Wer nach den Sternen greift
vorn und Annie auf dem Maulesel dahinter. Plötzlich sagte Annie: »Frank, was ist das denn?«
Auf den Felsen an der Seite blitzte es auf, als die Sonnenstrahlen darauftrafen. In den Spalten wuchsen kleine rote Blumen.
Frank blieb stehen, um es sich genauer anzuschauen. »Ich weiß nicht«, erwiderte er, holte sein Messer heraus und versuchte, den Stein um das Blitzende herum wegzuschaben.
Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Ob das wohl eine Silberader war? Wusste er überhaupt, wie so etwas aussah? Würde er es erkennen?
»Steig ab«, sagte er zu seiner Frau, und sie glitt vom Rücken des Maultieres.
Er nahm seine Spitzhacke und arbeitete schwitzend eine Stunde lang, bis er einen Brocken von dem Glitzerzeug in der Hand hielt. Es war entweder Silber oder Blei, da war er sich ziemlich sicher. »Wir müssen zurück nach Leadville, dort ist ein Prüfungsamt, wo sie uns sagen können, ob es Silber ist.«
»Und wenn es tatsächlich Silber ist?«
»Dann muss ich einen Claim anmelden. Komm, wir kehren um.«
Annie schüttelte den Kopf. »Ich warte hier. Siehst du da unten?« Sie zeigte auf das Tal unter ihnen, in dem bereits die ersten grüngoldenen Grashalme aus dem Boden schossen. »Da unten werde ich unser Zelt aufschlagen. Ich habe genug zu essen, und du kannst mir das Gewehr dalassen. Ich werde hierbleiben, damit wir die Mine wiederfinden und sie uns niemand stehlen kann.«
»Ich kann dich doch nicht allein in den Bergen lassen, Liebling.«
Ihre Augen blitzten. »Denkst du, ich habe Angst vor Berglöwen oder anderen Männern?«
Er warf den Kopf zurück und lachte. »In Ordnung, dann lass uns jetzt das Lager errichten, damit du auf diese Stelle ein Auge haben kannst.«
»Du nimmst das Pferd«, erklärte sie ihm. »Ohne die Maultiere und die ganze Ausrüstung dürftest du hin und zurück nicht länger als zwei Wochen brauchen.« Sie überlegte einen Moment lang. »Und wage es nicht, verlorenzugehen!«
Sie band einen Schal um den kleinen Felsbrocken, damit sie ihn vom Tal aus sehen konnte. Sie brauchten über eine Stunde, ehe sie wieder unten waren, und dann errichteten sie Annies Lager neben dem Bach, der durch das frische Grün floss. Frank wollte am nächsten Morgen in der Dämmerung aufbrechen, und Annie kochte für sie beide ein Abendessen wie für Könige. Danach liebten sie sich und hielten einander fest umschlungen.
Als sie am Morgen Speck briet und Frank seinen Kaffee trank, sagte sie: »Ich habe nachgedacht. Keiner von uns beiden hat Ahnung vom Geschäft. Wenn es nun tatsächlich Silber ist? Wir wissen doch gar nicht richtig, wie wir es aus dem Boden herausbekommen sollen, und wie man eine Mine führt, wissen wir auch nicht. Wir werden Arbeiter einstellen müssen, die wir bezahlen und verpflegen müssen, und wahrscheinlich brauchen wir auch eine Mühle, um das Silber zu veredeln.«
Frank nickte zustimmend, wobei er sich fragte, woher sie das mit dem Veredeln wusste.
»Warum lässt du nicht Ethan hierherkommen? Er hat genug Geschäftssinn. Wenn es also Silber ist, hol ihn her, damit wir ihn um Rat fragen können.«
»Von Minen versteht er auch nichts.«
»Sicher nicht, aber ihm fällt bestimmt einiges ein.«
Frank aß sein Frühstück und brach auf, wobei er sich jetzt bereits Sorgen um Annie machte. Hoffentlich war sie noch da, wenn er wiederkam, und hoffentlich passierte ihr nichts Schlimmes.
Das Schlimmste jedoch, was Annie in den drei Wochen passierte, in denen sie auf Frank wartete, war, dass sie sich jeden Morgen übergab. Ihr war klar, was das bedeutete. Wenn sich wirklich herausstellte, dass es sich um eine Silbermine handelte, würde sie nicht die ganze Zeit bei den Schürfarbeiten dabei sein können.
Sie streifte über die Wiesen, wo sie das Zelt aufgebaut hatte, sammelte wilde Zwiebeln und merkte sich die Stellen, an denen im August Brombeeren wachsen würden. An den Abenden beobachtete sie das Wild, das aus dem Wald kam, um am Bach zu trinken, und sie freundete sich mit einem Waschbären an, der ihr bald schon aus der Hand fraß, wie auch die Vögel es taten, weil sie nie gelernt hatten, vor Menschen Angst zu haben. Selbst eine Schwarzbärin, die mit ihrem Jungen im Bach badete, beachtete sie nicht.
Annie zählte die Tage, und am achtzehnten Tag begann sie, nach ihrem Mann Ausschau zu halten. Aber er kam nicht. Auch in den nächsten Tagen gab es kein Zeichen von ihm. Am vierundzwanzigsten Tag schließlich sagte sie sich, wenn er bis morgen nicht zurück wäre, würde sie sich mit
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