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Wer hat Angst vor Beowulf?

Wer hat Angst vor Beowulf?

Titel: Wer hat Angst vor Beowulf? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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ihn weg und gaben ihm eine Aspirintablette, während sein Stellvertreter erneut versuchte, eine Verbindung mit Downing Street herzustellen.
    Bislang hatte noch niemand das unterirdische Kabel überprüft, das vom Atomkraftwerk nach Süden verlief, und herausgefunden, wo der eigentliche Fehler lag. Genaugenommen lag er mit geschlossen Augen auf dem Rücken und sang leise vor sich hin:
    »Heil sei dir, Hrothgar!
    Ich bin Hygelacs
    Verwandter und Gefolgsmann.
    Ich habe viele Waffentaten
    In glücklicher Jugend verbracht.«
    Die Verfassung seines Gefährten war kaum besser. Er hatte nie von sich behauptet, Elektrizität zu vertragen, und hätte sich fast übergeben müssen. Es war gut, daß er dies nicht tat, weil sonst das gesamte nationale Stromnetz zusammengebrochen wäre. Er rülpste und schloß die Augen.
    »Prexz«, sagte der Fehler, »mir ist gerade was eingefallen.«
    Prexz stöhnte und rollte sich auf den Bauch. Er schwor, nie wieder in seinem Leben auch nur ein einziges Volt anzurühren.
    »Was hältst du davon«, fuhr Zxerp fort, »wenn wir …«
    »Ich will nichts mehr«, jammerte Prexz. »Ich hab genug. Ich bin voll. Total voll. Sobald’s mir etwas besser geht, werd ich mich den Anonymen Elektronikern anschließen.«
    »Jetzt reiß dich mal zusammen!« schimpfte Zxerp.
    »Ich glaub, die haben da irgendwas in den Reaktor reingetan«, quengelte Prexz weiter. »Mir hilft nur noch Schlaf. Also halt’s Maul, und laß mich in Ruhe.«
    »Alter Weichling!« knurrte Zxerp. »Du bist überhaupt nicht witzig, Prexz. Ich mag dich nicht mehr.«
    Prexz schnarchte bereits und sandte ganze Wolken nicht identifizierbarer Funksignale aus, die sämtliche Ätherwellen Europas blockierten.
    »Mir gefällt’s hier nicht«, nörgelte Zxerp. »Ich will nach Hause.«
    Keine Antwort. Zxerp schüttelte den Kopf, wodurch ihm übel wurde. Er ließ sich mit dem Bauch auf das Kabel fallen, aber da war nichts mehr drin, dabei hatte er schrecklichen Durst. Und er hatte sogar Schuldgefühle.
    »Armer alter Zauberer«, murmelte er vor sich hin. »Bist immer gut zu uns gewesen. Kein verkehrtes Wort in zwölfhundert Jahren. Prexz? Sollten wir nicht lieber los und den Zauberer suchen? Wir hätten uns nicht auf diese Weise vor ihm verdrücken dürfen. Das gehört sich nicht.«
    Zxerp begann zu weinen, und negativ geladene Ionen rannen ihm über die Nase, wodurch sie elektrolysierten. Im Hörposten des militärischen Abschirmdiensts in Cheltenham empfing ein Dechiffrierexperte Zxerps Tränen auf dem Kurzwellenband und teilte seinem Chef umgehend mit, die Russen hätten einen neuen Geheimcode entwickelt.
     
    Thorgeir hörte im Radio von der Abschaltung des Kernkraftwerks, als er gerade mit einem Mietwagen am Loch Loyal vorbeifuhr. Zu Tode erschrocken riß er das Steuer herum und wäre fast im See gelandet.
    Dann rollte er an den Straßenrand und warf einen Blick auf das Meßtischblatt, aber darauf war auch nicht mehr zu erkennen, als er schon wußte. Und seine ganz persönliche Landkarte aus weichem Ziegenleder, auf der die Markierungen mit Blut eingezeichnet waren, schien nicht mehr auf dem aktuellsten Stand zu sein. Aber durch einen Anruf per Funktelefon in London erfuhr er alles, was er wissen mußte, und er bat darum, in Tongue einen Hubschrauber für ihn bereitzustellen. Außerdem wollte er wissen, ob es in der Glasgower Niederlassung eine ähnliche Kreditverwaltung wie in London gab.
    »Ja? Dann schicken Sie zwei von den Kreditexperten hierher. Und sagen Sie denen, es gäbe für sie ’ne Menge Schulden einzutreiben.«
    Er drückte die Antenne mit solcher Wucht nach unten, daß sie fast abgebrochen wäre, und fuhr in Richtung Küste. Als er gerade neben einer kleinen Baumgruppe in eine Kurve bog, lag mitten auf der Straße zersplittertes Glas, und er konnte im letzten Moment ausweichen. Dabei würgte er den Motor ab, und während er ihn dazu überreden wollte, wieder zu starten, fiel sein Blick auf die zersplitterte Windschutzscheibe eines Lieferwagens, der zwischen den Bäumen stand. Anscheinend hatte es jemand für notwendig gehalten, den Wagen mit Zweigen zu bedecken. Aus irgendeinem Grund schien dieser Umstand eine tiefere Bedeutung zu haben, und Thorgeir sah sich die Sache genauer an.
    Er entdeckte sogar zwei Lieferwagen mit zerbrochenen Windschutzscheiben und einer Menge zerstörten Filmmaterials. Während er dastand und sich am Kopf kratzte, trug der Wind etwas zu ihm herüber, das sich wie ein Streit anhörte, der hinter dem Berg

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