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Wer hat Angst vor Beowulf?

Wer hat Angst vor Beowulf?

Titel: Wer hat Angst vor Beowulf? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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du ekelst dich davor«, wandte der König ein. »Du hast immer ein Heidentheater gemacht, wenn wir sie mit zu uns nach Hause auf die Burg genommen haben.«
    »Ich hab nicht gesagt, daß ich die Dinger mag«, entgegnete Angantyr. »Außerdem glaub ich nicht, daß es die Methalle immer noch gibt.«
    Merkwürdigerweise gab es sie aber tatsächlich noch, oder wenigstens stand auf demselben Grundstück ein Gebäude, das ungefähr dem gleichen Zweck diente. Hildy empfand äußerstes Unbehagen, mit der ganzen Mannschaft dort einzukehren, aber der König lehnte ihren Einspruch ab. Er gab ihr zu verstehen, daß Angantyr, falls er nicht umgehend etwas anderes als Kaninchen zu essen bekäme, zu quengeln anfangen würde, wie sie es in ihrem Leben noch nie zuvor erlebt hätte.
    »Also gut, aber seien Sie bitte vorsichtig«, willigte Hildy schließlich ein.
    »Und in welcher Hinsicht?« fragte der König.
    Hildy fiel im Augenblick nichts ein, worauf die Helden achten oder nicht achten sollten. Sie versuchte sich in eine annähernd ähnliche Situation hineinzuversetzen, aber ihr fiel dazu lediglich ein, wie die alliierten Flieger einst im besetzten Frankreich die feindlichen Linien der Deutschen umflogen hatten, und für Kriegsfilme konnte sie sich noch nie begeistern.
    »Verhalten Sie sich einfach unauffällig, und reden Sie nur mit gedämpfter Stimme«, ermahnte sie die Wikinger. Während sie das sagte, löste sich etwas, das sie die ganze Zeit im Hinterkopf gequält hatte, von selbst zu einer Frage auf.
    »Wie kommt es eigentlich, daß ich alles, was Sie sagen, verstehen kann?« fragte sie den König, nachdem sie zwölf Gläser Bier und zwölf Portionen Krabben bestellt hatte und nun mit dem vollbeladenen Tablett zurückkam. »Ihre Sprache entspricht praktisch dem modernen Englisch. Aber eigentlich müßten Sie doch Altnorwegisch oder etwas in dieser Richtung sprechen, oder?«
    Der König wischte sich den Bierschaum aus dem Bart und entgegnete: »Ich hab die ganze Zeit gedacht, Sie sprechen Altnorwegisch. Und was ist Englisch?«
    An dieser Stelle gab der Zauberer ein Geräusch wie eine Schiefersäge von sich. Der König hob eine Augenbraue und übersetzte dann für Hildy.
    »Er sagt, er hat uns alle mit einer Art Sprachzauber belegt, weil uns dadurch seiner Meinung nach viel Ärger erspart bleibt. Bei ihm selbst wirkt der Zauber leider nicht. Er hat es mit einem Spiegel versucht, das hat aber nicht funktioniert. Trotzdem versteht er durch Zauberei sämtliche lebenden und toten Sprachen. Von Kotkels Worten verstehen selbst wir das meiste nicht, weil er diesen Sprachfehler hat und schrecklich nuschelt.«
    Hildy fragte sich nicht zum erstenmal, ob sich der König auf ihre Kosten lustig machte oder ob ihre neuen Freunde einfach nur völlig andere Menschen waren als all jene, die sie bislang kennengelernt hatte. Dennoch schien die Erklärung des Königs besser als gar keine zu sein, und Hildy ließ es dabei bewenden. Die dreizehn Portionen gegrillter Lachs mit Pommes, die sie zusätzlich bestellt – und bereits bezahlt – hatte (das Geld würde bei diesem Tempo nicht mehr lange reichen), wurden gebracht und waren trotz mangelnder Erfahrung im Umgang mit einer Gabel schnell vertilgt. Obwohl die Helden nicht wußten, wie man damit hantierte, wollte keiner von ihnen seine Gabel freiwillig zurückgeben, und Hildy mußte ein Machtwort sprechen. Am Schluß war sie heilfroh, ihre Begleiter aus dem Lokal hinausbugsiert zu haben, bevor sie eine Szene machen konnten.
    »Und was waren das deiner Meinung nach für Leute?« fragte die Kellnerin, während sie die Teller abräumte.
    »Wahrscheinlich Engländer«, entgegnete der Barmann.
    »Ah ja, das erklärt natürlich alles.«
    Mittlerweile war der Inhaber des Elektrogeschäfts vom Mittagessen zurückgekehrt, und Hildy, der Zauberer und der König betraten den Laden, während die Helden draußen warten mußten. Nach einigem Hin und Her bekamen sie endlich das Gewünschte, und Hildy führte die Wikinger zum geparkten Lieferwagen zurück. Auf dem Weg dorthin kam ihr die Idee, ein paar Postkarten an ihre Familie in den Staaten zu schicken, sie entschied sich aber schließlich dagegen. »Mir geht es wunderbar, und ich rette die Welt gerade vor einem zwölfhundert Jahre alten Zauberer« – das klänge nicht nur verwirrend, sondern entspräche derzeit auch nicht der Wahrheit. Statt dessen suchte sie einen Laden für Campingbedarf auf und kaufte sich einen neuen Anorak. Ihre dreiviertellange Jacke

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