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Wer hat das Rind zur Sau gemacht?

Wer hat das Rind zur Sau gemacht?

Titel: Wer hat das Rind zur Sau gemacht? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Pollmer , Andrea Fock , Monika Niehaus , Jutta Muth
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als Acrylamid. 13,46 Dies wird durch Beobachtungen an Arbeitern bestätigt, die vermehrt mit Acrylamid in Kontakt kamen. Auch bei ihnen war keine Zunahme von Chromosomenbrüchen zu verzeichnen. 25
    Der Mensch ist für Stoffe, die durch Erhitzen von Nahrungsmitteln entstehen – egal, ob durch Backen, Braten, Kochen oder Frittieren –, grundsätzlich unempfindlicher als die üblichen Versuchstiere. Schließlich haben sich die Vorfahren der Menschheit im Lauf ihrer Evolution das Feuer zunutze gemacht, insbesondere, um Nahrung zuzubereiten. Damit konnte, ja, musste sich unser Stoffwechsel im Laufe von Hunderttausenden Jahren an Röststoffe anpassen. Wer damit nicht zurechtkam, wurde über kurz oder lang aus unserer Ahnengalerie «herausgemendelt». Ganz anders sieht es bei Mäusen, Ratten und Kaninchen aus, die ja eher selten zündeln. Röststoffe in Kaffee, Pommes oder Brot sind für unsereins daher wesentlich harmloser als für Labornager, und darum sind Tierversuche, mit denen ihr krebserregendes Potenzial ermittelt werden soll, wenig aussagekräftig.
    Die Tatsache, dass die Menschheit Röststoffe über alles liebt, spricht dafür, dass damit auch ein Nutzen verbunden sein dürfte. Schließlich entstehen beim Frittieren, Backen oder Kochen zahllose Substanzen und nicht etwa nur Acrylamid. Als im Zuge der aufgeflammten Acrylamidangst weitere Röstprodukte geprüft wurden, stellte sich heraus, dass einige von ihnen sogar vor Krebs schützen, und zwar schon in minimalen Konzentrationen. Dieser Effekt war umso stärker, je dunkler die Produkte ausfielen, je stärker sie also erhitzt worden waren. 18
    Damit besteht Grund zu der Befürchtung, dass die Maßnahmen zur Senkung des Acrylamidgehalts – «Vergolden statt Verkohlen» lautete die Parole der damaligen Verbraucherschutzministerin – in Wirklichkeit zu einer Erhöhung des Krebsrisikos beitragen könnten. Denn die Branche hat auf Druck von Foodwatch und Co. ihre Frittiertemperaturen gesenkt.

Natürlich giftig: die Kartoffel
    Aber in Sachen «Pommesgift» gestaltet sich die Situation noch viel abstruser. Denn die Anti-Acrylamid-Aktionisten haben das Wichtigste schlicht übersehen: Kartoffeln haben immer wieder zu Vergiftungen geführt. Aber nicht etwa wegen ihrer Zubereitung in der Fritteuse, sondern wegen ihres natürlichen Gehalts an Toxinen. Meist waren überlagerte Knollen bzw. der Verzehr von Schalen und Keimen die Ursache. Immerhin ist die Kartoffel
(Solanum tuberosum)
ein Nachtschattengewächs, und diese Pflanzenfamilie
(Solanaceae)
zeichnet sich durch eine Vielzahl wirksamer Gifte aus; man denke nur an die Tollkirsche oder das halluzinogene Bilsenkraut. Auch Kartoffeln enthalten in ihren grünen Teilen erkleckliche Mengen dieser natürlichen Toxine, namentlich die hochgiftigen Alkaloide Solanin und Chaconin. 28,32,49 Und darum verschmäht man das Kraut.
    Was in den Blättern steckt, findet sich auch in den unterirdischen Knollen, glücklicherweise in geringerer Menge. Bei den Alkaloiden handelt es sich um Schutzstoffe, pflanzeneigene, sogenannte primäre Pestizide (siehe Kapitel: Gebundene Rückstände), die die Pflanze vor Schädlingsfraß bewahren sollen. Darum konzentrieren sie sich vor allem in und dicht unter der Schale. Wenn so ein Erdapfel keimt oder dem Licht ausgesetzt wird, steigt sein Giftgehalt rapide an. Deshalb werden Kartoffeln ja traditionell geschält, die «Augen» entfernt und grüne Stellen weggeschnitten. Schon Heinrich Böll verewigte dies in seiner Kurzgeschichte «Die Waage der Baleks», in der die Kinder einer bettelarmen Familie stets die dünnen Kartoffelschalen vorzeigen mussten, um ihre Eltern davon zu überzeugen, dass nichts verschwendet wurde. Mit Pellkartoffeln hätte es zwar noch weniger Abfall gegeben, aber selbst die ärmsten Schlucker wollten in puncto Kartoffelgifte offenbar auf Nummer sicher gehen.
    Nun senkt das Schälen das Vergiftungsrisiko zwar deutlich, aber ein bisschen Solanin und Chaconin ist auch im essbaren Knollenfleisch enthalten. Im ungünstigsten Fall kann dies immer noch zu Vergiftungen führen. 19,32 Wie viel Gift in Fleisch und Schale steckt, hängt von vielen Faktoren ab, beispielsweise von der Sorte, also, ob man Bamberger Hörnchen, Linda oder Sieglinde auf den Tisch bringt. Die Züchter konnten die Alkaloidgehalte moderner Sorten gegenüber den Wildkartoffeln zwar deutlich verringern, im Gegenzug verloren diese Kartoffelsorten aber ihre Widerstandskraft gegen Schädlinge. Da Pflanzenschutzmittel

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