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Wer mit Hunden schläft - Roman

Wer mit Hunden schläft - Roman

Titel: Wer mit Hunden schläft - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Picus-Verlag
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Norli fast gleichzeitig mit der Mutter quasi das Zeitliche gesegnet. Der Schaffner hat zwar zum Norbert gesprochen, der Mund ist aber unsichtbar geblieben unter dem Schnauzer, über den er sich mit der Hand während des Sprechens mehrmals strich. Hat sich die gesprochenen Worte aus dem Bart gewischt wie der Leitenbauer den Bierschaum. Die Worte sind beim Norbert aber nicht angekommen, weil er auf die Landschaft geschaut hat, die vorbeizog am Zugfenster, als würde sie jemand an ihm vorbeischleifen. Bei den Stationen ist der Schaffner hinausgesprungen, hat, nachdem die Passagiere ein- und ausgestiegen waren, die Türen auf ihre Verschlossenheit überprüft und dem Lokführer mit einer Trillerpfeife und einer Signalkelle das Zeichen zur Weiterfahrt gegeben. Auf einmal stand der Norbert am Bahnsteig in Mürzzuschlag, von wo aus er vom Schaffner, wie es ihm die Mutter angeschafft hatte, in den Schnellzug gesetzt wurde. Vom Fenster aus hatte er einen schönen Ausblick, konnte er den Hochschwab, die Rax und den Schneeberg sehen. »Die Schönheit ihrer Landschaft, sag ich zum Kreisky, auf die die Leitenbauerischen immer so stolz waren. Als wäre die Schönheit alleinig ihr Verdienst gewesen. Als wäre sie ihr gutes Recht. Aber sie waren ja nicht die Einzigen, die das geglaubt haben. Zum Beispiel ist in fast jedem Lied der Mürztaler Lausbuben die Schönheit besungen und von den Zeltfestbesuchern mitgegrölt worden. Mit stolzgeschwellter Brust quasi. Natürlich hab ich das nicht mehr hören können, wundert’s dich, Kreisky?, sag ich zu ihm. Ist ja kein Wunder, oder? Blind bin ich geworden für die Schönheit. Weil sie sie dir aufzwingen und zertrampeln, Kreisky, wirklich wahr.«
    Der Norbert hatte die Berge und das Panorama vorher schon zu oft gesehen, bei seinen Wanderungen mit den Leitenbauerbuben auf den Mugler meistens, wie der Hausberg der Leitenbauerischen hieß. Dieses Panorama, für das die Sommerfrischler auf den Leitenbauerhof kamen und auf den Mugler hinaufgingen, um die wunderschöne Fernsicht auf den Hochschwab, die Rax und den Schneeberg zu genießen, erinnerte den Norbert nur mehr an Seitenstechen und brennende Füße. An von den Lederriemen des Rucksacks aufgewetzte Schulterblätter, in dem er die Jause der Leitenbauerbuben hatte schleppen müssen, weil diese zu ausgefressen waren, um sie selbst zu tragen. Dem Norbert war die Schönheit der steirischen Natur so viel wert wie eine Kuhflade. Der Steinadler und die Gams sind ihm tot oder lebendig gleich viel wert gewesen, und zwar gar nichts. ZU HAUSE HAST DU HUNDERT AUGEN, DRAUSSEN BIST DU BLIND , hat die Mutter immer gesagt. Dieses schöne Land ist der Steirer Land, ist mein liebes, teures Heimatland!, haben die Mürztaler Lausbuben gesungen und die Zeltfestbesucher sangen begeistert mit, in tiefer Demut darüber, dass der Herrgott gerade ihnen ein so ein schönes, kultiviertes Land gegeben hat und nicht zum Beispiel den Negern. Der Norbert war als Kuckucksei aus seinem Nest entfernt worden und konnte sich jetzt beim Anblick des herrlichen Schneebergs nur über das Ruckeln des Zuges freuen. Auf der Erzherzog-Johann-Bahn, wie der Leitenbauer diese Strecke nannte, war der Norbert mehr von den Bauwerken als von der Natur beeindruckt, die er nicht beachtete. Beim Befahren der Viadukte wurde dem Norbert mulmig, weil er sich nicht vorstellen konnte, wie so ein filigranes Gestell dem schweren Zug standhalten sollte und sich schon mitsamt dem schnauzbärtigen Schaffner in den Tod stürzen sah, vor dem inneren Auge jetzt. Wo aus eigener Erfahrung sein selbst gebautes Baumhaus nicht einmal die zwei Leitenbauerbuben ausgehalten hatte damals. Es mit einem Krachen in sich zusammengestürzt war und die Leitenbauerbuben begraben hatte unter sich. Er dann aus Angst vor Schlägen davongerannt war, weil sie dachten, er hätte es ihnen zu Fleiß getan. Er hätte aus Vorsatz ein marodes Baumhaus gebaut, sie danach in das Baumhaus hinaufgelockt, nur um es dann einstürzen zu sehen. So haben sie gedacht, die Leitenbauerbuben. Das Schlechteste ist ihnen immer noch zu gut vorgekommen. Bei jeder Freundlichkeit sind sie skeptisch geworden und haben eine Gemeinheit dahinter vermutet. Keiner gibt dir was umsonst, haben sie immer gesagt, so oft, dass sie es nur ja nicht vergessen konnten und dadurch natürlich selbst glaubten. Hat ihnen jemand zum Beispiel einen Apfel geschenkt, warteten sie nur, bis derjenige außer Sichtweite war, und warfen ihn dann in weitem Bogen in den Wald oder

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