Wer hat Angst vorm starken Mann? - Mallery, S: Wer hat Angst vorm starken Mann?
in meinen Armen gestorben, Pia. Ich war dabei und schulde ihm etwas. Dabei zu helfen, seine Kinder auf die Welt zu bringen, scheint mir das Mindeste zu sein, was ich tun kann.“
Das ergibt fast Sinn, dachte sie. Wenn man einmal davon absah, dass diese ganze Unterhaltung eigentlich irrwitzig war.
„Vielleicht“, gab sie zu, „aber du könntest doch auch einfach etwas spenden oder so. Du bist ein reicher, berühmter Typ. Du hast ein ausgefülltes Leben. Vermutlich sogar eine Freundin.“
„Ich habe keine Freundin, sonst hätte ich dich nicht geküsst.“
Was zu der Frage führte, warum er es getan hatte, aber sie würde einen sonderbaren Vorfall nach dem anderen abarbeiten. „Raoul, das ist wirklich lieb gemeint, aber nein.“
„Warum nicht? Vertraust du mir nicht?“
Sie runzelte die Stirn. „Was meinst du damit?“
„Ich biete dir das nicht an, um dann kurz darauf meine Meinung zu ändern. Ich werde nicht weggehen.“
Es fiel Pia schwer, bei seinen Worten nicht zusammenzuzucken. Er wusste offenbar genug über ihre Vergangenheit, um zu vermuten, dass es für sie ein Problem war, verlassen zu werden. Langsam kehrte sie zu ihrem Stuhl zurück und ließ sich darauffallen. Nachdem sie tief Luft geholt hatte, schaute sie ihn an, als könnte sie die Antwort in seinem markanten Gesicht finden.
Doch es verriet nichts Neues – zu sehen waren nur die gleichen großen, dunklen Augen, die hohen Wangenknochen, die vollen Lippen.
Raoul zog sich einen Stuhl heran und setzte sich so, dass er Pia anschauen konnte. „Ich meine es ernst, Pia. Ich möchte helfen. Dir und Keith zuliebe. Du solltest es mich versuchen lassen. Ich bin gut darin, Dinge zu erledigen. Liegt an all dem Quarterback-Training. Was du tust, ist wichtig. Lass mich dir helfen.“
Auch wenn sie sich nicht vorstellen konnte, dass ein Mann, den sie kaum kannte, all das für sie tun würde, konnte sie zumindest fast glauben, dass er es für Keith tun wollte.
„Was würde es bedeuten, ein Schwangerschaftsgehilfe zu sein?“, fragte sie vorsichtig.
„Was immer du gern möchtest. Wie ich schon sagte, ich bringe dich zur Ärztin, besorge dir das, worauf du Heißhunger hast, hör dir zu, wenn du dich darüber beklagst, dass deine Knöchel geschwollen sind.“
Ein Schatten huschte über sein Gesicht – dunkle, beängstigende Emotionen, die Pia überlegen ließen, was Raoul in der Vergangenheit wohl erlebt hatte. Aber bevor sie fragen konnte, war der Schatten verschwunden.
„Ich werde für dich da sein, Pia. In welcher Funktion auch immer du es möchtest. Ohne Erwartungen an dich zu stellen, ohne dir Regeln aufzuerlegen. Du wirst das nicht allein durchstehen müssen.“
Das klingt zu schön, um wahr zu sein, dachte sie wehmütig und überlegte, ob es vielleicht tatsächlich möglich war. Konnte sie sich wirklich auf ihn verlassen, ihm vertrauen, sicher sein, dass er für sie da sein würde?
Sich auf andere zu verlassen, das hatte sie in ihrem Leben bisher selten gekonnt. Jedenfalls nicht seit der Highschool, als beide Elternteile sie verlassen hatten – auf die eine oder andere Art. Da sie und Raoul nicht in einer Beziehung steckten, war die Situation völlig anders als mit ihren bisherigen Freunden. Sollte er sich irgendwann entscheiden zu gehen, wäre das kein Drama. Richtig?
Genau darauf lief es letztlich doch hinaus. Sich auf jemanden zu verlassen, bei dem sie nicht sicher war, ob er sie wirklich bis zum Ende unterstützen würde.
„Es ist eine interessante Idee“, begann sie. „Und ich weiß dein Angebot zu schätzen. Aber warum solltest du das tun? Was gewinnst du dabei?“
„Ich werde für dich da sein“, antwortete er fest, „weil ich dich mag. Und weil du etwas Gutes tust. Vielleicht auch, weil es in meiner Vergangenheit Dinge gegeben hat, die nicht so gelaufen sind, wie ich das gern gehabt hätte, und diese Sache wird mir ein wenig darüber hinweghelfen.“
„Woher weißt du, was ich denke?“
„Ich weiß es einfach, und ich werde da sein.“
Nur zu gern hätte sie ihm geglaubt. Sich auf jemanden verlassen zu können, vor allem während einer Schwangerschaft, wäre himmlisch. Vielleicht gelang es ihm, ihr ein wenig von der Angst zu nehmen, drei Kinder in die Welt setzen und großziehen zu müssen. Aber insgeheim wusste sie, dass man eher darauf bauen konnte, von anderen im Stich gelassen zu werden.
„Sieh es doch einmal so“, sagte Raoul. „Nutz mich einfach schamlos aus. Wenn ich dann gehen sollte, hattest du
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