Wer hat Angst vor Jasper Jones?
sagen, dass es Zeit ist zu gehen. Doch das tue ich nicht. Sogar der Trainer prustet los. Ein Kerl mit rotem, aufgedunsenem Gesicht, Klemmbrett und Zigarette. Ölige Schweißperlen stehen ihm auf den Augenbrauen. Sein Lachen klingt, als würde er husten.
Nach diesem Schema geht es weiter. Jeffrey holt den Ball, hüpft zurück und harrt geduldig einer weiteren Chance. Ich warte und schaue zu. Kein Schlagmann kann ihn richtig erwischen, sie verschlagen seine Bälle, dreschen drauf, aber ohne jeden Erfolg. Warum kann dieser blöde Trainer das nicht einsehen? Jeffrey ist der Einzige, der richtige Spinner bowlen kann. Er haut ihnen rote Feuerwerkskracher um die Ohren. Selbst auf einer schlechten Pitch kommen seine Bälle mit Drift und Spin, sodass sie sie nicht einmal mit einem Scheunentor treffen könnten. Er hat mit seinen Würfen schon drei Schlagmänner vom Platz geschickt und einige Bälle auf die Schlägerkante platziert. Deshalb schnappen sie sich jedes Mal, wenn das passiert, seinen Ball, und schleudern ihn lachend noch ein Stück weiter fort.
Eigentlich hatte ich angenommen, dass sie angesichts von Jeffreys Talent irgendwann eine Art widerwilligen Respekt entwickeln würden. So wie bei Jasper. Die Mannschaft von Corrigan würde ohne Jasper Jones nicht ein Footballspiel gewinnen. Selbst die leidenschaftlichsten Fanatiker am Spielfeldrand heben bei ihm staunend die Augenbrauen. Er ist ein Phänomen, eine Klasse für sich. Es ist unmöglich, nicht von ihm beeindruckt zu sein. Er kommt nicht zum Training, hört nicht auf das, was der Trainer sagt, hält keine Position ein und macht nur das, was er will. Nicht einmal die Schuhe, die er trägt, gehören ihm. Jasper ist der härteste Tackler, den ich je gesehen habe. Obwohl er fünf Jahre jünger ist als der Rest seiner Mitstreiter, wirkt er auf seine Gegner furchterregender als jeder feuerspeiende Fleischklops auf dem Feld. Jasper hat enorm flinke Hände und ein unglaubliches Gespür für das Spiel. Und mit seiner Sprungkraft und seiner enormen Schnelligkeit raubt er dem Publikum den Atem.
Es ist schwer zu begreifen. Die gleichen Leute, die Jasper beim Spiel zusehen und ihn anfeuern, als sei er einer der ihren, werfen ihm womöglich schräge Blicke zu, wenn er ihnen wenige Stunden nach dem Spiel entgegenkommt. Dabei lächeln und jubeln sie oder schütteln fassungslos den Kopf, wenn er in der Mitte durchbricht oder aus spitzem Winkel heraus ein Tor schießt. Genau wie seine Mannschaftskameraden, die ihn umringen, ihm applaudieren, ihm anerkennend durch die Haare fahren und auf den Hintern klopfen. Doch sobald das Spiel zu Ende ist, läuft alles nach dem alten Schema weiter. Jasper wird von den Jungen wieder mit Missachtung gestraft und geschmäht und von den Mädchen im Geheimen angehimmelt. Jasper gibt seine Schuhe und seinen Pullunder zurück und überlässt die Mannschaft im Umkleideraum sich selbst.
Es ist schwer, nicht daran zu glauben, dass diese Uniform und ihre Nummer Macht und Bedeutung verleihen. Wenn aufgebrachte fette Kerle den besten Athleten der Stadt Ratschläge zubrüllen und Frauen Zeter und Mordio schreien, fühlt es sich an, als habe Jasper Jones eine Art temporären Frieden geschlossen, weil es keinen Zweifel daran gibt, dass er der Champion ist. Das müssen sie akzeptieren. Er ist der Beste, den sie haben. Er ist einer von ihnen. Er ist der Spieler, auf den sie ihre Hoffnungen setzen.
Ich frage mich, warum sich das nicht fortsetzen kann, warum Jasper Jones nach dem Spiel sein Hemd wieder ausziehen und zurückgeben muss. Und warum Jeffrey nicht einmal davon einen winzigen Teil abbekommen kann, so vergänglich er auch sein mag. Vielleicht liegt es daran, dass er sich nicht so gut behaupten kann wie Jasper, der in dieser Saison bereits drei Schlüsselbeine und zwei Nasen gebrochen hat.
Jeffreys nächsten Wurf drischt der Schlagmann geradewegs zurück und an ihm vorbei auf die Non-Striker-Seite. Die meisten Bowler, die dort herumstehen, lassen den Ball an sich vorbeirollen, aber einer kickt ihn weg. Er springt in meine Richtung. Ich fange ihn auf und rolle ihn zurück. Dann höre ich ihr Gespött.
Hast wohl deinen Liebsten dabei, Cong?
Charlie hat’s gern in den Arsch.
Ey, schon lange mit ihm zusammen, Cong?
Jemand drückt Jeffrey die Hand ins Gesicht. Ein anderer sticht ihm einen Finger in den Hintern.
He, ich hab eigentlich gedacht, dass er der Charlie ist!
Alle lachen mit verächtlich verzogenen Mündern. Vor allem der Trainer, der von
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