Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps
dieses Bild. Ist es auch eine Auftragsarbeit?« Sie zeigte auf die Frau im grünen Kleid.
»Ist es. Aber ob es jemals fertig wird, steht in den Sternen.«
*
Thorleif kann rasen vor Eifersucht.
Aber ich liebe ihn. Immer noch.
Ich sehe mein Gesicht an.
So wie Kaffke hat noch nie jemand mein Gesicht berührt. Aber ich liebe Kaffke nicht.
Hätte er es erwartet?
Ich glaube nicht. Er kann gar nicht lieben. Ich bin nur eine Inspiration für ihn. Ein Objekt für eine seiner neuen Ideen, die er selbst als vortrefflich bezeichnet. Wenn er mal spricht.
Ich bin nicht oft in seinem Atelier gewesen. Er verhängte dann immer das Dachfenster, setzte Kaffee auf und begann mit der Arbeit. Die ersten zwei Male interessierte ich mich gar nicht für seine Skizzen und Entwürfe. Meistens schickte er mich bald weg, weil er allein weiterarbeiten wollte.
Wie gesagt, er interessierte sich nicht für mich. Thorleif liegt falsch. Es gibt überhaupt keinen Grund zur Eifersucht.
Ich habe oft davon geträumt, wie es wäre, mit einem anderen Mann zusammenzusein. Aber ich habe nie die Initiative ergriffen, jemanden kennenzulernen. Ich bekam Angebote. Lehnte sie ab. Mehr nicht.
Mit dem Malen nach Modell wird es von nun an vorbei sein. Kaffke muss sich auf seine Skizzen verlassen, denn das Original wird in ein paar Minuten auÃerordentlich unansehnlich sein.
Meine Hände greifen nach dem Spiegel. Sie nehmen ihn von der Wand â wie einfach das geht, wo Thorleif doch immer sagt, ich hätte zwei linke Hände â und zerschlagen ihn auf den Fliesen.
*
Der Regen war zurück, als Katinka das Atelier verlieÃ. Sie wollte gerade Dante anrufen, um nach diversen Hinweisen zu fragen, die der Journalist üblicherweise in der Hinterhand hatte, als ihr Handy klingelte. Unbekannte Nummer.
»Palfy?«
»Gibt es was Neues?« Thorleif Schwerte.
»Sie rufen nicht mit Ihrem eigenen Handy an, oder?«
»Im Café geklaut.«
»Beruhigend.«
»Haben Sie Kaffke getroffen?«
»Ich möchte lieber Sie treffen. Wir müssen reden.«
»Ich stehe vor dem Dokuzentrum 88  am Reichsparteitagsgelände. Nehmen Sie die StraÃenbahn.«
*
Ein paar Schulklassen drückten sich vor dem Dokumentationszentrum herum. Katinka sah klitschnasse Regenjacken, Schirme, Lehrer mir durchweichten Rucksäcken und zerfledderte Kekspackungen, die herumgereicht wurden. Das Wetter war mies für Touristen, aber ideal für jemanden, der sich versteckte. So wie Schwerte.
»Warum haben Sie Kaffke im Verdacht?«, fragte Katinka.
»Habe ich das?«
»Hören Sie: Sie haben im Gegensatz zu mir richtig was zu verlieren. Sie werden von der Polizei gesucht. Das wird nicht einfach für Sie!«
»Im Knast ist es wenigstens trocken.«
»Ist unsere Zusammenarbeit damit beendet?«
»Ach, lassen Sie das. Meine Frau kam mit meinem Humor auch schlecht klar. Ich weià ehrlich gesagt nicht, ob ich Kaffke zutrauen soll, sie umgebracht zu haben. Aber sie war völlig in ihn vernarrt! Vor ein paar Monaten hat er ihr angeboten, sie zu malen. Sie wollte ihm Porträt sitzen, und ich Esel habe das auch noch für gut gehalten. Wissen Sie, warum? Wir hatten ja dieses Jahr nicht die Spur von Frühling, sind vom Winter direkt in den Herbst gefallen. Sie litt so sehr unter der Dunkelheit, dem endlosen Regen ⦠ich dachte, wenn sie nur irgendetwas aufmuntern könnte, egal was, dann soll es mir recht sein. Gehen wir ein Stück über das Reichsparteitagsgelände 89 ?«
Sie umrundeten den imposanten Rundbau, der eine Kongresshalle hatte werden sollen, doch nie ganz fertig geworden war.
»Sehen Sie sich das an: GröÃenwahn pur.« Schwerte schüttelte den Kopf. »Albert Speer plante ein Stadion, einen hufeisenförmigen Tribünenbau von gigantischen AusmaÃen. Haben Sie schon mal überlegt, was passiert wäre, wenn Hitler-Deutschland den Krieg nicht verloren hätte?«
»Hatte Ihre Frau eine Affäre mit Kaffke?«
»Ich weià es nicht. Sie war eine Schönheit, Frau Palfy.« Schwerte hob sein Gesicht in den Himmel. Die Regentropfen pladderten auf seine bläulich schimmernde Haut. Eine lange Flucht würde der Mann nicht durchhalten. »Schauen Sie rüber zum Silbersee: Er ist aus der Baugrube für das Stadion entstanden. Weiter sind sie damals nicht gekommen, die Nazis. Hatten anderes zu
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