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Wer hat Angst vor Beowulf?

Wer hat Angst vor Beowulf?

Titel: Wer hat Angst vor Beowulf? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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konnte einem Esel die Hinterbeine abschwatzen, und er verleiht jedem, der ihn besitzt, unwiderstehliche Überredungskraft. Und das hier«, sagte er und stieß mit dem Zeigefinger gegen den dritten Stein, »wurde aus dem Rauhputz der Wände in Walhalla gezupft. Ich hab nie herausgefunden, was der Stein bewirkt, aber ich glaube, er bringt Glück oder so was in der Richtung.«
    Er rollte die drei Steine und den Knochen wieder in das Tuch ein und überreichte es Hildy mit einer feierlichen Geste. Sie versuchte, Worte des Danks für ihn zu finden, aber ihr fiel einfach nichts ein.
    »Sie sollten sich jetzt lieber auf den Weg machen«, riet er Hildy. »Und seien Sie vorsichtig!«
    Sie hatte sich bereits zum Gehen gewandt und antwortete über die Schulter hinweg: »Ich bin immer vorsichtig, aber so gefährlich ist diese ganze Geschichte schließlich auch wieder nicht.«
    »Haben Sie eigentlich wirklich meine Sage gelesen?«
    Hildy nickte.
    »Und? Hat sie Ihnen gefallen?«
    »Ja.«
    »Hab sie nämlich selbst geschrieben«, sagte Arvarodd in einem etwas merkwürdig abfälligen Ton und ging davon.
     
    Danny Bennetts Definition eines Optimisten war die eines Menschen, dem nichts geblieben ist außer Hoffnung, und er hatte das Gefühl, daß diese Beschreibung genau auf ihn zutraf. Seit er gleich nach dem Abgang von der Universität bei der BBC angefangen hatte, schien es mit seiner Karriere bergab zu gehen, wenn auch mit einer vagen Aufwärtsrichtung. Es stimmte, daß er sich seinen Ruf mit weniger ernsthaften Dokumentarfilmen erworben hatte, die eher von jener Machart waren, die sich die Leute lieber anschauen, als von jener, die gut für sie ist. Zudem hatte er das untrügliche Gefühl, daß seine Arbeit nicht im öffentlichen Interesse lag, obwohl sie die Öffentlichkeit interessierte. Während überall um ihn herum seine Kollegen Skandale im Gesundheitswesen enthüllten und mit der Begeisterung von Kindern, die Weihnachtsgeschenke auspacken, Vertuschungen aufdeckten, latschte er im historischen England herum und drehte Serien über architektonische Bauwerke oder erstellte liebevoll satirische Filmporträts über charmante Exzentriker. Wie er meinte, war es besser, die Schmach zu ertragen, ›Ein Mensch und sein Hund‹ produziert zu haben, als in dieser Vorhölle des unerwünschten Erfolgs gefangen zu sein.
    Während er im Schneideraum saß und die Bilder von Cotswolds vor sich aufflimmern sah, befand sich in seiner Aktentasche die Zusammenfassung seines Lebenswerks – eine sensationelle Untersuchung, die, mit den entsprechenden Mitteln zu Ende geführt, eindeutig beweisen würde, daß die Milchvermarktungsbehörde in die Ermordung Präsident Kennedys verwickelt gewesen war. Er hatte mit ansehen müssen, wie die Drehbuchseiten vom gleichgültigen Lesen Eselsohren bekommen hatten, und immer war das Manuskript zurückgeschickt worden, bewundert zwar, aber nicht angenommen, zusammen mit einer Anweisung, loszufahren und noch einen weiteren blödsinnigen Dorfplatz samt Fachwerkhäusern zu filmen. Überall um ihn herum brach die moderne Welt aus den Fugen, verkommen, zynisch und unendlich korrupt, er aber saß anscheinend im Wald von Arden in der Falle.
    Er kämpfte sich mühsam durch das Material vor ihm, und zum fünfzehntenmal in dieser Stunde wünschte er seinem Kameramann einen schrecklichen Tod. Dieser schien offensichtlich zu glauben, daß Leute, denen Bäume aus den Köpfen wuchsen, besser aussahen.
    Wütend hob er den Telefonhörer ab und sagte: »Angie? Ist Bill noch im Haus?«
    »Ja, Mister Bennett.«
    »Suchen Sie ihn und beschlagnahmen Sie persönlich diesen Polarisationsfilter. Den hat er bei den letzten sechs Aufnahmen fünfmal benutzt, und damit sieht immer alles aus wie die Urlaubsfotos meiner Tochter. Und sagen Sie ihm, daß er ein absolut untauglicher Vollidiot ist.«
    »Da war ein Anruf für Sie, Mister Bennett«, antwortete Angie, ohne auf seine Bemerkungen einzugehen. »Ich glaube, Sie sollen einen Außendreh übernehmen.«
    Danny Bennett konnte sich denken, worum es dabei ging. Am Morgen hatte er einen Zeitungsbericht über irgendeinen phantastischen archäologischen Fund oben im Norden von Schottland gelesen, und den ganzen Tag über hatte er gespürt, wie diese Bedrohung wie ein Mehlsack über ihm hing, der auf einer Tür saß, durch die er hindurchgehen mußte. Fünf Tage in irgendeinem Moor, über das der Wind fegt, plus der Freuden einer Hotelbar, an der jeden Abend die Tontechniker abhängen. Er

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