Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)
schaute ihn mit offenem Mund an. »Meine Eltern wollen uns aber doch unterstützen«, sagte ich und spürte Schuldgefühle. Wenn ich gewusst hätte, was für Schwierigkeiten Dad sich einhandelt, hätte ich dann irgendetwas anders gemacht? Oder sie selbst?
»Und was sollte überhaupt das Ganze von wegen ›Bis vor kurzem war ich tatsächlich verlobt, aber es hat nicht funktioniert‹?« Er hatte meinen Tonfall ziemlich gut getroffen, und ich schämte mich. »Heiraten Sie nun, oder tun Sie es nicht? Zumindest ihr Verlobter ist offensichtlich der Meinung, dass er demnächst heiratet.« Das Wort ›Verlobter‹ hatte er besonders betont.
»Ich … Ich werde es wohl tun«, sagte ich und ließ den Kopf hängen. »Zumindest glaube ich das. Tut mir leid, dass ich gelogen habe.«
»Und was meinten Sie damit, dass wir beide uns ineinander hätten verlieben sollen?«, fragte er unvermittelt.
Ich fühlte mich, als hätte mich jemand aus den Latschen gehauen. »Ich … äh …« Aber ich konnte ihn nur anstarren. Wie Nebel stieg die Anspannung zwischen uns auf. »Ich …«
»Hat das irgendetwas mit meiner Großmutter zu tun? Hat sie Ihnen mit ihrem medialen Gerede irgendwelche verrückten Ideen eingepflanzt?« Er rückte näher und wirkte tatsächlich irritiert, als hätte ihn dieses Thema schon eine Weile beschäftigt. »Nach diesem Dinner bei meinem Vater hat sie mir gesagt, dass wir beide gut zueinander passen würden und dass sie ein gutes Gefühl habe, was Sie betrifft. Außerdem ist sie davon überzeugt, Ihnen schon einmal begegnet zu sein.«
Er neigte den Kopf, als wartete er, aber ich war wie gelähmt. »Das ist alles Quatsch«, erklärte er, als ich ihn bloß weiter anstarrte. »Belle hat ihr nie gefallen. Belle ist keine Frau für Frauen, falls Sie verstehen, was ich meine«, sagte er mehr zu sich selbst. »Und dann noch Ihre Freundin Rosie.« Er hielt inne, bevor er die Axt niedersausen ließ. »Nach dem Fototermin ist sie mir hinausgefolgt und hat mir eine vollkommen durchgeknallte Geschichte erzählt – dass ich angeblich aus der Zukunft hier anreise und Ihnen Besuche abstatte.«
O Gott. Meine Augen schossen zum Fenster. Vielleicht sollte ich hinausspringen. Sehr hoch war es nicht.
»Sie sagt, dass wir angeblich zusammengehören. Daher sollen Sie Ihre Hochzeit absagen und mich davon überzeugen, dass ich Belle nicht heiraten dürfe.«
Ich würde Rosie erwürgen, sobald sie mir das nächste Mal über den Weg lief.
»Elliot, ich … äh …« Meine Hände fuchtelten herum und suchten nach einer Erklärung
»Was glauben Sie, wie ich das fand?« Er betrachtete mich mit der Konzentration eines Heckenschützen. An seiner Kehle sah ich eine Ader pulsieren.
»Abstoßend?«, wagte ich eine Antwort. Meine Stimme war kaum noch ein Krächzen.
»Sie war überzeugend«, sagte Elliot unerwartet und stützte die Hände in seine Hüften. »Sehr überzeugend sogar.«
Die Erleichterung durchlief mich wie ein Stromstoß, wurde aber schnell von Misstrauen abgelöst. Vielleicht nahm er unser Gespräch heimlich auf, um später die Polizei davon zu überzeugen, dass ich eine Gefahr für die Gesellschaft sei.
»Sie hätte Schauspielerin werden sollen.«
»Und was, wenn alles wahr wäre?« Ohne weiter nachzudenken, nahm ich meine Handtasche, holte die Visitenkarte des zukünftigen Elliot heraus und hielt sie ihm wie ein Friedensangebot hin.
Der Kühlschrank brummte unnatürlich laut im Hintergrund.
»Was ist das?« Neugierig drehte er die Karte in seinen Händen herum. Schlagartig wurde mir bewusst, dass ich in einer einzigen Woche mehr Emotionen zu bewältigen hatte als in den letzten fünf Jahren zusammen.
»Das ist eine Visitenkarte.« Er schaute mich an und war offensichtlich versucht, sie zurückzugeben. »Ihre Visitenkarte. Aus der Zukunft.«
Er schaute genauer drauf. »Die Telefonnummer stimmt nicht.«
»Weil sie aus der Zukunft stammt.«
Er wich zurück, als könnte ich im nächsten Moment explodieren, und tastete hinter seinem Rücken herum, bis er sein Handy gefunden hatte. Die Augen huschten immer wieder zu der Nummer hinüber, als er sie eintippte. Er hielt das Handy ans Ohr, lauschte aufmerksam und schaute mich dabei an. Dann legte er wieder auf. »Kein Anschluss.«
»Ich weiß.« Meine Stimme wurde fester. »Es gibt ihn ja auch noch nicht.«
Er starrte auf eine Stelle hinter mir, als wollte er meine Worte an die Wand projizieren, um ihnen irgendeinen Sinn abgewinnen zu können.
»Rufen Sie doch Jimmy
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