Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)
setzen.«
»Es geht mir schon viel besser, ehrlich«, sagte ich, während mein verräterisches Herz einen wilden Rhythmus dazu trommelte. »Du kannst mich zum Bahnhof bringen, dann nehme ich den Zug.«
»Nun, ich geh dann jetzt den Bürgermeister anrufen«, verkündete Vivienne, die nun, da ich wieder auf den Beinen war, das Interesse an meiner angeblichen Krankheit verlor. Als wir in den Vorraum kamen, hatte sie bereits den Telefonhörer in der Hand. »Für mich lässt er alles stehen und liegen«, prahlte sie.
»Nicht alles, hoffentlich«, sagte Pete. Ich zuckte zusammen, als Vivienne in schallendes Gelächter ausbrach.
38. Kapitel
Elliot wohnte in einer kleinen Straße, die von der Fulham Road abging. Den Weg dorthin legte ich bei Sprühregen zurück, die Erinnerung an seinen Gesichtsausdruck, bevor er mich in der Zukunft geküsst hatte, noch glasklar vor Augen.
Mein Gehirn war in einem Zustand, als hätte es jemand durchgequirlt. Ich hatte keine Ahnung, was ich von all den Ereignissen noch halten sollte.
»Elliot, Sie dürfen Belle nicht heiraten. Sie ist nicht die Richtige für Sie«, hatte ich eingeübt. »Sie und ich passen viel besser zusammen.« Ich betrachtete mich in einem Schaufenster. Wie ein Flüchtling sah ich aus – verschreckt und mit wildem Blick. Etliche Strähnen hatten sich aus dem Pferdeschwanz gelöst.
Ich strich die Haare zurück und kramte in meiner Tasche nach meinem Notfall-Make-up, aber ich hatte es wohl zu Hause gelassen. Nur ein Döschen Vaseline fand ich. Die schmierte ich mir auf die Lippen, und auch Augenbrauen und Wimpern rieb ich damit ein, wie in den Zeitschriften empfohlen. Sicherheitshalber massierte ich noch etwas in die Wangen.
Als ich das Gebäude betrat, zog ich die Jacke aus und war froh, dass ich so geistesgegenwärtig gewesen war, zur Jeans ein flauschiges, langärmeliges rosa Oberteil anzuziehen.
»Sie glänzen ja im ganzen Gesicht«, sagte Elliot zur Begrüßung. Sollte er überrascht sein, mich so schnell zu sehen, ließ er es sich nicht anmerken. »Die Fotos sind in der Mappe auf dem Tisch.« Er stieg über eine Pappschachtel in der Mitte des Raums, bedacht darauf, seine Flip-Flops nicht zu verlieren, und duckte sich gleichzeitig, um nicht gegen den Schirm der Deckenlampe zu stoßen. In seinem verknitterten Hemd, den langen khakifarbenen Shorts und mit dem Dreitagebart, der sich wie ein dunkler Schatten über seine Wangen legte, wirkte er romantisch verwegen.
Ermutigt, weil er mir nicht die Tür vor der Nase zugeknallt hatte, trat ich schnell ein. Mir war bewusst, dass ich fürchterlich aussah.
Seine Wohnung war eher ein möbliertes Zimmer, ein schlichter, quadratischer Raum, der größtenteils weiß gestrichen war.
Auf einem wackligen Regalbrett an der Wand standen Bücher, und aus einer Truhe hing ein Ärmel heraus, als läge eine Leiche darin. Auf einem Klapptisch stand ein marmornes Schachspiel, und ich konnte mir sehr gut vorstellen, wie sich Elliot darüberbeugte.
Ich betrachtete die kunstvollen Fotografien, die schief an der Sockelleiste hingen. Eine zeigte eine Terrassenvilla in einer Hügellandschaft. Üppige Palmen standen davor, und ich wurde plötzlich von dem Verlangen gepackt, dort zu sein – wo auch immer es war.
»Das ist das Haus meines Freundes Jimmy«, sagte er direkt hinter mir, und ich fuhr zusammen.
»J-Jimmy?«
Er schaute mich merkwürdig an. »Er lebt in Colorado. Jemals da gewesen?«
»Nein«, sagte ich und kam mir entsetzlich langweilig vor. »Ich reise nicht viel.«
»Angst vorm Fliegen?«, fragte er einfühlsam.
»Schreckliche Angst vor einem Absturz.« Pete und ich hatten es einmal bis zum Flughafen geschafft und wollten nach Griechenland fliegen. Im Duty-free-Bereich bin ich zusammengebrochen und musste nach Hause verfrachtet werden. Wir haben nie wieder darüber gesprochen.
»Es gibt Kurse gegen so etwas. Die nehmen Sie dann mit hoch und erklären Ihnen alles«, grummelte Elliot, als wäre es ihm zu mühsam, das genauer zu erklären. »Locke deine Dämonen ans Tageslicht und schau zu, wie sie vergehen … Das ist ein Zitat.«
»Nicht schlecht«, sagte ich.
In der Luft lag eine ungeheure Anspannung.
»Tee?«
Möglicherweise war das bloß eine förmliche Geste, aber ich stürzte mich darauf wie eine Ertrinkende.
»Ja bitte. Ich kann auch helfen.« Ich schnappte mir zwei Becher, die wohl noch nie gründlich gesäubert wurden, und ließ sofort einen von ihnen fallen.
»O Gott, das tut mir schrecklich
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