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Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Titel: Wer hat Angst vorm boesen Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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Arm unters Kinn und zog sie vom Tresen weg, dann drückte er sie zu Boden und stellte den Fuß auf ihren Kopf. Und dann schrie er mich an: >Wenn du auch nur eine Sekunde herumtrödelst, verschmier ich diesen Schädel auf dem Boden.< Dann gab er einen Schuß ab. An die Decke, meine ich. Die Platten explodierten, der Staub flog in alle Richtungen. Meine Haare sind voller Gips.«
    Sie wischte sich mit dem Blusenärmel den Schweiß von der Stirn, und er gönnte ihr eine Pause, in der er zusah, wie Karlsen die Kamera von der Decke schraubte und die Videokassette herausnahm.
    »Er sprach norwegisch?«
    »Ja.«
    »Akzentfrei?«
    »Ja. Er hatte eine helle Stimme. Ein wenig heiser vielleicht.«
    »Und diese Frau, hat sie auch etwas gesagt?«
    »Kein Wort. Sie war vor Angst wie erstarrt. Und der Mann wußte genau, was er tat. So ein richtiger Menschenhasser. Das war bestimmt nicht sein erster Überfall.«
    »Das werden wir sehen«, sagte Sejer und ließ sich das Video geben. »Bitte kommen Sie mit uns auf die Wache, und sehen Sie sich mit uns das Video an.« »Ich muß nur vorher noch telefonieren.«
    »Das werden wir in die Wege leiten.«
    Karlsen sah sie an. »Können Sie uns so ungefähr sagen, wieviel Geld Sie ihm gegeben haben?«
    »Gegeben?« schrie sie und starrte ihn wütend an. »Was ist denn das für eine Ausdrucksweise? Ich habe ihm rein gar nichts gegeben, ich bin ausgeraubt worden.«
    Sejer zwinkerte dem Kollegen zu und starrte die Decke an.
    »Verzeihung«, sagte Karlsen. »Ich meine, wie groß ungefähr ist seine Beute?«
    »Heute ist Freitag«, antwortete die Kassiererin verletzt. »Ich hatte ungefähr hunderttausend in der Kasse.«
    Sejer starrte durch die offene Tür. »Laßt uns alle zusammenrufen, die die beiden gesehen haben. Das waren doch mehrere. Auf jeden Fall kriegen wir einen brauchbaren Steckbrief.«
    Er seufzte, als er das sagte. Er hatte den Mann doch selbst deutlich gesehen, aus nur einem Meter Entfernung. Aber wieviel wußte er wirklich noch?
    »Es war ein weißes Auto, und es schien neu zu sein. Ziemlich klein«, sagte die Kassiererin rasch. »Viel mehr habe ich nicht gesehen. Es war offen, und sicher hatte er den Zündschlüssel stecken lassen, denn er fuhr schon an, noch ehe er die Tür ins Schloß gezogen hatte. Quer über den Platz, zwischen den Blumenkästen hindurch und dann auf die Straße.«
    »Der Wagen ist wahrscheinlich gestohlen. Vielleicht steht sein eigener irgendwo am Fluchtweg. Möglicherweise ist der Mann gefährlich. Die Geiselnahme ist sicher aus einem Impuls heraus geschehen. Wenn es wirklich eine war. Er kann ja nicht damit gerechnet haben, daß so früh am Morgen hier schon Kundschaft sein würde. Und - ist die Frau durch den anderen Eingang in die Bank gekommen?«
    »Ja.«
    Sejer blickte zur der klaffenden Wunde in der Decke und runzelte die Stirn. »Immerhin ist er ziemlich entschlossen. Oder vielleicht verzweifelt.«
    Ein weiterer Streifenwagen fuhr vor, zwei Techniker in Overalls stiegen aus. Sie schauten sich das Loch in der Decke an.
    »Ich wüßte ja gern, wieviel von der Sorte er hat«, sagte der eine.
    »Daran wage ich gar nicht zu denken«, sagte Sejer düster. »Aber er ist zweifellos ein zäher Brocken. Erst nimmt er eine Geisel, und dann feuert er mitten im Morgengewühl los.«
    »Effektiv«, meinte der Techniker. »Alle sind wie gelähmt. Der hatte nur ein Interesse: den Banküberfall schnell hinter sich zu bringen. Keine Trödelei, alles ratzfatz. Trug er Handschuhe?«
    Die Kassiererin nickte. »Dünne Fingerhandschuhe.« Sejer verfluchte sich selbst, weil er nicht länger in der Bank geblieben war und damit die Pläne des Räubers durchkreuzt hatte. Aber der hätte dann nur gewartet und wäre an einem anderen Tag wieder aufgetaucht. Er schaute noch einmal in die Augen der Kassiererin. Sie zeigten den ganz besonderen Glanz, der auftritt, wenn jemand aus dem Leben, das alle für selbstverständlich halten, herausgerissen worden ist. Er konnte es verstehen und verstand es auch wieder nicht.
    »Alles klar«, sagte er. »Wir haben viel zu tun. Fangen wir an.«
    ER KEUCHTE. Er beugte sich auf dem Sitz vor, wie um dem Auto damit aus der Stadt herauszuhelfen. Er hatte alles lange geplant. In Gedanken war er den Überfall immer wieder durchgegangen, hatte alles ganz genau vor sich gesehen. Er hatte sich geirrt. Es war schwindelerregend schnell gegangen, er hatte das Geld, so weit, so gut, aber etwas stimmte nicht. Neben ihm saß jemand.
    Auf der Straße wimmelte es

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