Wer hat Angst vor Beowulf?
können wir nämlich noch etwas schlafen, bis man uns losbindet.«
»Aber vielleicht kommt ja niemand, um uns loszubinden«, fauchte Danny zurück.
»Hören Sie«, zischte der Kameraassistent, »ich weiß zwar nicht, welcher Gewerkschaft Sie angehören, aber meine wird für mich von der BBC eine Menge Geld dafür herausleiern, daß man mich gefesselt hat. Und je länger ich gefesselt worden bin, desto mehr werde ich kriegen. Also hören Sie auf, Lärm zu machen, klar?«
Danny bekam allmählich Kopfschmerzen und schloß die Augen. Dann lehnte er sich mit dem Rücken gegen den Kameraassistenten (der bereits schnarchte) und versuchte aus dem Geschehen, das ihm soeben zugestoßen war, schlau zu werden.
Mit ihren Helmen, Schilden und Schwertern hatten die Männer auf den ersten Blick wie Wikinger ausgesehen, aber diese grauen Anzüge hatten zu der Verkleidung in merkwürdigem Kontrast gestanden. Wie nicht anders zu erwarten war, zerstörten sie zwar das gesamte Filmmaterial, aber das war auch schon alles. Nicht der leiseste Bedrohungsversuch, lediglich ein minimaler Aufwand an körperlicher Gewalt. Und dann dieses Mädchen – bestimmt Hildy Frederiksen. Für wen arbeitete sie? Und wer und was steckten dahinter? Und woher, in Gottes Namen, hatten sie bloß diesen unglaublichen Vogel?
Sämtliche Hinweise deuteten auf den CIA. Was immer diese Leute in irgendeinem Teil der Welt taten, sie trugen stets graue Anzüge. Der CIA kaufte sie tonnenweise bei J.C. Penney oder Man ein. Das würde wieder mit dem Kennedy-Komplott zusammenpassen – also wollte man ihn nach all den Jahren doch noch zum Schweigen bringen –, aber warum diese Männer sich als Wikinger verkleidet hatten, lag jenseits seines Vorstellungsvermögens, es sei denn, es hatte etwas mit diesem unglückseligen Schiff zu tun. Vielleicht hatten sie aber in Wahrheit Schutzkleidung (der Atomkraftwerk-Aspekt) getragen, die extra angefertigt worden waren, damit sie wie Wikinger mit Helmen aussahen. Aber wozu? Um sich anschließend auf einem Kostümball zu vergnügen? Je länger er darüber nachdachte, desto unerklärlicher wurde ihm die ganze Geschichte; und je verwirrter er wurde, desto mehr gelangte er zu der Überzeugung, daß hier irgend etwas von außergewöhnlicher Bedeutung vor sich ging. Alle großen Verschwörungen der Weltgeschichte waren nach bizarren Mustern verlaufen, zumeist aufgrund der Unfähigkeit der Anführer solcher Komplotte. Während die Stunden nur langsam verstrichen, ging er jede noch so vertrackte Möglichkeit durch und kam zu den unlogischsten Schlußfolgerungen, von denen sich ausnahmsweise keine in irgendein gedankliches Schema einfügen ließ. Schließlich schlief er ein und begann zu träumen. Er schien Stimmen zu hören, die aus zwei kleinen Lichtflecken kamen, die über ihm schwebten.
»Das macht dann fünfundsiebzig für mich«, sagte eine Stimme, »plus das Kontra auf deine Ansage, also verdoppelt. Du würfelst.«
Danny richtete sich auf. Das war kein Traum!
»Sechs und eine Vier. Damit ist dein Drache weg, und ich krieg fünfundvierzig Punkte. Vier, fünf, sechs. Au, verdammte Scheiße! Geh in das Gefängnis.«
Die anderen schliefen alle. Danny saß völlig regungslos da. Die Nackenhaare sträubten sich ihm, und es fiel ihm schwer zu atmen.
»Tausche meinen Oslo Fjord und siebzig Punkte gegen dein Hlidarend«, sagte die erste Stimme. »Auf diese Weise hast du alle zusammen.«
»Keine Chance«, wehrte die zweite Stimme ab. »Drei nach oben, die Schlange runter, vier, fünf, sechs, und das heißt, du bist im Matt.«
»Das bin ich nicht.«
»Das bist du doch.«
Die Stimmen verstummten für eine Weile, und Danny schluckte kräftig. Vielleicht lag es nur daran, daß er sich vorhin bei der unsanften Zwangsbremsung des Lieferwagens den Kopf gestoßen hatte.
»Ich finde, das ist eine gute Idee«, sagte die erste Stimme.
»Geradezu genial«, antwortete die zweite Stimme abfällig. »Du glaubst doch nicht im Ernst, daß wir damit durchkommen, oder?«
»Warum nicht?«
»Weil er merken wird, daß wir nicht hier sind, deshalb. Und er wird sich darüber bestimmt nicht freuen.«
Die erste Stimme kicherte. »Er und alle die anderen sind mittlerweile meilenweit weg. Die sind nach Inverness unterwegs. Von dort aus wird er uns nicht mehr erreichen können.«
»Wo ist Inverness?«
»Ich hab nicht die leiseste Ahnung. Aber für mich hört sich das ganz schön weit weg an.«
Die zweite Stimme seufzte laut vernehmbar. »Du und deine
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