Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
Vom Netzwerk:
Holztiere, geschnitztes Spielzeug, eine geschnitzte Frauengestalt, die mich an eine Galionsfigur erinnerte, ein durchsichtiger Schleier, zwei ausgebleichte Baumwollblusen, ein Rock mit einer Bordüre und«, sie schluckte und sagte dann kaum hörbar, »ein Kügelchen Opium.«
    Ein silberner Anhänger …
    Olivia wehrte sich gegen diese Erinnerung. Ein Nachtvogel stieß einen schrillen Schrei aus und flog auf seiner ewigen Suche nach Würmern im Zickzack vor ihnen über den Weg. Sie schraken beide zusammen. Der laute Schrei zerriß die Stille der Nacht.
    »Es waren die wenigen Dinge, die seiner Mutter gehörten. Aber das wußte ich damals nicht. Dummerweise fragte ich ihn später nach dem Bündel. Meine Frage löste einen Sturm aus. Jai wurde zuerst kreidebleich, und dann tobte er wie ein Wahnsinniger. Er beschimpfte mich, verwünschte mich, beschuldigte mich aller Verbrechen, die ihm einfielen, und behauptete, ich sei wahrhaftig die Tochter meiner Eltern. Ich war entsetzt! Ich hatte einen Fehler gemacht, aber ich verstand es nicht. Jai war tagelang wütend. Ich schwor mir, nie wieder das Bündel zu erwähnen – keinem Menschen gegenüber. Und daran habe ich mich auch gehalten. Ich habe es dir nur erzählt, um dir zu beweisen, daß Jai, wie Papa, nur vorgibt, frei zu sein von der menschlichen Schwäche, normale Gefühle zu haben. Aber er hat Gefühle.«
    Olivia hatte Estelle stumm und teilnahmslos zugehört. Estelle sah, daß sie nichts erreicht hatte. Olivia schien nur gereizt. »Spar dir die Mühe und deine Geschichten für jemanden, der sie zu schätzen weiß, Estelle. Obwohl«, sie tarnte ihre Reaktion mit einem Lächeln, das unbeschwert sein sollte, aber nur verlogen wirkte, »sie mich dazu verleiten, etwas zu sagen, was ich schon seit einiger Zeit aussprechen wollte. Ich habe dir einmal die Schuld daran gegeben, daß mein Leben ruiniert ist. Diesen Vorwurf nehme ich zurück. Du bist wie ich ein Opfer, aber im Gegensatz zu mir hast du überlebt. Ich mißgönne dir das nicht, Estelle. Das kannst du mir glauben. Ich freue mich über deine Ehe, darüber, daß du neue Beziehungen gefunden hast, die dich zufriedenstellen. Ich bewundere den Eifer in deinem Kampf, das Leben anderer umzugestalten, denn er ist edel. Jedoch«, sie verzichtete jetzt auf das gespielte Lächeln, »wenn du die Wunden anderer heilst, dann laß mir meine Wunden. Und laß mir meinen Kampf, auch wenn du ihn nicht für edel hältst. Für mich existiert Jai Raventhorne nur noch als Bedrohung für meinen Sohn.«
    »Amos ist auch Jais Sohn!«
    »Nein, o nein«, Olivia atmete ruhig, »wenn nur die Biologie Väter und Söhne schaffen würde, warum dann diese Kämpfe? Nein, für mich ist er nicht der Vater meines Sohns! Amos ist ein Birkhurst, bitte vergiß das nie! Um ihm diesen Namen zu schenken, habe ich noch ein zerstörtes Leben auf dem Gewissen, das Leben eines anständigen Mannes, der den Fehler begangen hat, mich aus Liebe zu heiraten. Solange Freddie es will, wird Amos ein Birkhurst sein. Aber wenn die Zeit gekommen ist, einen anderen Namen zu wählen, dann wird dein Bruder nicht in Frage kommen.«
    Wie konnte die Bitterkeit so unversöhnlich sein, fragte sich Estelle verzweifelt und versuchte es noch einmal. »Aber Jai ahnt nichts von der Wahrheit! Ist es gerecht, ihn trotzdem zu verurteilen?«
    »Er hat sich nie darum bemüht, die Wahrheit zu erfahren.«
    »Aber du möchtest doch nicht, daß er es tut! Du willst es weder so noch so, Olivia, und auch das ist nicht gerecht.«
    »Es ist sein Wille, sich über alles hinwegzusetzen. Außerdem hat er mir gesagt, ich dürfe ihn nie für gerecht halten. Und nur wer gerecht ist, darf auch Gerechtigkeit beanspruchen.«
    Es war hoffnungslos!
    Verbittert und blind ließ Olivia nicht mehr vernünftig mit sich reden. Estelle sah ein, es war vergeblich, sie noch länger zu bestürmen und auf Einsicht zu hoffen. »Olivia, sag Jai, daß er einen Sohn hat«, bat sie noch einmal schwach. »Ich garantiere dir, daß Amos in deiner Obhut bleiben wird. Es ist nicht richtig, dem Kind seinen Vater vorzuenthalten.«
    »Nein. Und wenn du es ihm sagen solltest«, Olivia lächelte wieder, aber ihre Augen funkelten drohend, »dann hast du dir eine Feindin fürs Leben gemacht.«
    Estelle besaß weder den Mut noch die Kraft, mehr zu sagen.
    Und Olivia war plötzlich erleichtert, daß der Besuch ihrer Cousine zu Ende war. Ihr schien der Kopf zu zerspringen, ihr schmerzten alle Knochen im Leib. Ihre Füße waren geschwollen,

Weitere Kostenlose Bücher