»Wer lacht, hat noch Reserven«
Rolle des Chefs der Serie einen großen Reiz.
Welche Bedeutung hat er für die Show?
Christoph hat die Figur deutlich weiter entwickelt, als wir es auf dem Papier getan hatten. Er schafft es, ein Arschloch zu spielen, das einem trotzdem sympathisch ist. Das gibt der Figur viel charakterliche Tiefe.
Wie haben Sie den Charakter Bernd Stromberg entwickelt?
Am Reißbrett. Ich bin Geschichten durchgegangen, die mir Freunde erzählt haben, und habe diese mit meinen eigenen Beobachtungen abgeglichen. Mir war schnell klar, welche Eigenschaften der Charakter haben muss und welche Konflikte ihn umtreiben. Jedes Büro ist im Kern gleich. Egal, ob Sie in einer Werbeagentur arbeiten oder im Verteidigungsministerium. Sie finden überall dieselben Mechanismen.
Selbstüberschätzung zum Beispiel.
Ja, wobei Sie die nicht nur bei Chefs finden, sondern auch bei vielen normalen Angestellten. Die meisten Menschen würden doch zum Beispiel von sich behaupten, sie hätten Humor; und wenn man dann mit ihnen spricht, stellt man sehr schnell fest, dass das in vielen Fällen einfach nicht stimmt. Bei Chefs ist Selbstüberschätzung allerdings oft besonders ausgeprägt – weil die wenigsten Mitarbeiter sich trauen, ihre Vorgesetzten zu kritisieren.
Sie sind ja auch selbst Chef. Wie sehr fürchten sich Ihre Mitarbeiter vor Ihnen?
Ich hoffe, dass sich ihre Furcht in Grenzen hält, und bemühe mich um einen offenen Dialog. Ich habe aber durchaus festgestellt, dass mir die Leute, nachdem ich Chef geworden war, deutlich weniger erzählt haben als vorher. Dass zum Beispiel unser Beleuchter nicht mehr mit der Kamerafrau zusammen war, habe ich als Letzter erfahren. In diesem Moment dachte ich mir: »Du denkst, du gehörst noch dazu, aber das bildest du dir nur ein.« Dieses Kommunikations-Vakuum ist gefährlich. Du denkst, deine Angestellten finden dich spitze. Aber vielleicht halten sie dich auch für ein komplettes Arschloch.
Tun das Ihre Angestellten?
Ich hoffe nicht. Aber ich habe sicher nicht immer alles richtig gemacht. Im Medienbereich kommt man ja karrieremäßig schnell sehr weit. Plötzlich ist man Chef, ohne den Hauch einer Ahnung zu haben, was das bedeutet. Ohne sich der Konsequenzen des eigenen Handelns bewusst zu sein. Dann wird beim Fernsehen phasenweise so hart und intensiv gearbeitet, dass sehr schnell ein familiäres Gefühl entsteht. Im Überschwang macht man dann schon mal einen flapsigen Spruch, den man später bereut.
Was haben Sie denn so gesagt?
Ich will es mal so ausdrücken: Ab und an habe ich als junger Chef Sachen gesagt, die mir vermutlich als sexuelle Belästigung hätten ausgelegt werden können. Heute würde ich so was nicht mehr tun.
Stromberg rutschen ständig rassistische oder sexistische Sprüche heraus. Merkt er insgeheim, dass er seine Mitarbeiter verletzt? Oder ist er ein Verdrängungskünstler, der die eigenen Fehler sofort wieder vergisst?
Öffentlich würde er nie sagen: »Da habe ich wohl danebengehauen.« Da ist er der Bundeskanzlerin sehr ähnlich. Angela Merkel sagt ja auch nicht: »Da habe ich einen Fehler gemacht«, sondern sie sagt: »Ich habe neue Erkenntnisse gewonnen und meine Entscheidung auf deren Basis weiterentwickelt.« Innerlich machen Stromberg die eigenen Fehler aber schon zu schaffen, und so kommt es in der Serie immer mal wieder zu Übersprungshandlungen: Es gibt zum Beispiel eine Szene, in der er eine Mitarbeiterin erst beleidigt und ihr danach bei einem Spendenaufruf einen Hunderter in den Topf wirft.
Stromberg weiß, dass er Fehler macht, ist aber nicht in der Lage, sich grundlegend zu ändern?
Ja. Und gleichzeitig braucht er den Anschluss in der Abteilung. Denn da er außerhalb der Arbeit kaum Freunde hat, führt er im Büro ein Ersatzsozialleben. Er versucht, Frauen kennenzulernen und bei seinen Mitarbeitern gut anzukommen. Ohne seine Angestellten wäre er sehr einsam.
Was denkt Stromberg über seine Mitarbeiter? Nimmt er sie als Menschen wahr?
Es gibt in seinem Kopf nur schlecht ausgearbeitete Skizzen von seinen Angestellten. Weil er sich nicht wirklich mit ihnen beschäftigt und sie recht schnell in ein Klischeenetz einordnet. In der fünften Staffel etwa kommt heraus, dass ein indischer Mitarbeiter katholischen Glaubens ist. Stromberg war das natürlich nie aufgefallen. Einem türkischen Abteilungsleiter-Kollegen misstraut er, seine weibliche Vorgesetzte ist ihm oft unbequem.
Solche Vorurteile kennt man auch aus dem eigenen Leben. Wie stark bestimmen sie unseren
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