Wer nach den Sternen greift
Zeit.«
»Ich habe gehört, er soll kein besonders guter Vater gewesen sein, aber du warst eine wundervolle Mutter. Und wie soll man Erfolg messen?«
Alex stellte ihr Glas wieder auf den Tisch. »In den letzten fünf Jahren war ich überhaupt keine Mutter für dich.«
»Doch. Ich habe alle deine Briefe aufbewahrt, und du warst mir ein großes Vorbild.« Lina stellte die Füße auf den Boden und setzte sich auf. »Was wirst du anfangen, wenn alle Kinder versorgt sind?«
»Das wird sicher eine Weile dauern. Es ist keine kleine Aufgabe.«
»Ich weiß, aber was machst du anschließend?«
Alex überlegte kurz. »Ich kümmere mich für Michael um das Schloss, bis er heiratet. Und das wird ja wohl noch ziemlich lange dauern.«
»Ich glaube nicht, dass es dir ausreicht, dich um Schloss Carlisle zu kümmern.«
»O doch, Liebling. Ich brauche jetzt erst einmal sehr viel Ruhe. Ich möchte einfach nur dasitzen und den Gärtnern Anweisungen geben.«
»Scully kümmert sich doch um alles.«
»Habe ich dir eigentlich erzählt, dass er Louise geheiratet hat?«
»Ich habe immer geglaubt, er sei in dich verliebt. Hast du das manchmal auch so empfunden?«
»Manchmal. Aber es hätte nicht funktioniert.«
»Hast du Papa geliebt?«
Alex schloss die Augen. Nach ein paar Minuten sagte sie: »Früher hat man nicht aus Liebe geheiratet.«
»Das beantwortet meine Frage nicht.«
»Ich dachte, ich könnte lernen, ihn zu lieben, als ich ihn heiratete. Aber es funktionierte nicht. Er liebte damals eine andere Frau, die ebenfalls verheiratet war. Abgesehen davon hätte er sie auch nicht heiraten können, wenn sie geschieden gewesen wäre, und er brauchte einen Erben. Das Schloss benötigte Geld, damit er es erhalten konnte. Diese Ehe brachte den Carlisles eine Menge Geld von meinem Vater und Großvater, und deiner Großmutter brachte sie einen Titel ein.«
»Du hast also Papa nicht geliebt. Das habe ich auch nie angenommen.«
»Hast du ihn geliebt?«
»Ja, obwohl mir klargeworden ist, dass ich ihn eigentlich nie richtig gekannt habe. Ich habe wohl eher meine Vorstellung von ihm geliebt.«
»Ich glaube, er hat dich und Michael wirklich geliebt.«
»Ich hatte nie das Gefühl, etwas zu entbehren. Du hast uns als Kindern alles gegeben, was wir brauchten. Wir waren immer in Liebe eingebettet, da waren ja auch noch Clarissa, Scully und all die anderen.«
Alex traten die Tränen in die Augen.
»Du vermittelst allen Menschen dieses Gefühl, Mama.«
»O Liebling, ich kenne die Kinder doch noch nicht einmal, um die ich mich kümmere.«
»Trotzdem, du vermittelst ein Gefühl von Liebe und Sicherheit.«
»Lina, weißt du eigentlich, dass du die wundervollste Tochter auf der ganzen Welt bist?«
Lina stand auf und setzte sich auf den Rand der Liege ihrer Mutter. »Ich möchte so werden wie du, Mama.«
»Oh, du wirst sogar noch viel besser werden. Deine Voraussetzungen sind viel günstiger.«
»Und das verdanke ich dir. Und jetzt erzähl mir, was du tun willst, wenn die Rückführung mit den Kindern abgeschlossen ist.«
»Ich hatte noch nie die Zeit, um mir über die Zukunft Gedanken zu machen, Liebling. Wenn die Zukunft da ist, weiß ich vermutlich die Antwort.«
Lina lächelte ihre Mutter an. Sie stand auf und blickte aus dem Fenster. »Hat es dir eigentlich etwas ausgemacht, dass du deine Erfahrungen nie mit jemandem teilen konntest?«
»Bist du auf der Suche nach Liebe?«, antwortete Alex mit einer Gegenfrage.
»Nein, aber ich hoffe, dass sie mir eines Tages begegnet. Für dich wünschte ich mir das auch.«
»Wusstest du, dass Philippe und ich uns geliebt haben?«
Lina drehte sich um und blickte ihre Mutter erstaunt an.
»Wir waren jahrelang ein Paar. Er hat mich dazu gebracht, mich um die Kinder zu kümmern. Wenn er nicht gewesen wäre …«
»O Mama, das wusste ich nicht. Wir haben ihn auch alle geliebt. Ich wünschte, ich hätte es gewusst.«
»Ich glaube, du warst damals noch zu jung, um es zu verstehen.«
»Und seine Familie? Wir lieben sie. Ich treffe mich regelmäßig mit seiner Schwester und seiner Tochter, wenn sie nach New York kommen. Michelle kommt übrigens in zwei Wochen. Sie hat mich gefragt, ob ich mit ihr diesen Sommer nach Afrika gehen will.«
»Vor sechzehn Jahren, als ich ihr zum ersten Mal begegnet bin, da sagte sie mir, dass sie dorthin wolle. Also tut sie es jetzt endlich. Sie hat immer über Philippe und mich Bescheid gewusst, von Anfang an. Und Iris hat es möglich gemacht, dass Philippe und ich
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