Wer hat Angst vor Beowulf?
London abschicken. Aber …«
»Wir dürfen uns jetzt keinen Fehler leisten. Kotkel!«
Der Zauberer holte aus einem kleinen Beutel in seiner Tasche zwei winzige Knochen hervor und warf sie in die Luft. Als sie zu Boden fielen, beugte er sich nach unten und sah sie sich aufmerksam an. Dann zeigte er nach Süden und gab ein Geräusch wie eine Kreissäge von sich.
»Sie sind in diese Richtung«, übersetzte der König.
Hildy hatte sich nie fürs Autofahren begeistern können, und bei Geschwindigkeiten von mehr als fünfzig Kilometern pro Stunde entsprach ihr fahrerisches Können ungefähr ihrer Begeisterung. Aber irgendwie blieb der Lieferwagen die ganze Zeit auf oder knapp neben der Fahrbahn, als sie auf der schmalen Landstraße nach Lairg die Verfolgungsjagd aufnahm, bis sie das Fernsehteam schließlich in einem unbewohnten Tal neben einem Fluß einholte.
»Und was tun wir jetzt?« fragte Hildy, während der Lieferwagen bedrohlich nahe an einem Weidenrost entlangstreifte.
»Erst rammen und dann entern«, schlug Angantyr vor.
»Das mach ich bestimmt nicht!« widersprach Hildy empört.
»Halten Sie bitte hier!« ordnete der König an. »Brynjolf!«
»O nein, nicht schon wieder!« flehte der Verwandler. »Beim letztenmal hab ich mir den Knöchel verstaucht.«
Kaum hatte Danny Bennett mitbekommen, daß der zweite Wagen aus einem unerfindlichen Grund plötzlich angehalten hatte, bemerkte er einen riesigen Adler, der anscheinend die Windschutzscheibe zu zerschlagen versuchte. Der Fahrer trat fluchend in die Bremse, aber der Vogel griff schon wieder an, und diesesmal bekam das Glas einen Riß. Der Cheftontechniker, der im Verlauf seiner Karriere schon unzählige Male an den Dreharbeiten zu Naturfilmen teilgenommen hatte, war außer sich vor Angst und versuchte sich unter seinem Sitz zu verstecken. Der Adler griff ein drittes Mal an, und die Windschutzscheibe zersplitterte. Der Fahrer riß sich beide Hände schützend vor die Augen, so daß der Wagen von der Straße abkam und schließlich in einen Graben rollte.
Nachdem sich Danny vom ersten Schock erholt hatte, versuchte er, die Tür zu öffnen. Aber ein Mann in einem grauen Anzug und mit einem Helm auf dem Kopf öffnete sie für ihn und bedrohte ihn mit der blanken Schneide einer riesigen Axt. Falls das die Milchvermarktungsbehörde war, dann überschritt sie jetzt offensichtlich die ihr vorgeschriebenen Kompetenzen.
»Wer sind Sie?« fragte Danny.
»Bothvar Bjarki«, entgegnete der Mann mit der Axt. »Ergibst du dich, oder willst du, daß wir miteinander kämpfen?«
»Ich ergebe mich lieber, falls es Ihnen nichts ausmacht.«
»Mir ist das egal«, knurrte Bothvar Bjarki.
Das Fernsehteam wurde umzingelt, während Starkad anscheinend ohne große Mühe die beiden Lieferwagen in eine Baumgruppe schob und sie dort mit Zweigen bedeckte. Der König hatte am Berghang eine kleine Mulde entdeckt, die man von der Straße aus nicht einsehen konnte, und man brachte die Gefangenen dorthin und fesselte sie. Auf Hildys Anweisung hin hatten Starkad und Hjort mittlerweile die Filmdosen samt Inhalt in tausend Stücke zerkleinert. Als Hildy sich davon überzeugt hatte, daß sämtliches Filmmaterial zerstört worden war, stiegen die Helden wieder in ihren eigenen Lieferwagen und fuhren davon.
Als das Motorengeräusch allmählich in der Ferne verschwand, brach in der Mulde als erster der Kameraassistent das Schweigen.
»Das erinnert mich an meine Zeit in Afghanistan.«
Danny Bennett fragte ihn, was damals in Afghanistan passiert sei.
»Wir wurden gefesselt«, antwortete der Kameraassistent.
»Und was passierte dann?«
»Dann ist jemand gekommen und hat uns losgebunden. Allerdings haben wir damals einen Bericht für die Spätnachrichten gedreht.«
Danny hatte nie für die Spätnachrichten gearbeitet, und die Öffentlichkeit mußte dringend darüber unterrichtet werden, daß man auf schottischen Berghängen an Erfrierung stirbt. Er zog an dem Strick, mit dem man ihm die Hände gefesselt hatte, aber er gab einfach nicht nach. Ein posthum verliehener BAFTA-Award war nach seinem Dafürhalten wahrscheinlich immer noch besser als gar kein BAFTA-Award, aber Auszeichnungen sind nicht alles im Leben.
»Wenn ich meine Handgelenke anwinkle«, sagte er zu dem Kameraassistenten, »könnten Sie meinen Strick durchkauen, und ich kann Sie dann losbinden.«
»Ich hab ’ne bessere Idee«, entgegnete der Kameraassistent. »Sie sollten jetzt lieber aufhören, hier herumzukrakeelen, dann
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