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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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und die Gedanken schwirrten wirr durcheinander. So viele Worte, so viele Diskussionen und so heftige Gefühle! Was hatten sie damit erreicht – nur noch weniger Seelenfrieden! Ja, Estelle war in vieler Hinsicht nett und amüsant. Aber nun sollte sie wieder gehen.
    Erst nach Estelles Abreise fand Olivia plötzlich das winzige Sandkorn, das im hintersten Winkel ihres Kopfes lag und sie dort nicht in Ruhe ließ. Estelle hatte etwas gesagt, das in ihr wie ein Echo etwas zum Klingen brachte. Und nachdem Estelle weg war, wurde es Olivia klar. Die plötzliche Eingebung überraschte sie. Vor Aufregung stockte ihr der Atem, und alle Müdigkeit war verschwunden. Nein, Estelles lange Geschichten waren nicht völlig nutzlos gewesen. Olivia hatte etwas Wichtiges erfahren! Wenn Jai Raventhorne die offene Feindschaft wollte, dann war sie jetzt zum Kampf bereit. Olivia besaß nun die einzige Waffe, die ihn schachmatt setzen konnte.
    *
    Olivia mußte nicht lange warten. Eine Woche nach seiner Rückkehr eröffnete Raventhorne das Feuer.
    »Ich hatte es Ihnen doch gesagt, Eure Ladyschaft, Kala Kanta ist wieder in der Stadt!« rief Willie Donaldson, als Olivia ihr Büro betrat.
    »Ja. Warum?« An seinem Ton erkannte sie, daß er nicht mit ihr plaudern wollte.
    »Trident hat unsere Kreditbedingungen aufgekündigt. Der Brief von Moitra liegt auf Ihrem Schreibtisch, Eure Ladyschaft. Sie verlangen jetzt Vorauszahlung aller Frachtgebühren für Sendungen, die ihre Klipper für uns übernehmen.« Donaldson sprach es zwar nicht aus, aber seine Worte klangen anklagend genug. »Und nach meiner Meinung ist das nur der Anfang. Das kann ich Ihnen schriftlich geben …« Er stützte den Kopf mit beiden Händen und starrte eine Fliege an, die auf dem Rand seiner Teetasse saß und sich die Flügel putzte.
    Olivia verzichtete auf eine Bemerkung, aber ihre Stimmung sank. Raventhorne hatte sich also doch entschlossen, ihr offiziell den Krieg zu erklären. Als Auftakt hatte er keine Breitseite abgeschossen – noch nicht. Aber die Ablehnung des üblichen Kredits, mit dem alle großen Handelshäuser arbeiteten und ihre Zahlungen abwickelten, bedeutete ein großes Erschwernis. Sie mußten ihren ganzen Finanzierungsplan ändern, würden möglicherweise Investitionen einbüßen, aber vor allem schuf es im Kontor zumindest für eine Weile erhebliche Aufregung und Verwirrung. Donaldson hatte recht: Das war nur der Anfang. Es würden bestimmt andere Angriffe folgen. Willie Donaldson kannte Jai Raventhornes Methoden nur allzu gut. Natürlich kannte er nicht den Grund für den plötzlichen Zorn – auch nicht sein Ziel! Wie bei allen Kämpfen Raventhornes schienen wieder einmal Unschuldige auf der Strecke zu bleiben. Diesmal hatte Farrowsham das Pech, ins Kreuzfeuer geraten zu sein. Olivia hatte den Kampf nicht gefordert. Aber wenn Raventhorne dazu entschlossen war, dann würde sie parieren. Er sollte sehen, wozu sie in der Lage war.
    Das waren Olivias Gedanken, als sie den armen Willie ansah, der sich erregt seinen verständlichen Sorgen überließ. Es empörte sie, daß selbst dieser loyale, fleißige und ehrliche Mann nicht verschont bleiben sollte. Aber als Olivia ihn schließlich ansah, war ihrem Gesicht nicht anzumerken, was sie empfand.
    »Wenn Trident das will, dann bleibt uns vermutlich keine andere Wahl, als nachzugeben«, erwiderte sie ergeben. »Es ist natürlich sehr ärgerlich und lästig, aber wir haben die Mittel, um im voraus zu zahlen.«
    Donaldson fluchte ausgiebig, ehe er wieder normal sprechen konnte. »Es geht nicht um die Mittel ! Die haben wir natürlich ! Wer sonst als wir?« Instinktiv schob er stolz die Brust heraus. »Es geht darum, daß ich mit diesem Hurensohn keinen Streit haben möchte! Warum sollen wir uns mit ihm anlegen? Wir haben keine alten Rechnungen mit ihm zu begleichen. Das ist Ransomes Angelegenheit. Soll er doch den Mist bereinigen.« Er schnaubte hörbar durch die Nasenflügel und schien im nächsten Augenblick Feuer zu speien.
    Es bekümmerte Olivia, daß Ransome ungerechterweise Vorwürfe gemacht wurden. Aber natürlich ahnte Donaldson nicht, wie sehr sich Ransome sträubte, von ihr Geld anzunehmen. Und Olivia konnte ihm natürlich auch nicht anvertrauen, weshalb Raventhornes Zorn sich auf sie richtete. Donaldson würde weiterhin Ransome dafür verantwortlich machen, und alle anderen würden sich ihm in dieser Beurteilung anschließen. »Wie es aussieht, ist es nicht länger Ransomes ›Mist‹«, erwiderte sie

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