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Wer lügt, gewinnt

Wer lügt, gewinnt

Titel: Wer lügt, gewinnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrícia Melo
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in einer Bar in der Nähe meiner Wohnung. Ich versorgte die Schlange, wischte den Boden auf, brachte Fúlvia zum Auto und ging zu meiner Verabredung mit Ingrid.
     
    Ich kam zwanzig Minuten zu früh; die kleine Kneipe, wie sie genannt wurde, war eine Art von Lokal, wie ich sie nicht ausstehen konnte, voller begeisterter Trinker. Ich ließ mir einen Tisch geben und studierte den Zoo. Es war schon enorm, was für einen Ekel diese Leute in mir auslösten. Die Frauen waren noch am ehesten zu ertragen. Zumindest lachten sie nicht so ohrenbetäubend. Lauter Fettwänste im Raum, einen Bauch zu haben war die Regel. Und dann erst die Paare. Um herauszufinden, wie lange ein Ehepaar zusammen ist, braucht man nur die Art und Weise zu beobachten, wie sie sich bei Tisch benehmen. Drei Jahre, und sie gucken sich nicht mal mehr an. Ingrid trug ein enganliegendes, ärmelloses Shirt; erst an diesem Tag fiel mir auf, daß ihre Augen blau waren. Sie setzte sich, bestellte ein Mineralwasser. Sie sagte, sie sei ganz unparteiisch und von der schnellen Truppe. Stumpfsinnige Leute seien ihr ein Graus. Ich werde Ihnen ohne Umschweife sagen, was ich zu sagen habe, erklärte sie. Ich habe im Verlag einige Gerüchte gehört. Sie sollen entlassen werden. Eigentlich sollte ich Ihnen nichts davon erzählen, wir kennen uns ja nicht mal richtig. Aber Ihr Gesicht hat mir vom ersten Tag an gefallen. Ich weiß, daß Sie eine kranke Mutter haben. Meine Mutter war ebenfalls krank. Sie ist gestorben, meine Mutter. Nur deshalb erzähle ich Ihnen davon. Das war’s auch schon.
    Wir gingen zu Fuß bis zu ihrer Wohnung und sagten uns Nettigkeiten. Als wir vor ihrer Haustür ankamen, fragte sie, ob ich noch auf einen Sprung mit hinaufkommen wollte; sie schlug vor, wir könnten noch was trinken.
    Ingrid war sehr attraktiv. Mir schien es besser, die Einladung auszuschlagen. Entweder geht ein Mann mit einer Frau ins Bett, oder er läßt sie in Ruhe.

11
    An: Wilmer          Von: José Guber
     
    Achtung, Wilmer, das Exposé ist lang. Haben Sie Geduld. Überspringen Sie nichts, sonst werden Sie nicht verstehen, worauf ich hinauswill. Also, nur Mut.
     
    Das Tier, von Peter Walpole (dieser Name gefällt mir, aber ich habe auch an Sol Greene gedacht, wenn Sie was gegen Schauerromantik haben).
     
    Spektakuläre Verbrechen
    Zwei Frauen, Mutter und Tochter, werden auf brutale Weise umgebracht. Die Tochter wird erwürgt und mit dem Kopf nach unten im Kaminabzug ihrer Wohnung aufgehängt. Die Leiche der Mutter (die aus dem Fenster der Wohnung geworfen wurde) weist zahlreiche Verletzungen auf. Der Kopf ist praktisch vom Körper abgetrennt.
     
    Duque, der Detektiv
    Wilmer, um sich eine Vorstellung von der Kombinationsgabe dieses fabelhaften Detektivs machen zu können, den ich erfunden habe, werde ich eine Szene schreiben, in der er präsentiert wird, ungefähr in dieser Art:
    Duque und Remarq, seine rechte Hand, schlendern durch die Straßen Londons oder New Yorks, je nach dem, was Ihnen besser gefällt. Sie gehen schweigend vor sich hin, in Gedanken vertieft, genauso wie Aristoteliker es tun.
    Findest du wirklich, daß der Schauspieler John Malcom beim Fernsehen gut aufgehoben wäre? fragt Duque. Remarq, sein Assistent, ist vollkommen verblüfft darüber, wie es seinem Freund gelingen konnte, seine Gedanken zu erraten, er hatte nämlich genau darüber nachgedacht, daß John Malcom kein guter Theaterschauspieler sei.
    Woher wußtest du, daß ich gerade an J. Malcom gedacht habe? Wegen des Obstverkäufers, der dich angerempelt hat, als wir um die Ecke gebogen sind. Du hast das Gleichgewicht verloren und irritiert zu Boden auf die Pflastersteine geschaut. Ich bemerkte, wie du leise das Wort Stereotomie aussprachst und dich damit auf die Art des Straßenbelags bezogst. Wer an Stereotomie denkt, denkt an Atome und in logischer Konsequenz an die Theorien Epikurs. Ich erinnerte mich daran, daß wir, als wir uns vor einigen Tagen über dieses Thema unterhielten, davon gesprochen haben, daß einige von Epikurs Thesen durch die Nebel-Kosmogonie bewiesen worden sind. Wer indes an Nebel-Kosmogonie denkt, schaut in den Himmel und sucht den großen Nebel des Orion, und genau das hast du getan. Du hast emporgeschaut. Mir fiel ein, daß die Journalisten in ihrer Kritik über Malcoms Arbeit den Spruch Perdidit antiquum litera prima sonum zitierten, welcher sich, darüber haben wir ja bereits gesprochen, auf Orion bezieht. Es war nicht schwer darauf zu kommen, daß du diese

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