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Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Titel: Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Thoma
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geschafft. Meine Kinder, Clooney und ich brachen zusammen mit Dexter und seinen Kindern Liv und Noah im randvoll bepackten Multivan auf der Autobahn gen Süden auf. Auf Dexters Angebot, einen Großteil der Strecke selbst zu fahren, ging ich gern ein. Wie viele Amerikaner hatte er ein entspanntes Verhältnis zu langen Strecken, und außerdem machte ihm Auto fahren Spaß.
    Vom Beifahrersitz aus drehte ich mich nach einigen Kilometern zu den fünf Kindern und Clooney um, der zu ihren Füßen lag. Vor Reiseantritt hatten sich Dexters und meine Kinder noch nie getroffen. Da Lorenz und Noah aber etwa gleich alt waren, verbrüderten sie sich spontan und saßen nun nebeneinander auf den hintersten Plätzen, während die drei Mädchen die Sitzreihe vor ihnen belegten.
    »Die scheinen sich da hinten alle gut zu verstehen«, raunte ich Dexter zu, als ich aus den Augenwinkeln beobachtete, wie die beiden Jungs Yu-Gi-Oh-Karten sortierten, während Liv, die ein knappes Jahr älter war als die Zwillinge, ihnen das Mario-Kart-Nintendo-Spiel erklärte.
    Hätte ich doch nur nichts gesagt – kaum hatte ich das Lob ausgesprochen, hörten die Kinder nämlich auch schon auf, sich vorbildlich zu verhalten, und es ertönte lautes Gezanke: Maya und Fanny wollten unbedingt mit Livs Nintendo spielen, doch die hatte Angst, die »Kleinen« könnten ihn kaputt machen. Als sich die Zwillinge lautstark über diese Unterstellung beschwerten, wurde es den Jungs zu bunt. Sie mischten sich in den Streit ein und streuten den drei Mädchen zur Strafe für ihr nerviges Gekeife Chips über die Haare.
    Von den noch verbleibenden zehn Stunden Fahrt, die wir wegen mehrerer Staus und starkem Schneefall bis zu unserem Skiort benötigten, ging es gute neun Stunden so weiter.
    Angefangen mit der Machtjustierung »Wer war de r / die Beste?«: Wer war am größten? Am stärksten? Am coolsten? Wer hatte die meisten Geschenke zu Weihnachten gekriegt? Wer gewann am häufigsten beim Knobelspiel »Schere, Stein, Papier«, beim »Ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst«-Raten und in den »Wer durfte bestimmen«-Rangeleien (Wer durfte wie lange mit dem Nintendo spielen? Wer entschied, welcher Film im tragbaren DVD-Player angestellt wurde? Wer durfte Chips, Kekse und Schokolade verteilen?) oder den »Hallo?«-, »Geht’s noch?«- beziehungsweise »Spinnst du?«-Beschimpfungen ( »Spinnst du, mir dein Knie von hinten in den Rücken zu rammen!«, »Spinnst du, so nah an mich ranzurücken – geh weg!«, »Hallo? Du betrügst!« – Daueranschuldigung beim Mensch-ärgere-dich-nicht - oder Memory -Spielen –, »Geht’s noch, wisch deine Finger nicht an meiner Hose ab!«, »Iiih – du hast gefurzt!« – und damit den Geruch der Mandarinen- und Bananenschalen übertüncht) bis hin zum obligatorischen Gepetze unter lautem Geheule: »Mami, Lorenz hat mich gehauen!« – »Stimmt doch gar nicht, aber Maya hat mein Buch kaputt gemacht!« – »Daddy, Noah gibt mir keine Gummibärchen!« – »Du bist ne Petze, und nur Babys petzen: Baby, Baby, Baby!«
    Wenn die Mädchen nicht gerade die Jungs provozierten, fochten sie untereinander ihre Hackordnung aus. Dann wieder ärgerten die Jungs die Mädchen oder kloppten sich um so etwas Wichtiges wie ein Stück Schokolade. Dabei verging kaum eine Minute, in der nicht mindestens ein Kind schrie oder heulte.
    »Warum hat eigentlich noch niemand eine schallsichere Glaswand erfunden, die man bei Bedarf zwischen den vorderen Plätzen und den Rückbänken hochfahren kann?«, fragte Dexter, als es hinten mal wieder so laut war, dass wir unser eigenes Wort kaum verstehen konnten.
    »Das fragst du mich? Du bist doch der Autodesigner. Damit kann man bestimmt viel Geld verdienen.«
    Um ein Uhr morgens parkten wir endlich vor einem kleinen Holzhaus, das etwas außerhalb des Orts Pertisau lag. Gegen Ende der Fahrt waren die Kinder endlich eingeschlafen. Seitdem hatte sich das Genörgel auf den Rückbänken auf schlaftrunkenes Gemeckere wie »Aua, das war mein Fuß« oder »Pass doch auf« beziehungsweise »Mach dich nicht so dick« beschränkt.
    Dexter und ich trugen die Kinder nacheinander ins Haus, legten sie in die Stockbetten in der obersten Etage und drehten die Heizung hoch. Da das Haus schon länger nicht bewohnt worden war, waren die Zimmer nämlich eiskalt. Nachdem wir auch unsere Gepäckmassen in den Eingang gehievt und Clooney seine Hundedecke in die Küche gelegt hatten, verzog ich mich in mein Bett und fiel in einen komatösen Tiefschlaf

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