Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps
ärgern. Bringt seine Frau dazu, ihm Porträt zu sitzen.«
»Wäre es nicht umgekehrt logischer? Wenn Schwerte eine neue Methode suchen würde, um Kaffke ans Leder zu gehen, damit er ihm endlich sein Geld zurückgibt?«
Katinka wiegte den Kopf. »Auch wahr.«
»Mein Kollege sagt, mit Schwertes Frau stimmte was nicht.«
»Ach? Was denn?«
»Sie hat all die Jahre ihrer Ehe Gesellschaftsdame gespielt und ihren Mann überall hin begleitet. Aber seit zwei Jahren ist Sendepause. Schwerte nimmt wie immer etliche öffentliche Termine in der Kulturszene wahr â aber sie zeigt sich nicht mehr mit ihm.«
»Ehekrise?«
Dante zuckte die Achseln. »Ich glaube einfach nicht, dass Schwerte seine Frau umbringt und seinem Widersacher die Schuld in die Schuhe schiebt.«
»Gegeben hat es das aber schon«, widersprach Katinka. »AuÃerdem ist verletzter Mannesstolz ein starkes Motiv.«
»Ich glaubâs nicht.«
»Warum? Weil Schwerte auch ein Schreiberling ist? So wie Sie? Gibt es unter euch Tintenklecksern einen Ehrenkodex?«
Dante stieà Katinka in die Seite. »Sie sind aber mies drauf.«
»Ich laufe seit Stunden durch den Regen.«
»Berufsrisiko.«
*
Meine Beine zittern. Dann geben die Knie nach. Ich sinke auf den Boden, gleite zwischen die Scherben, die Haare, das Blut. Alles dreht sich um mich. Ich lege mich auf den Rücken. Mir ist kalt. Nur meine Hand ist noch einsatzfähig. Ich strenge mich an, Konzentration jetzt! Führe die Scherbe an meine Oberlippe. Vorsichtig taste ich mit dem Finger bis zum Mundwinkel.
Meine Freundinnen beneiden mich, weil ich meine Lippen ohne Spiegel schminken kann.
Das kommt mir jetzt zugute.
*
Katinka rief Kaffke an. Er sagte, er habe einen Termin in der Staatsoper. »Sie können mich dort treffen. Ich bin mit dem Intendanten verabredet, aber ich kann mich freimachen.«
Er klang sogar ein wenig erfreut über die zu erwartende Unterbrechung.
Inzwischen bemerkte sie den Regen gar nicht mehr. Sie eilte mit gesenktem Kopf den Frauentorgraben entlang, hielt ihre Kapuze gegen den Wind in Position und achtete auch nicht auf die anderen FuÃgänger, deren Laune mindestens ebenso finster war wie Katinkas. Dieser Frühling kann einen zum Zyniker werden lassen, dachte sie grimmig.
Die Oper 91  lag wie ein massiger Klotz auf der anderen StraÃenseite, der Stein drückte sich grau-braun gegen den dunklen Himmel. Doch trotz der Trutzigkeit ihrer Architektur hatte das Gebäude auch etwas Verspieltes. Man musste nur näher hinschauen. Katinka hob den Blick. Die groÃe Loggia sah italienisch aus, trotz des Wetters. Es fiel nicht schwer, sich einen samtblauen Himmel als Hintergrund vorzustellen, vor dem die vielen Giebel und Türmchen gut zur Geltung kommen würden. Und vor allem das sanft golden schimmernde Mosaik über dem Eingang.
Katinka betrat die Oper. Auf ihren Anruf kam Kaffke sofort nach unten.
»Sie haben es aber eilig«, kommentierte er.
»Warum geben Sie Schwerte nicht einfach sein Geld zurück?«
»Welches Geld?«
»Das er Ihnen geliehen hat.«
»Er hat mir kein Geld geliehen.«
»Im Gegenteil, da müssen an die 20.000 im Spiel sein. Er wollte sogar einen Gerichtsprozess anstrengen, um an seine Kohle zu kommen. Aber da wurde nichts draus.«
»Ich male Sie«, fuhr Kaffke Katinka an. »Sie müssen mich bezahlen, und wenn Sie zu den Leuten gehören, die ständig über Geld quatschen, aber keines haben, dann stelle ich Ihnen lieber hier und jetzt eine Rechnung und beende unsere Zusammenarbeit.«
»Sie heiÃt Maria.«
Kaffke zögerte mit der Antwort zu lange. »Wer?«
»Schwertes Frau. Und Sie haben sie als Maria gemalt. Das gleiche Setting wie das Bild von Konrad Witz. Nur eben modern. Warum?«
Kaffke grinste geschmeichelt. »Es ist gut, nicht wahr?«
Die ersten Opernbesucher des Abends kamen ins Foyer. Sie schüttelten ihre Schirme und redeten über das Wetter.
»Es ist eine Rache an Schwerte. Sie werden das Bild fertigstellen und irgendwann ganz groà ausstellen. Dabei ist seine Frau tot. Warum tun Sie ihm das an?«
Kaffke grüÃte einen Mann, der aus seinem Mantel schlüpfte und im Sakko nach der Opernkarte suchte.
»Ich habe keine Zeit für Kokolores. Ihre Skizzen schicke ich Ihnen zu. Eine Rechnung stelle ich nicht. Spende für die Allgemeinheit.«
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