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Wer hat Angst vor Beowulf?

Wer hat Angst vor Beowulf?

Titel: Wer hat Angst vor Beowulf? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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die verschiedenen Artikel aus, die er in Wick erworben hatte, und der König legte die Drachenspange daneben. Kotkel machte sich mit einigen Werkzeugen, die er aus einer der Truhen genommen hatte, an die Arbeit, und kurz darauf war die Spange mit kurzen Kabelenden verziert, die zu einem komplizierten Muster verknüpft worden waren. Dann gab er ein Handzeichen, und Ohtar brachte ihm die Sandelholzkiste. Kotkel nahm sie in die Hand, schüttelte sie und hielt sie sich ans Ohr.
    »Und was ist?« forschte der König ungeduldig nach. Der Zauberer gab ein schrilles Geräusch von sich, das von einer kleinen Drehbank hätte herrühren können.
    »Das glaub ich dir nicht!« fuhr ihn der König an.
    Kotkel nickte, kreischte wie ein Zahnarztbohrer und verbarg das Gesicht in den Händen.
    »Das darf nicht wahr sein!« schrie der König aufgebracht. »Du Idiot … Geh mir aus den Augen!«
    Der Zauberer verschwand auf der Stelle, indem er sich in eine kleine Spinne verwandelte, die gleich darauf an einem kurzen Faden von der Decke herabhing.
    »Was ist denn los?« fragte Hildy.
    »Er hat sie entwischen lassen, das ist los!« fluchte der König. »Ich zeig’s Ihnen. Geben Sie mir mal die Kiste!«
    Er klappte den Deckel auf, aber außer den zerkauten Überresten von zwei Taschenlampenbatterien, die Hildy den beiden Geistern zum Essen hineingelegt hatte, war sie leer. Einen Moment lang herrschte absolutes Schweigen in der Felsenkammer, dann warf der König die Schachtel auf den Boden und zerstampfte sie mit den Füßen.
    »Sieh dir ruhig an, wozu du mich gebracht hast!« fauchte der König die Spinne an, die an der Decke betrübt hin und her baumelte.
    »Was ist denn passiert?« jammerte Hildy. Sie hatte das beängstigende Gefühl, man könnte sie vergessen.
    »Ich werde Ihnen sagen, was für ein verdammter Mist hier passiert ist!« brüllte der König. »Unser idiotischer Zauberer hat diese beiden Geister entkommen lassen. Er sollte sie in seiner magischen Koboldkiste einsperren …« Der König stieg von der magischen Koboldkiste herunter, in der jetzt nicht einmal mehr Platz für einen Alptraum war. »Womit sollen wir die Spange jetzt einsatzfähig machen? Ohne diese Geister ist das Glück von Caithness nutzlos.«
    Die Helden brachen in lautes Klagen aus, und selbst die Spinne piepste traurig vor sich hin. Der König schlug mit der Faust auf den Tisch und verlangte sofortige Ruhe.
    »Wir müssen klaren Kopf behalten. Ist das klar?« schnauzte er. »Also, setzt euch hin, und laßt uns alles wie vernünftige Menschen miteinander besprechen.« Er befolgte seinen eigenen Rat als erster, und der Rest der Helden, die zwar immer noch so aufgewühlt wie das Meer unter ihnen waren, taten es ihm gleich. Die Spinne kletterte am Faden herunter und ließ sich auf dem Rand des königlichen Trinkhorns nieder.
    »Also gut, Kotkel«, zischte der König die Spinne an, »das hast du uns schon alles erzählt. Du kannst dich jetzt zurückverwandeln.«
    Der Zauberer erschien wieder und setzte sich mit schamgesenktem Kopf zur Linken des Königs. Die Gesellschaft, die kurz zuvor noch einer Fußballmannschaft auf der Suche nach einer Eckkneipe geähnelt hatte, war wie durch einen unterschwelligen Zauber plötzlich wieder zur Gardetruppe des Königs geworden, zu seinen Beratern in Krieg und Frieden. Durch den steinernen Rahmen der Deckenöffnung fiel eine Lichtsäule in die Kammer hinein, von der das Gesicht des Königs wie von einem Scheinwerfer hell erleuchtet wurde – Baumeister Thorkel hatte diesen Effekt bewußt mit eingeplant und dabei genau berechnet, in welchem Verhältnis zu den umliegenden Bergen die Sonne zu jenem Zeitpunkt stand, da der Burgherr von Borve normalerweise seinen Thron bestieg. Hildy fand sich durch Zufall oder mit Absicht auf dem Platz des Beraters zu seiner Rechten wieder, so daß einiges vom königlichen Glanz des Sonnenlichts auch auf ihre etwas alltäglichere Erscheinung abfiel. Ein Gefühl äußerster Ehrfurcht und Verantwortung überkam Hildy, und sie faßte den Entschluß, sich ohne Wenn und Aber in die Dienste des Königs zu stellen, komme, was da wolle.
    Arvarodd von Permia, der die Harfe des Königs trug, und Angantyr Asmundarson, der Bannerträger, standen auf und verkündeten unisono: »Hrolf Ketilsson Erdenstern, unumschränkter Herrscher von Caithness und Sutherland, Gebieter der Inseln, hält nun in seiner Festung Hof, um das weitere Vorgehen zu beratschlagen. Mögen nur diejenigen sprechen, die klug und weise zu

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