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Wer im Trueben fischt

Wer im Trueben fischt

Titel: Wer im Trueben fischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Lanfermann
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Tür auf. Eine schlanke schwarze Frau in Jeans kam herein und zog einen Staubsauger hinter sich her. Sie murmelte vor sich hin und kratzte sich am Kopftuch. Fast stolperte sie über Emmas lang ausgestreckte Beine.
    »Oh, guten Morgen!«
    Emma seufzte, grüßte und beschloss, sich einen Kaffee zu machen.

D ie Spurensicherung hatte das Arbeitszimmer freigegeben. Das Gästehaus der Uni war in einem schmucklosen 80er-Jahre-Bau untergebracht worden. Es lag gleich um die Ecke vom Schlossplatz. Blumes Augen wanderten langsam durch den Raum. Rosenberg hatte ein Bild ab- und stattdessen einen Stadtplan von Berlin aufgehängt. Ein Wohngebiet in Zehlendorf war rot umrandet. Blume prägte sich die Gegend ein und bat um eine Kopie des Plans. Dann zog er sich Handschuhe an und untersuchte den Schreibtisch.
    Rosenberg hatte sich hier vor fünf Tagen einquartiert. Auf dem Schreibtisch lagen alte Briefe aus den 40er Jahren, Fotos, archivierte Zeitungsmeldungen aus ganz Europa über Flüchtlinge aus Deutschland. Er nahm sich vor, die Referentin zu fragen, welche Studien Rosenberg betrieben hatte.
    Er öffnete ein in schwarzes Leder gebundenes Notizbuch, Rosenbergs Terminplaner, blätterte darin vor bis zu den Einträgen der letzten Woche. Dort stand ein Name, ein Treffpunkt, eine Uhrzeit. Blume notierte sich die Angaben. Erkenschwick kam auf ihn zu. In der Hand mit dem Plastikhandschuh hatte er ein Foto, das er Blume hinhielt.
    »Das lag neben seinem Bett.«
    Auf dem Bild waren zwei Männer zu sehen. Sie standen Arm in Arm vor dem Fotografen und lachten in die Kamera. Blume drehte das Bild um. Auf der Rückseite stand handschriftlich etwas geschrieben. Liebe Miriam, las Blume, dies sind die Männer, die junge Fische fangen.
    Nachdenklich drehte Blume das Foto noch einmal um und betrachtete die Männer. Die Aufnahme war alt, das Papier leicht vergilbt. Es hatte einen gezackten weißen Rand. Die Männer trugen weite Anzüge. Sie waren gepflegt, ihre Kleidung elegant. Blume reichte das Bild wieder an den Assistenten.
    »Was glaubst du, wann ist das Foto gemacht worden?«
    Erkenschwick zuckte mit den Schultern, während er es vorsichtig in eine Plastikhülle steckte.
    »Weiß nicht, 50er Jahre vielleicht.«
    »Dies sind die Männer, die junge Fische fangen«, dachte Blume. Welche jungen Fische?
    Gegen drei Uhr morgens verließ er die Wohnung und sah zu, wie die Beamten die Tür hinter ihm versiegelten. Er ordnete an, die beschlagnahmten Unterlagen zu ihm ins Büro zu bringen. Dann fuhr er durch die dunkle Berliner Nacht nach Kreuzberg. Alles war still, als er seine Wohnung aufschloss, nur die Dielen knackten unter seinen Schritten. Johanns Zimmer lag verwaist da. Ein Stoffhase war aus dem Bett gefallen. Blume legte ihn zurück und widerstand der Versuchung, sein Gesicht in das Kissen seines Sohnes zu drücken. Abrupt drehte er sich um und ging in sein Zimmer. Er zog Schuhe und Hose aus und kroch unter die Decke.

I ch kann das nicht allein entscheiden.«
    Emma saß vor Markus Haarms, dem Frühredakteur. Ihre Finger umschlossen die Tasse mit dem heißen Kaffee.
    »Dann ruf Schneider an. Wir haben das exklusiv, ich kann das aber nur live erzählen. Hier geht’s um Beobachtungen. Das klingt im Gespräch besser.«
    Haarms schaute die neue Kollegin an, die da zerzaust und übernächtigt vor ihm saß und ihm ihren sauren Kaffeeatem ins Gesicht blies. Sie hatte Recht, das wusste er. Aber wenn sie es jetzt verpatzte? Er wählte die Nummer des Chefredakteurs. Der nahm nach dem ersten Klingeln ab. Haarms warf einen Blick auf die Uhr, halb sechs. Schneider hörte sich das Ganze schweigend an und wollte dann mit Emma sprechen. Haarms reichte den Hörer weiter und beobachtete die Frau. Sie hatte etwas an sich, das ihn erschreckte, so eine Beharrlichkeit. Diese Frau machte Ärger, das spürte er, auf jeden Fall aber Arbeit. Haarms beschloss, sich von ihr fernzuhalten.
    »Alles klar.« Emma hielt Haarms den Hörer hin, den er nur zögerlich nahm und dann behutsam wieder auf den Apparat legte.
    »Sechs Uhr zehn. Ich hab zwei Takes, stell sie bitte zum Moderator rein. Ich geh jetzt mit ihm das Manuskript durch.« Ihre Müdigkeit schien verflogen, die Stimme klang klar und etwas aufgeregt. Sie drehte sich um, riss die Tür auf und rannte fast zum Studio. Den wütenden Blick, den ihr Haarms hinterherschickte, sah sie nicht. Sechs Uhr zehn! Nun lag es an ihm, die ganze Sendung umzustellen …
    Emma überflog noch einmal nervös ihr Manuskript. Sönke, der

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