Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)
leid.«
»Kein Problem. Er ist doch gar nicht zerbrochen.«
Wir bückten uns beide gleichzeitig, um ihn wieder aufzuheben, und knallten mit den Köpfen aneinander.
»Autsch!« Meine Hand schnellte hoch. »Sie haben aber auch einen harten Schädel«, sagte ich vorwurfsvoll.
»Dafür haben Sie mehr Haare, die das abdämpfen.« Er streckte die Hand in Richtung meines Kopfes aus, änderte dann aber seine Meinung.
»Da bin ich mir nicht so sicher«, sagte ich und beäugte seinen zerzausten Schopf.
Er fuhr sich mit der Hand hindurch. »Ich müsste dringend zum Friseur.«
Schweigen.
Er räusperte sich. »Tee«, sagte er, als müsste er sich selbst daran erinnern, und stand auf.
Ich tat es ihm nach, während mir das Blut in den Kopf schoss, und folgte ihm in die Küche. Sie war klein und schäbig und trug die Spuren früherer Bewohner. In der Spüle stand eine Pfanne, an der noch Reste vom Spiegelei klebten.
»Morgen kommt die Putzfrau«, sagte er, als er meine Miene sah.
»Tatsächlich?« Schnell wandte ich mich ihm zu.
»Nein.« Zu meiner Erleichterung war sein Blick nicht mehr so kühl. »Normalerweise bin ich nicht ganz so verlottert, aber in letzter Zeit hatte ich alle Hände voll zu tun, um für alles aufkommen zu können.« Er nickte zu den Fotos hinüber. »Ein Baby ist unterwegs, wie Sie wissen.«
Nervös nahm ich ein schmieriges Abwaschtuch und bearbeitete die Arbeitsflächen, während er die Becher ausspülte und aus einer altmodischen Dose Teebeutel herauszog. Die Szene war merkwürdig häuslich, und ich spürte, dass er das genauso empfand.
»Das ist Kräutertee. Ich hoffe, das stört Sie nicht.«
»Überhaupt nicht«, sagte ich höflich und sog seinen Duft ein, als er an mir vorbei nach einem Löffel griff. Er roch überwältigend männlich, und für einen kurzen Moment war ich versucht, mich an ihn zu lehnen. Merkwürdig zu wissen, dass ich das schon einmal getan hatte.
»Was hat es nur mit Ihnen auf sich, Miss Clayton?«, fragte er sanft. Um seinen Mund herum bildeten sich kleine Fältchen. »Ich kann Ihnen einfach nicht lange böse sein.«
Obwohl ich angestrengt nachdachte, fiel mir keine geistreiche Antwort ein. »Sie wollen umziehen?«, fragte ich stattdessen, als mein Blick auf ein paar Pappkartons hinter ihm fiel.
»Oh.« Er drehte sich irritiert um. »Belle hat mich gebeten, bei ihr einzuziehen.«
»Wieso hat sie das nicht schon vorher getan?«
Er schaute mich über seinen Becher hinweg an. Einen Moment lang dachte ich, er würde nicht antworten. »Vielleicht, weil ich sie ablenke, wenn sie an ihren Entwürfen arbeitet.«
»Ach, kommen Sie schon«, sagte ich, ohne nachzudenken. »Arrogante … Nuss.«
Er ließ seinen Becher sinken und schien amüsiert. »Nuss wie in Studentenfutter?«
»Als würden Sie so etwas essen.«
»Entschuldigen Sie bitte. Nur weil mein Vater reich ist, heißt das noch lange nicht, dass ich jeden Tag Trüffeln esse. An der Uni habe ich praktisch von Studentenfutter gelebt. Auch eine Art Rebellion.«
Warum redeten wir über Studentenfutter? In seiner Gegenwart – gegenwärtig oder zukünftig – fühlte ich mich sonderbar berauscht. Es war, als wäre ich an ein Starkstromkabel angeschlossen.
»Hätte Belle sich nicht vorstellen können, hier einzuziehen? Oder in ›Frobisher Towers‹?«, fragte ich, um das Thema zu wechseln. »Dort muss es doch viel Platz geben. Ich wette, Ihre Eltern würden sich freuen, Sie beide dazuhaben.« Ich hatte nicht wirklich über meine Worte nachgedacht und zuckte zusammen, als er seinen Becher so heftig hinknallte, dass der Henkel abbrach.
»Um dann wie Sie und Ihr Verlobter zu leben?«, rief er. Seine Augen sprühten Funken. »Immer schön bei Mummy und Daddy bleiben, um einen Notgroschen anzusparen? Das ist doch wohl kaum die wirkliche Welt, oder?«
»Es machte Sinn, nicht zusammenzuziehen, während wir für unser eigenes Haus sparten«, erklärte ich in einer Anwandlung von Trotz. »Nicht alle haben wohlhabende Familien im Hintergrund.«
»Ich habe nie auch nur einen Penny von meinem Vater angenommen«, sagte er und drückte die Worte wie Reißzwecken in die Luft. »Ich möchte sein Geld nicht.«
»Sie wären also glücklicher, wenn wir alle wie Bauern vom Land leben würden. Herumziehen und Beeren sammeln.«
An seiner Wange zuckte ein Nerv. »Das ist natürlich Blödsinn. Ich behaupte nur, dass es Leute gibt, die unabhängig sein wollen und sich ihre Leistungen nicht von ihren Vätern finanzieren lassen.«
Ich
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