Wer hat Angst vorm starken Mann? - Mallery, S: Wer hat Angst vorm starken Mann?
Frauen der Stadt präsentieren. Ich vermute, sie wollen den ganzen Busladungen voller Männer zeigen, was für tolle Frauen hier zu finden sind.“
Als Pia gefragt worden war, beim Vorsprechen dabei zu sein, hatte sie keine Vorstellung davon gehabt, worauf sie sich eingelassen hatte. Mindestens fünfzig Frauen waren gekommen, was sie unglaublich fand, und zwar nicht im positiven Sinne. Sie waren in den unterschiedlichsten Verkleidungen erschienen, angefangen bei Ballettröckchen bis hin zu Schäferinnenkostümen. Einige wollten damit beginnen, alles aufzuzählen, was sie kochen und/oder backen konnten. Eine Frau lächelte breit und brüstete sich allen Ernstes damit, noch all ihre Zähne und keine Löcher darin zu haben.
„Will sie damit sagen, dass sie gutes Zuchtmaterial ist?“, fragte Pia und musterte die vielen Frauen. „Sag mir bitte, dass ich das alles nur träume.“
„Ich wünschte, es wäre so.“
„Seit wann sind wir so verzweifelt? Ich habe immer gewusst, dass wir hier einen Männermangel haben, na und? Wir sind glücklich – wir bekommen alles geregelt. Hier gibt es mehr Frauen in männertypischen Berufen als vermutlich sonst wo im ganzen Land. Ist das nicht eine gute Sache?“
Marsha hob den Kopf und seufzte. „Ich habe gehört, dass es Frauen gibt, die gern eine Familie gründen und Kinder bekommen wollen. Das ist hier schon schwieriger. Man hat entwederdie Wahl, aus dem begrenzten Vorrat vor Ort auszuwählen, oder wegzuziehen.“
„Vorrat vor Ort?“ Und da beklagten Frauen sich, wenn Männer sie zu Objekten degradierten. „Ich verstehe das alles nicht.“
„Ich auch nicht, aber es ist zu spät für uns, um diese Flut noch aufzuhalten. Jeden Tag kommen neue Männer an.“
Eine junge Frau Anfang zwanzig kam auf die Bühne. Sie trug ein blassrosa Trikot und einen kurzen, engen Rock. Sie nickte, und Musik ertönte aus den versteckten Lautsprechern. Sekunden später sang und tanzte die Bewerberin zu einem populären Broadway-Musical-Hit.
„Sie ist gut“, murmelte Pia. „Was soll ich jetzt tun? Soll ich mir Notizen machen, wer mir am besten gefällt? Werden wir tatsächlich eine Talentshow veranstalten?“
„Ich sehe keine Möglichkeit mehr, das zu verhindern. Ich schäme mich so.“
„Na, für dich besteht kein Grund, das sollte lieber die Frau tun, die mit den selbst gebackenen Kuchen jongliert hat.“ Pia liebte ihre Heimatstadt. In Fool’s Gold legte man Wert auf Traditionen, die Menschen hier waren höflich und kümmerten sich umeinander. Sollte ein einziges Kapitel aus einer Doktorarbeit sowie die eine oder andere Busladung voller Männer das wirklich alles verändert haben?
Vielleicht liegt auch noch etwas anderes in der Luft, dachte Pia. Etwas, was Veränderungen ankündigte. Sie war doch das beste Beispiel. Erst vor zwei Tagen waren ihr Embryonen eingesetzt worden. Sie hatte die Prozedur über sich ergehen lassen und hatte den Rest des Nachmittags auf ihrem Sofa verbracht, und trotzdem konnte sie es noch immer nicht fassen. Schwanger zu sein war für sie einfach nur ein Wort. Eher eine Art vages Konzept als Realität. Wie konnte es angehen, dass sie schwanger war?
Doch Dr. Galloway höchst selbst hatte die Embryonen in sie hineingepflanzt. Hielten sie durch, so wie sie gebeten hatte?Wuchsen sie, wurden sie größer und stärker?
Sie legte die Hand auf den Bauch, als könnte sie die Babys in sich spüren.
Vereinzelter Applaus brachte sie zurück zum Vorsprechen. Sie klatschte ebenfalls und drehte sich dann zu Marsha herum, als sie aus dem Augenwinkel bemerkte, dass die Bürgermeisterin sie anstarrte.
„Wo warst du mit deinen Gedanken?“, fragte Marsha. „Sie war ziemlich gut, es kann also nicht das Singen und Tanzen gewesen sein.“
„Tut mir leid. Ich passe jetzt besser auf.“ Pia nahm ihren Stift und zog den Block näher. „Wer ist als Nächstes dran?“
Marsha musterte sie weiterhin. „Ist alles in Ordnung?“
„Mir geht’s gut.“
Die Bürgermeisterin sah nicht überzeugt aus.
Pia holte tief Luft. „Crystal hat mir ihre Embryonen hinterlassen.“
Marsha entspannte sich und lächelte. „Hat sie das? Ich wusste, dass jemand sie bekommen würde. Du bist bestimmt sehr gerührt und gleichzeitig voller Panik. Das ist eine große Verantwortung.“
„Wem sagst du das. Es ist ja nicht nur, dass ich die Embryonen besitze. Crystal erwartet von mir, dass ich die Babys bekomme.“
Marsha nickte. „Das ist viel verlangt von einer Freundin. Bist du dazu
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