Wer hat Angst vor Beowulf?
auf der anderen Straßenseite ausgefochten wurde und in dem die Rede davon war, daß man über die Hügel in nördlicher Richtung bereits vor zehn Minuten gelaufen sei. Irgendwen erinnerte es an seine Zeit im Irak.
Thorgeir schaute auf die Uhr. Bis zu seiner Verabredung mit dem Helikopter hatte er noch eine Menge Zeit, und er verspürte ein prickelndes Gefühl, das sich über den ganzen Nasenrücken zog, wo sich früher seine Barthaare befunden hatten.
»Ich hab doch gesagt, daß jemand kommt und uns findet«, sagte der Kameraassistent. »Wie damals in Kambodscha.«
»Das war nicht Kambodscha«, korrigierte ihn der Tonassistent. »Das war Kurdistan.«
»Aber angefangen haben wir im Irak«, mischte sich der Chefkameramann ein. »Und darum geht’s hier doch wohl, oder?«
»Danke«, sagte Danny Bennett mit krächzender Stimme zu dem Fremden; von all dem Streit war er völlig heiser geworden. Lange hatte er geglaubt, sich das Motorengeräusch nur eingebildet zu haben. »Wir sind den ganzen Tag im Kreis gelaufen. Dieser Idiot von Kameramann hat einen dieser Kompasse, die man in Tankstellen kaufen kann, und wir sind stundenlang durch die Landschaft geirrt, bis wir endlich bemerkt haben, daß die Nadel von seinem Solarrechner angezogen wird.«
»Sind das dahinten Ihre Wagen?« fragte der Fremde.
»Ja.« Plötzlich schien Danny etwas an seinem Retter aufzufallen, und er wich erschrocken zurück.
»Was ist denn los?« fragte der Fremde verblüfft.
»Entschuldigung, aber es geht um den Anzug, den Sie tragen.«
»Und was ist mit meinem Anzug?« Der Fremde wirkte beleidigt.
»Das ist wirklich ein sehr schöner Anzug, aber er ist grau. Allerdings ist er nicht von Mark and Spencer, nicht wahr?«
»Das will ich wohl meinen«, murmelte der Fremde verwirrt. »Der ist von Brooks Brothers. Okay, die Revers sind vielleicht eine Idee zu schmal, aber was …«
»Das ist ein lange Geschichte«, unterbrach ihn Danny. »Und wahrscheinlich würden Sie mich für verrückt halten.«
»Das tu ich bereits«, antwortete der Fremde und streifte sich die Falten aus den Ärmeln. »Also, was haben Sie noch zu verlieren?«
Folglich begann Danny mit seiner Schilderung der Ereignisse. Er erzählte vom Bootsgrab, von dem ersten und zweiten Überfall, dem Adler und den Männern mit den grauen Anzügen. Zu Dannys Verwunderung schien der Fremde keineswegs überrascht zu sein und ihm die ganze Geschichte sogar abzunehmen. Er wirkte derart interessiert, daß Danny ihm gerade seine Theorie über das Kennedy-Komplott erzählen wollte, als der Fremde ihn unterbrach.
»War darunter womöglich auch ein alter Mann? Sehr alt sogar und mit einer schrecklichen Gießkannenstimme?«
»Ich glaube, ja«, antwortete Danny.
»Und was war mit den anderen?« Der Fremde beschrieb die Männer mit den grauen Anzügen.
Danny nickte dümmlich und fragte: »Also kennen Sie diese Leute?«
»O ja, sogar schon sehr lange.«
Danny verkrallte die Hände. »Und wer sind diese Männer?«
Der Fremde grinste ihn in einer Weise an, die Danny an einen großen Schäferhund erinnerte, vor dem er als kleiner Junge ganz besondere Angst gehabt hatte, und antwortete: »Ich glaube nicht, daß Sie das wirklich wissen wollen, jedenfalls nicht in Ihrem gegenwärtigen Zustand.«
»Und ob ich das will«, drängte Danny. »Und auch, was diese Hildy Frederiksen damit zu tun hat.«
Der Fremde hob eine Augenbraue. »Wer ist Hildy Frederiksen?«
»Die Archäologin, die das Grab entdeckt hat. Sie ist auch dabei.«
»Was Sie nicht sagen.« Der Fremde grinste nicht mehr und hielt Danny am Ärmel fest. »Hören Sie …«
»Ja?«
»Wer sind diese Männer – Ihrer Meinung nach?«
Danny zwinkerte mit den Augen. »Sind die etwa vom CIA?«
»In gewisser Weise schon. Sie sind vom Fernsehen, Mister …«
»Bennett. Danny Bennett.«
»Ich beneide Sie, Mister Bennett! Sie sind auf etwas ganz Großes gestoßen. Etwas wirklich Großes.«
»So? Bin ich das?«
Der Fremde nickte. »Das hier ist die Chance, die man nur einmal im Leben bekommt. Wenn ich Sie wäre, vergäße ich das ganze Drumherum von diesem Bootsgrab und würde mich an die Fersen dieser Männer mit den grauen Anzügen heften.«
»Wirklich?« Dannys Gaumen fühlte sich an wie Schmirgelpapier.
»Aber erwähnen Sie nichts von mir, verstanden? Das ist alles. Die Straße ist da drüben. Schön, Sie kennengelernt zu haben.« Der Fremde machte sich auf den Rückweg.
»Also glauben Sie nicht mehr, daß ich verrückt bin, oder?«
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