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Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Titel: Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Thoma
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nicht alle im selben Alter«, antwortete ich, während ich für die Kinder Fischstäbchen aus dem Ofen holte – zugunsten von Fertiggerichten und dem Pizzaservice hatten wir Dexters ursprünglich geplante hochtrabende Menüpläne längst begraben.
    »Außerdem gab es je nach Gesellschaftsschicht entweder Personal, oder die älteren Kinder halfen mit.«
    Als Beweis dafür musste man nur das Doppelte Lottchen lesen: Das Zwillingsmädchen, das bei der Mutter lebt, kocht jeden Abend, damit sich die Mutter ausruhen kann, wenn sie von der Arbeit kommt. Viele moderne Eltern befürchteten jedoch, ihren Kindern die Kindheit zu rauben, wenn sie sie nur mal den Tisch abräumen ließen.
    Am letzten Ferientag fand für die Kinder ein Skirennen statt. Ganz im Sinne einer wettbewerbsfreien Kuschelpädagogik überreichte ein als weißes Mammut verkleideter Mensch nach dem Rennen jedem Kind eine Medaille und einen Pass, in dem sein Betragen mit lachenden oder weinenden Smileys zu folgenden Punkten bewertet wurde:
    • Ich laufe nie vom Skilehrer weg
    • Ich sage früh genug Bescheid, wenn ich zur Toilette muss
    • Ich fahre nur so schnell, dass ich noch bremsen kann
    • Ich bleibe witterungsgerecht angezogen
    • Ich werfe keine Abfälle auf die Piste
    • Bei den Mahlzeiten spiele ich nicht mit dem kostbaren Essen
    • Ich raufe nicht mit anderen Kindern oder beschimpfe sie, weil ich anderer Meinung bin …
    Dass der letzte Punkt bei keinem einzigen unserer Kinder mit einem lachenden Smiley kommentiert wurde, überraschte mich nicht sonderlich.
    Da wir befürchteten, die Rückfahrt könnte wieder zehn Stunden dauern, wollten wir am nächsten Morgen früh aufbrechen. Am Abend schickte Dexter die Kinder deshalb mit so viel Nachdruck früh ins Bett, dass sie ihm – eingeschüchtert vom harschen Tonfall – sogar gehorchten.
    Anschließend packten wir unsere Sachen zusammen. Dabei wunderte ich mich wieder mal darüber, dass Koffer auf Rückreisen selbst dann voller waren als auf Hinreisen, wenn man in den Ferien nichts gekauft hatte.
    Als Dexter und ich später mit einer Flasche Rotwein vor dem flackernden Kaminfeuer saßen, einigten wir uns darauf, dass es mit fünf kleinen Kindern auf einem Haufen mehr ums Über leben ging als ums Er leben. Außerdem fühlte Dexter sich, genau wie ich, jetzt noch ferienreifer als vor den Ferien.
    »Wollen wir Backgammon spielen?«, schlug ich ihm nach dem zweiten Glas Rotwein vor.
    »Gute Idee.«
    Dexter verteilte die Spielsteine auf den Points.
    Sowenig ich Brett- oder Kartenspiele mochte, bei denen es nur um Glück ging – strategische Spiele liebte ich. Allen voran Backgammon.
    Nach vier Spielen stand es zwei zu zwei, und es folgte die fünfte Entscheidungsrunde. Gegen Ende der Partie hatte jeder von uns nur noch wenige Steine auf den Points. Meine waren besser aufgebaut, und so glaubte ich schon zu gewinnen. Mit einem Sechserpasch wendete Dexter jedoch das Blatt in letzter Minute und schlug mich knapp. Wütend über den ungerechten Sieg sprang ich auf, nahm eine Nackenrolle vom Sofa und wollte sie Dexter über den Kopf ziehen. Der aber fing sie reflexartig auf und hielt meinen Arm fest, um mir die Rolle zu entreißen.
    Ob es an dem Adrenalin lag, das das Backgammonspiel in mir freigesetzt hatte, an Dexters männlichem Griff, mit dem er mich am Arm packte, oder an der Romantik des Kaminfeuers konnte ich nicht sagen. Jedenfalls überkam mich plötzlich das dringende Verlangen, mit Dexter zu schlafen. Mit meiner freien Hand umarmte ich seinen Hals und küsste ihn auf den Mund. Dexter ging stürmisch darauf ein. Sekunden später hatten wir uns gegenseitig ausgezogen, und dann schliefen wir miteinander.
    »Das war sehr schön mit Ihnen«, siezte Dexter mich anschließend mit breitem Lächeln und war im nächsten Moment eingeschlummert (was bei Männern wegen des schlagartig abfallenden Blutzuckerspiegels und der Prolactin-Ausschüttung nach dem Sex ja völlig normal sein soll).
    Ich stand auf und holte mir ein Glas Wasser. Mit einem Gefühlsmix aus Heimweh, Melancholie, Sehnsucht und Trauer musste ich auf einmal an Jesco denken. Ich mochte Dexter. Er brachte mich zum Lachen und vermittelte mir ein Gefühl von Sicherheit. Bestimmt wäre er auch ein verlässlicher Partner, der mich im täglichen Leben unterstützen würde. Verliebt in ihn fühlte ich mich aber nicht.
    Zurück im Wohnzimmer deckte ich Dexter mit einer Wolldecke zu. Gerade wollte ich mich in mein Bett wegschleichen, als er im

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