der Straße, der Mann auf den Lastkarren Uppsalas, praktisch von einer Teilnahme auf diesem Gebiet ausgeschlossen wurde. Magie erreichte also nie die Masse der Bevölkerung. Legt man mein langfristiges Endziel zugrunde, nämlich die totale Weltherrschaft, dann durfte ich mich nicht damit abfinden. Was nützte es einem, wenn sich eine Menge Könige und Helden gegenseitig in den Tod befördern konnten, solange sich das gemeine Volk keinen Pfifferling darum scherte? Erst recht, seit schon ein wenig wohldosierte rohe Gewalt oder mangelnde Kenntnis reichen – wie meine eigene Erfahrung beweisen wird –, dem ganzen Unternehmen ein Ende zu bereiten. Sie sind sich dieses Problems bewußt?«
»Danke für den Drink. Ich sollte mich jetzt wirklich wieder an die Arbeit machen und …«
»Es mußte also zu einem entscheidenden Durchbruch kommen«, fuhr der Zaubererkönig fort. »Einen Augenblick der Weltgeschichte, in dem die Magie endlich das Leistungsvermögen hatte, ihre Hände ein für allemal um den Hals der menschlichen Rasse zu legen. Natürlich gab es auf dem Weg dahin etliche Zwischenstationen zu bewältigen. Die industrielle Revolution, Elektrizität, Autos und selbstverständlich auch das Fernsehen waren allesamt Meilensteine; übrigens alles meine Arbeit, auch wenn man Ihnen auf den Patentämtern dieser Erde etwas anderes sagen wird. Aber was soll’s? Wer sich im Hintergrund hält, behält eine saubere Weste – alte Sagenweisheit.
Dann bin ich mit einer alten Idee von mir rausgerückt, die ich schon während meiner Anfangszeit auf der Innenhaut einer Ziegenfellkapuze entworfen hatte – dem Computer. Ursprünglich war er nur als Alternative zu den Kerben in einem Stock gedacht, die einem sagen, wieviel Käse man braucht, um durch den Winter zu kommen, und
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