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Wer mit Hunden schläft - Roman

Wer mit Hunden schläft - Roman

Titel: Wer mit Hunden schläft - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Picus-Verlag
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Stereowatschen waren aber, wie man in diesem Fall dem Leitenbauer zugutehalten muss, von ihm gut gemeint, um den jungen Leitenbauerbuben vor dem Schweinerotlauf zu bewahren in Zukunft. Quasi GEBRANNTES KIND et cetera, wie die Mutter gesagt hat, und waren keinesfalls der wahre Grund für das scheußliche Aussehen seiner Ohren. »Wegen dieser Ohren hat mir vor der Kommunion immer so gegraust, Kreisky. Diese Ohren sind die ganze Zeit vor mir gesessen und in der Schlange zur Kommunion vor mir gestanden. Das verdirbt einem den Appetit auf den Leib Christi, Kreisky, sag ich zu ihm. Obwohl mir bei der Vorstellung, vom Leib Christi abzubeißen, sowieso gegraust hat, wirklich wahr.« Noch mehr gegraust hat es ihm vor dem Pfarrer Probodnig, der nicht nur den Körper des Herrn Jesus den Pichlbergern mit seinen Wurstfingern in die halb geöffneten Münder hineingesteckt, sondern sich selbst die letzten Gottesbrösel mit dessen Blut hinuntergespült hat. Bei dem Pfarrer Probodnig gab es nämlich immer nur die Mundkommunion. Nur wenigen legte er den Leib Christi in die Hand, zum Mitnehmen und Selbstessen. Einen Take away Jesus quasi, wie man womöglich heute dazu sagen könnte. Das waren zumeist die Witwen, die keinen anderen als den Leib Christi mehr begehrten. Obwohl das außerhalb der Kirche ganz anders war. Sie genauso wie die Jäger ALLES MITGENOMMEN HABEN, WAS IHNEN VOR DIE BÜCHSE GEKOMMEN IST und sie schon EINE WEISSE LEBER gehabt haben deswegen, wie die Mutter immer gesagt hat. Nur in der Kirche waren sie Heilige. Führten sich auf, als wären sie die Jungfrau Maria selbst, diese verlogenen Tabernakelwanzen, hat die Mutter gesagt. Den Leib Christi in Form einer Oblate in ihren Händen haltend, schlurften sie in gebückter Haltung zurück an ihren Platz, der immer in der ersten Reihe war. Dort fielen sie sofort wieder auf ihre Knie, auf denen sie beinahe die ganze Messe verbrachten. Langsam und bewusst schoben sie die in kleine Stücke zerteilten Oblaten, die durch die feuchte Kirchenluft gänzlich aufgeweicht waren, in ihren Mund. Dieses Oblatenzerteilen und Sich-in-den-Mund-Schieben hat den Rest der Messe gedauert. Der Leib Christi, hat der Pfarrer Probodnig gesagt und dem Norbert eine aufgeweichte Oblate in den Mund geschoben. So nah kam er dem Pfarrer sonst nie, außer bei der Beichte, aber da war die schützende Trennwand dazwischen, Gott sei Dank. Bei der Kommunion war er dem Pfarrer am nächsten. Obwohl er den Mund so weit wie möglich aufriss, konnte er nicht verhindern, dass ihn der Pfarrer mit seinen dicken Fingern im Mund berührte. An den Schneidezähnen, der Oberlippe, oder ganz schlimm, an der Zunge. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war er reisefertig. A-EN , würgte der Norbert dann heraus, was Amen hätte heißen sollen, was aber mit der feuchten Oblate an der Zunge klebend und dem Ekel im Hals steckend nicht besser herauszubringen war. A-EN hat auch der junge Leitenbauerbub vor ihm gesagt, so wie sein Bruder und der Leitenbauer selbst, alle haben nur dieses A-EN herausgebracht, beim hastig Niederknien und Bekreuzigen. Durch dieses hastige Niederknien und Bekreuzigen rieselte den männlichen Leitenbauerischen eine Portion Schuppen von den Hinterköpfen auf die Steireranzüge. Diese Schuppen wegzuwischen war dem Norbert ein dringendes Bedürfnis, ein Zwang fast, was er sich aber niemals zu tun traute. Diese Schuppen, beziehungsweise die Unterdrückung des ungebührlichen Wegwischens, zogen deshalb auch die gesamte Aufmerksamkeit des Norbert auf sich, dass er vom Rest der Messe nicht viel mitbekommen hat. Besonders die Kombination von den Schuppen auf dem Kragen des Steireranzugs und den rot geschwollenen Ohren des jungen Leitenbauerbuben war bestechend. Erst als die Glocken das Ende der Messe einläuteten, wurde er aus seiner Betrachtung herausgerissen. Da hatte er bereits alle Schuppen der Leitenbauerischen gezählt. »Kreisky, sag ich zu ihm, das Glockenläuten hat mich immer aufgeregt und in ANGST UND SCHRECKEN VERSETZT , wie die Mutter immer gesagt hat. Weil es auch das Zeichen für die nahende Beichte, also ein nahendes Unglück quasi, gewesen ist. Das Kirchengeläute kann ich bis heute nicht ertragen, nicht wahr? Überall wo eine Kirche ist, mache ich einen großen Bogen. Ich höre einen Ton, schon bin ich reisefertig, stimmt’s, Kreisky?«, sagt der Herr Norbert. Jetzt packte ihn der Leitenbauer beim Genick, an seinem Krawattl, wie er immer gesagt hat, und führte ihn zu den Beichtstühlen. Der

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