Wer nach den Sternen greift
fort: »Und dann kam Ben. Er ist James so ähnlich. Wir sind abends spazieren gegangen. Er berichtet mir täglich von der Klinik und erzählt mir von den Frauen, den Kindern … Und er blickt mir dabei tief in die Augen, und jetzt … jetzt steht nichts Trennendes mehr zwischen uns. Ich weiß nicht, ich habe so ein Gefühl, als ob ich James verlassen hätte. Ich fühle mich schuldig. Er kommt immer noch jeden Donnerstag, aber … ach, ich weiß nicht.« Sie lachte leise. »Ich bin vierundfünfzig Jahre alt und stehe zwischen zwei Männern.« Verlegen lachend blickte sie Alex an.
»Natürlich hat keiner der beiden jemals etwas gesagt, und vielleicht bilde ich es mir ja auch alles nur ein, weil ich unbedingt von jemandem geliebt werden möchte.«
»Ich liebe dich.« Alex schlang die Arme um die ältere Frau.
Clarissa tätschelte ihr die Hand. »Das weiß ich. Und ich bin auch unendlich dankbar dafür. Aber warum reicht uns die Liebe einer anderen Frau nicht? Warum müssen wir uns in den Augen eines Mannes spiegeln, um unseren Wert zu erkennen und Erfüllung zu finden?«
Alex dachte an Philippe. Brauchte eine Frau tatsächlich einen Mann, um sich vollständig zu fühlen?
»Und du, meine Liebe, in der Blüte deiner Jahre welkst du dahin. Oliver gibt dir doch nicht, was du brauchst.«
»Ich habe schon vor langer Zeit aufgehört, etwas von ihm zu erwarten. Ich habe andere Wege gefunden, zufrieden zu leben. Du gehörst dazu, und auch das Krankenhaus und die Klinik. Und die Brüder Cummins. Und das hier alles.« Ihre Geste umfasste das Schloss und den Park. »Sieh dir doch an, was ich daraus gemacht habe. Das erfüllt mich mit Befriedigung. Und ich schwöre dir, ich liebe alles hier, als ob es mir gehörte.«
»Aber es gehört dir doch. Du bist jetzt die Herzogin von Yarborough. Dein Blut fließt in den Adern der zukünftigen Herzöge. Du bist die Hüterin des Schlosses und hast ihm das Leben neu geschenkt. Selbst der König hat das gesagt.«
Alex schüttelte den Kopf. »Und ich habe gedacht, ich muss mich mit wenig zufriedengeben.« Sie ließ sich auf einen Sessel sinken. Aber trotzdem konnte sie nicht glücklich sein. Sie vermisste Philippe, vermisste sein Lachen, seine Berührungen, die Gespräche mit ihm. Wäre es so geblieben, wenn sie frei füreinander gewesen wären? Oder wäre auch die tiefe Liebe zwischen ihnen eines Tages der Gewohnheit gewichen? Vielleicht hatte sie jetzt den aufregenderen Teil erlebt. Seufzend blickte sie aus dem Fenster.
Ihre erste Amtshandlung als Herzogin von Yarborough würde sein, die Köchin zu entlassen und einen französischen Küchenchef einzustellen. Sie war das einfallslose englische Essen leid. In ihrem Haus in London hatte sie auch einen französischen Koch, und so wollte sie auch hier auf dem Land essen.
»Ich werde die Köchin entlassen«, erklärte sie Clarissa.
»Aber sie ist schon hier, seit ich hier wohne.«
»Dann geht sie jetzt in den Ruhestand und bekommt eine monatliche Pension von mir.«
»Nun, meine Liebe, das ist deine Entscheidung. Mir ist alles recht, was du tust.«
Alex hatte auf einmal das Gefühl, zum ersten Mal schalten und walten zu können, wie sie wollte. Endlich konnte sie über ihr Leben bestimmen.
Sie sah Clarissa an. »Ich bin schwanger«, sagte sie.
43
O h, verdammt!«, schrie Rebecca. »Ich bin zweiundvierzig Jahre alt und will kein Kind mehr. Was meinst du, was eine Schwangerschaft meiner Figur antut? Außerdem würde mein Mann sofort wissen, dass es nicht von ihm ist. Nein, nein, ich will es nicht!«
»Jetzt, wo ich Herzog bin und einen Erben habe, kann ich mich scheiden lassen.«
»O Gott!« Sie begann hysterisch zu lachen. »Weißt du eigentlich, wie lange das dauern würde? Bis die Scheidung durch wäre, wäre das Kind erwachsen. Ich will keinen Skandal. Und, um Himmels willen, wie kommst du auf die Idee, dass ich dich heiraten will? Glaubst du etwa, das Einkommen aus einem Trust von zweieinhalb Millionen reicht mir?«
Rebecca war also mit ihm fertig. Sie wollte sein Kind nicht. Und erst heute Morgen hatte Alex ihm eröffnet, sie sei schwanger. Er musste zugeben, dass er recht stolz auf sich war. Immerhin hatte er im selben Monat zwei Frauen geschwängert. Seine Pflichten als Herzog von Yarborough hatte er erfüllt und für einen zusätzlichen Erben gesorgt. Zumindest hoffte er, dass es ein Junge würde. Er hatte mit Kindern noch nie viel anfangen können, aber er merkte, dass er sich auf Carolina freute. Er mochte das kleine
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