Wer nach den Sternen greift
Theater gehen oder sich mit den Briten, die in New York lebten, treffen konnte.
Hugh versuchte ständig, seinem Vater alles recht zu machen, und tat alles, was Oliver von ihm verlangte. Er ging sogar zur Jagd, obwohl er diesen Sport eigentlich nicht ausstehen konnte.
Lina wusste, dass ihr Vater sie vergötterte, aber sie hatte nicht viel Vertrauen zu ihm, weil er zu selten da war. Er mochte es, wenn sie sich hübsch anzog und sich gesittet benahm, aber wenn sie draußen herumtobte und sich schmutzig machte, presste er missbilligend die Lippen zusammen. Allerdings sagte er selten etwas, weil Alex ihm dann sofort in die Parade fuhr. Alex förderte Linas unbekümmerte Art, und sie hielt es auch für eine großartige Idee, wenn das Mädchen erklärte, es wolle Tierärztin oder Ärztin werden wie Onkel Ben und Onkel James.
»Du ermutigst sie«, beschuldigte Oliver seine Frau. »Du weißt genau, dass sie bestimmte Dinge nicht tun kann.«
Alex blickte ihn nur an.
In Amerika erschien Alex’ Foto häufig in den Zeitungen. Sie galt als eine der bestangezogenen Frauen der Welt. Nach einem Aufenthalt in Indien zog sie häufig Saris an, und die Presse schrieb, dass »die Herzogin von Yarborough sich nicht um die herrschende Mode kümmert, sondern sich nach ihrem eigenen exzellenten Geschmack kleidet«.
Der Herzog und die Herzogin von Yarborough gaben nicht häufig Einladungen, aber wenn sie es taten, dann erregten ihre Feste großes Aufsehen in der Öffentlichkeit.
Wenn Alex in London war, gab sie oft intime Dinnerpartys, und die Einladungen waren begehrt, weil sowohl Politiker und Schauspieler anwesend waren als auch die Crème der Gesellschaft. In dieser Hinsicht trat sie in die Fußstapfen ihrer Großmutter.
An jenem Tag Ende Mai waren sie auf dem Weg nach Paris, zur Eröffnung einer Kunstgalerie. Oliver frönte mittlerweile rückhaltlos seiner Leidenschaft, Gemälde zu sammeln, und war dabei, die größte Privatsammlung impressionistischer Kunst in England aufzubauen. Alex bewunderte seinen Geschmack, und es überraschte und freute sie, wie er talentierte junge Künstler förderte und unterstützte. Seit er nicht mehr mit Rebecca zusammen war, verfügte er über ein wesentlich höheres Einkommen aus dem Trust, den Alex’ Vater für ihn eingerichtet hatte.
Dieses Mal wollten sie im Haus der Comtesse de Rocheford übernachten, die Oliver in einer Galerie in London kennengelernt hatte. Daraus war eine rege Korrespondenz entstanden, und sie hatte ihn mit seiner Frau über das Wochenende in ihr Haus in Paris eingeladen.
Alex hatte Paris immer schon geliebt, und sie begleitete Oliver gerne. Sie hatten ein Stadium in ihrer Ehe erreicht, wo sie privat zwar getrennte Wege gingen, in der Öffentlichkeit aber häufig gemeinsam auftraten. Es war kein schlechtes Leben, fand Alex, und auf jeden Fall nicht so einsam wie in den ersten Jahren ihrer Ehe. Nur manchmal empfand sie tief im Innern eine schmerzende Leere, und dann fragte sie sich, wo Philippe wohl sein mochte. Immer noch suchte sie ab und zu am Himmel den Polarstern, aber es kam nicht mehr so häufig vor, da sie sich sagte, dass Philippe sie wohl längst vergessen habe. Drei Wochen voller Ekstase und körperlicher Erfüllung, drei Wochen, in denen sie mit jemandem über Bücher und Ideen sprechen konnte. Oliver war viel zu provinziell. Obwohl sie Amerikanerin war, sprach sie wesentlich besser Französisch als Oliver, der sein Leben lang in der Nähe von Frankreich gelebt hatte.
Der Nebel legte sich wie ein feuchter Schleier auf Alex’ Haare, als sie vom Schiff zum Bahnhof eilte. Wenn die Reise nicht so mühsam wäre, würde sie viel häufiger nach Paris fahren. Heute Abend gab die Comtesse ihnen zu Ehren eine Dinnerparty, und die Eröffnung der Galerie würde den ganzen morgigen Tag in Anspruch nehmen, zumindest für Oliver. Sie hatte vor, lediglich an der Cocktailparty morgen Abend teilzunehmen. Tagsüber wollte sie ein wenig durch die Stadt streifen und sich die neueste Pariser Mode anschauen.
»Ich denke, du wirst sie mögen«, sagte Oliver, als sie sich in ihr Abteil setzten. »Sie ist in Amerika zur Schule gegangen. Allerdings ist sie etwa zehn Jahre älter als du.«
»Warum benutzt sie eigentlich noch ihren Titel? Ich dachte, das hätten die Franzosen seit der Revolution abgeschafft.«
Oliver zuckte mit den Schultern. »Nicht alle Franzosen halten Titel für überflüssig.«
»Also, ich finde sie seit über hundert Jahren völlig unangebracht«,
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