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Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Titel: Wer hat Angst vorm boesen Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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Leichenkeller natürlich«, sagte Kannick und trank einen Schluck Cola. »In einer Tiefkühltruhe.«
    »Kühlfach«, korrigierte Karsten. »Die Leiche muß natürlich obduziert werden, und wenn sie gefroren ist, kann sie ja nicht zerschnitten werden.«
    »Zerschnitten?«
    Simons Augen waren schwarz vor Entsetzen.
    Karsten legte ihm einen Arm um die Schultern. »Wenn Leute sterben, werden sie danach zerschnitten. Damit die Todesursache festgestellt werden kann.«
    »Die Ursache war eine Hacke im Auge«, kommentierte Philip und ließ ein leises Rülpsen hören.
    »Sie müssen aber genau wissen, wo die Hacke sie getroffen hat. Das können sie nicht raten.«
    »Die Hacke hat sie genau ins Auge getroffen.«
    »Ja, aber sie müssen einen Totenschein ausschreiben. Ohne Totenschein kann niemand begraben werden. Ich wüßte ja gern, warum er die Hacke genommen hat«, sagte Karsten. »Er hätte sie doch sicher auch mit bloßen Fäusten umbringen können.«
    »Dazu hatte er wahrscheinlich gerade keine Lust«, sagte Kannick und zog einen Schmollmund. Dann machte er eine dicke Blase, die sein halbes Gesicht versteckte, bis sie endlich platzte und ihm auf Nase und Mund klebte. Er kratzte das Kaugummi mit schmutzigen Fingern zusammen und kaute weiter.
    »Aber jetzt sucht die Polizei ihn doch, oder?«
    Simon zog sich immer wieder am Ohrläppchen, um sich zu beruhigen.
    »Ganz bestimmt. Sie kämmen das Gelände durch und sind mit
    Gewehren bewaffnet, glaube ich. Und sie tragen kugelsichere Westen. Bald kriegen sie ihn.«
    Karsten schüttelte den Kopf. »Das Blöde ist ja, daß sie Mörder immer heil und unverletzt fangen wollen.«
    Er sah die anderen an. Hiermit kannte er sich aus. »In Amerika ist das alles besser. Da werden sie von den Bullen ganz einfach umgenietet. Die nehmen da viel mehr Rücksicht auf die Bevölkerung. Ich bin für die Todesstrafe!« erklärte er feierlich. Und mit diesem Kommentar war die Versammlung aufgehoben.

DER MANN, DER SICH MORGAN NANNTE, setzte sich auf einen Baumstumpf.
    Seine Waffe lag neben ihm im Gras. Ab und zu schaute Errki verstohlen zu den Bermudashorts mit Palmen und Früchten hinüber.
    Morgan versuchte, sich ein Bild von seiner Lage zu machen. Es hätte schlimmer sein können. Bank, Stadt und Auto lagen hinter ihm. Und er hatte das Geld, wie versprochen. Der Wagen war versteckt, und wenn es ein wenig begangener Weg war, dann dauerte es vielleicht Tage, bis er entdeckt wurde. Im Auto würden sie seine Fingerabdrücke nicht finden. Er hatte die ganze Zeit Handschuhe getragen. Er fragte sich, ob sie schon wußten, wer seine Geisel war. Manchmal funktionierte die Videoüberwachung in Banken ja nicht gut.
    »Hör mal«, sagte er leise, der Trommelwirbel klang jetzt gedämpfter, fand Errki, Morgan hatte in seinem Kopf also ein wenig Ordnung geschaffen, »das kannst du mir doch wenigstens sagen.« Er schaute zu Errki hoch, der mit aneinandergepreßten Knien auf einem Baumstumpf saß. »Ob du irgendwo ausgebrochen bist. Aus einem Heim oder so. Oder ob du allein zurechtkommst und eine Wohnung hast, oder ob du bei deiner Mutter lebst. Ich bin einfach nur neugierig. Das ist doch keine so schreckliche Frage, oder?«
    Er wartete und zog eine Packung Tabak aus der Tasche. Errki schwieg. Nestor nahm gerade die Position ein, wo er sich hinhockte, das Kinn auf die Knie preßte und die Hände vor den Schienbeinen verschränkte. Seine Position. Und solange Nestor in dieser Haltung verharrte, konnte Errki nicht sprechen.
    »Ich meine, ob du aus einem Krankenhaus weggelaufen bist oder so. Sucht jemand nach dir? Bist du vermißt gemeldet?«
    Bei dieser Frage warf Errki mehrere Male den Kopf hin und her.
    »Wir können doch etwas abmachen«, sagte Morgan. »Ich stelle dir eine Frage. Wenn du die beantwortest, darfst du mir auch eine Frage stellen, und die muß ich beantworten, um dir noch eine stellen zu dürfen. Das ist doch kein Problem?«
    Er war ziemlich stolz auf diese gute Idee und schaute seine Geisel an. Trotz der schwarzen Lederjacke und der dunklen Hose schien Errki nicht zu schwitzen. Das war seltsam. Morgan selbst war schweißnaß, sein Unterhemd wies schon dunkle Flecken auf.
    »Ich will doch bloß wissen, wer du bist«, fügte er hinzu. »Das ist irgendwie nicht so leicht zu sehen.«
    »Man sieht nicht viel, wenn der Teufel die Kerze hält«, sagte Errki leise.
    Er sagte es müde, so als koste es ihn zu viel Kraft, für einen Jämmerling wie Morgan Wörter zu vergeuden.
    Morgan fuhr zusammen, als er

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