Wer ist der andere, Alissa
mehr."
„Trotzdem, wir beide wissen, dass Sie weder jetzt hier wären, noch mich um den Tanz gebeten hätten, noch mich geküsst hätten, wenn Sie unser Geschwätz im Restaurant nicht mitgehört hätten."
"Na gut, kann sein, dass Sie Recht haben. Zu erfahren, dass Sie sich zu mir hingezogen fühlen, hat meine Aufmerksamkeit geweckt, das muss ich zugeben. Und jetzt kann ich gar nicht mehr aufhören, an Sie zu denken. Aber ich schwöre, dass ich Sie niemals demütigen wollte, Alissa. Das war nicht der Grund, warum ich sie geküsst habe." Sie hob das Kinn.
"Nein? Warum haben Sie es dann getan? Sie hätten wissen müssen, dass Sie mich in eine peinliche Lage versetzen, wenn Sie uns beide so zur Schau stellen."
"Wollen Sie die Wahrheit hören?" Als Alissa nickte, wandte Dirk sich von ihr ab, blickte längere Zeit ins Kaminfeuer, fuhr sich dann mit einer heftigen Bewegung durchs Haar und sah ihr schließlich voll ins Gesicht. "Verdammt noch mal, wenn ich das nur wüsste! Die ganze Woche über bis zu dem Zeitpunkt, als sie den Ballsaal betraten, habe ich mir vorgenommen, mich von Ihnen fern zu halten, so lange, bis sich die Dinge zwischen uns wieder normalisiert hätten. Dann sah ich Sie in diesem blauen Kleid." Er lächelte. "Sie waren so schön ..."
"Danke", erwiderte Alissa kurz angebunden. Sie wollte sich nicht von seiner Schmeichelei beeindrucken lassen. "Wie auch immer, ich konnte mich nicht zurückhalten. Ich sagte mir, nur einen einzigen Tanz. Das war alles. Aber Sie fühlten sich so unwahrscheinlich gut in meinen Armen an, ich konnte sie gar nicht mehr loslassen. Jack ist mein bester Freund, aber als er versuchte, Sie mir wegzunehmen, hätte ich ihm am liebsten den Hals umgedreht." Dirk sah Alissa an und wartete auf eine Antwort. Aber ihre Augen waren nur wachsam auf ihn gerichtet, und sie sagte kein einziges Wort.
Sie würde es ihm nicht leicht machen, wie Dirk feststellen musste. Er biss die Zähne zusammen und ermahnte sich zur Geduld. "Ich glaube", fuhr er fort, "dass ich insgeheim gehofft habe, wir könnten miteinander reden, uns vielleicht sogar besser kennen lernen. Aber die ganze Zeit, während wir tanzten, schienen Sie fest entschlossen zu sein, mich loszuwerden." Er warf ihr einen ironischen Blick zu. "Und wie Sie wahrscheinlich wissen, nehme ich eine Niederlage nicht so leicht hin." Bei dieser Äußerung war es Alissa nicht mehr weiter möglich, den beherrschten Ausdruck beizubehalten. Ihr Mund verzog sich zu einem Lächeln. Daran und an dem Aufblitzen ihrer Augen konnte Dirk erkennen, dass sie seine Bemerkung für eine reine Untertreibung hielt. "Durch Zufall entdeckte ich den Mistelzweig, der genau über uns hing, und ich konnte nicht widerstehen." Und als Alissa immer noch nichts sagte, fügte er leise hinzu: "Genauso wenig, wie ich mich davon abhalten konnte, die ganze vergangene Woche, die ich weg war, an Sie zu denken." Alissa hob abrupt den Kopf, ihre Augen wurden groß, und sie hielt für einen Moment den Atem an.
"Ich weiß, es hat mich genauso überrascht, wie Sie es jetzt zu sein scheinen. Aber so ist es nun einmal."
"Ich ... ich bin sicher, dass das nichts zu bedeuten hat. Nach dem Tag im Restaurant mussten Sie ja zwangsläufig an mich denken."
"Vielleicht eine Zeit lang, ja. Alissa, es ist mir doch nicht verborgen geblieben, dass andere Frauen in der Firma sich zu mir hingezogen fühlen. Einige dieser Frauen gehen ... wie soll ich mich ausdrücken ... ganz schön unverfroren vor. Doch ich lasse sie links liegen, und das Problem verschwindet dann gewöhnlich wieder. Ich verschwende keinen einzigen Gedanken an so etwas. Bei Ihnen ist aber das genaue Gegenteil eingetreten. Ich denke ständig an Sie, sogar während meiner Arbeit." Den letzten Satz hatte er mit einem solch deutlichen Groll gesagt, dass Alissa unwillkürlich lächeln musste. Auch ihm schien die ganze Situation unangenehm zu sein. Dirk hatte sich, die Ellbogen auf die Knie gestützt, nach vorn gelehnt und sah sie eindringlich an. "Ich möchte mich gern mit Ihnen verabreden, Alissa. Vielleicht zu einem Essen heute Abend." Alissa zupfte an dem weichen Flausch ihres Sweatshirts. Sie war versucht, ja zu sagen. Etwas Einnehmendes ging von Dirk aus, etwas Gefährliches, das sie aber mächtig anzog. Was seltsam war. Denn sie gehörte zu den Menschen mit einem gesunden Instinkt, der sie bis jetzt jeder Gefahr ausweichen ließ. Sie nahm nach Möglichkeit auch kein Risiko in Kauf, sondern zog die Sicherheit vor, fühlte sich nur im
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