Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)
auszuschalten, aber vielleicht galt das ja nur für mich.
Andererseits hatte ich mich tatsächlich wie eine Spionin in ihrem Schlafzimmer herumgetrieben, und ich hatte tatsächlich ihr Handy kontrolliert. Da konnte ich mich nicht wirklich beklagen, wenn sie wütend auf mich war.
Kraftlos und mit dem Bedürfnis, an die frische Luft zu kommen, sagte ich Tina, dass sie gehen könne, sobald sie mit mir unser Zeug verstaut hatte.
Als ich dann selbst meine letzten Sachen zusammengepackt hatte und aufbrechen wollte, versperrte mir Elliot den Weg.
»Was geht hier vor?«, fragte er so kühl, als hätte er sämtliche Emotionen ausgeschaltet. »Überall, wo ich mich in letzter Zeit aufhalte, tauchen Sie auf. Erst schütten Sie mir im ›Gilded Cage‹ Wein über, dann erscheinen Sie bei meinem Vater und kochen für zehn Personen ein Menü, ganz zu schweigen davon, dass Sie am nächsten Tag im Garten herumschleichen. Und jetzt stolpere ich auch noch hier über Sie.«
»Diesen Job haben Sie mir doch selbst vermittelt«, erinnerte ich ihn, aber er lachte bloß freudlos.
»Das war offenbar ein Fehler.« Sein Blick war starr. »Ich hatte Sie nicht für eine Schnüfflerin gehalten. Oder eine Lügnerin.« Seine Worte trafen mich wie Gewehrsalven. »Was führen Sie im Schilde? Warum haben Sie über Ihre Verlobung gelogen?«
»Hab ich doch gar nicht«, log ich, verzweifelt bemüht, ihn nicht gehen zu lassen, da ich nun seine volle Aufmerksamkeit hatte. Wenn mir noch irgendeine Chance geblieben sein sollte, wegen seiner Geschichte mit Belle Einfluss auf ihn zu nehmen, musste ich ihn davon überzeugen, dass ich keine gar so grässliche Person war. »Ich meine, bis vor kurzem war ich tatsächlich verlobt, aber es hat nicht funktioniert. Nur den Ring trage ich manchmal noch. Aus reiner Gewohnheit, nehme ich an. Aber die Sache ist vorbei.« Trauer und Schuldgefühle überwältigten mich, als ich das sagte.
»Ihre Assistentin hat aber offenbar gedacht, Sie seien noch verlobt.« Elliots Blick war abweisend, und mir wurde noch einmal klar, wie entschieden ich seine zukünftige Version bevorzugte. »Ich glaube Ihnen einfach kein Wort.«
»Aber …«
»Sagen Sie nichts weiter.« Sein Gesicht verzog sich zu einer finsteren Grimasse. »Man kann mir vieles nachsagen, aber dumm bin ich nicht, Miss Clayton. Ich werde herausbekommen, was Sie im Schilde führen, und wenn es irgendetwas mit meinem Vater zu tun hat, dann übernehme ich keine Verantwortung für das, was ich mache.«
»Doch«, sagte ich kläglich. »Wir müssen immer die Verantwortung für das übernehmen, was wir machen.«
Sein Blick ließ mich zusammenschrumpfen. »Mehr fällt Ihnen dazu nicht ein?« Ungläubig schüttelte er den Kopf. »Sie sind wirklich ein harter Brocken.«
Die Worte sprudelten aus mir heraus, bevor ich sie aufhalten konnte. »Und was, wenn Sie sich eigentlich in mich verlieben sollten?«, fragte ich just in dem Moment, als Belle wieder auftauchte.
»Sie sind immer noch da?«, rief sie. »Das nenne ich Nerven, sich an meinen Verlobten heranzumachen, Sie kleine Schlampe! Ich hätte wissen müssen, worum es Ihnen geht. Verschwinden Sie, und denken Sie ja nicht, dass ich Sie weiterempfehle. Soweit es in meiner Macht steht, werden Sie überhaupt keine Arbeit mehr finden.« Als sie mich so zusammenstauchte, erkannte ich noch etwas anderes in ihren Augen. Angst?
Elliots Gesicht war versteinert. Er ließ sich nicht anmerken, ob zu ihm vorgedrungen war, was ich gesagt hatte.
Mit zittrigen Händen nahm ich meine Tasche und lief zum Lieferwagen. Als ich einstieg, stellte ich mir vor, wie alle hinter meinem Rücken über mich herzogen, und zum ersten Mal seit vielen Jahren brach ich in lautes Schluchzen aus.
Wenn das Schicksal sich hiermit einen Scherz mit mir erlauben wollte, dann war der definitiv misslungen.
23. Kapitel
Am nächsten Morgen hatte mich die Realität zurück. Ich erwachte früh, und als das Tageslicht durch den Vorhang fiel, musste ich einsehen, dass die Dinge gar nicht gut liefen. Alle meine Versuche, an Elliot heranzukommen, waren nach hinten losgegangen, während der Mann, den ich in weniger als vierzehn Tagen heiraten sollte, fest schlief und nichts ahnte.
Ich bekam eine Vorstellung davon, wie Geheimagenten sich fühlen mussten, die ihren Angehörigen etwas vorenthielten.
Nachdem ich aus dem Bett geschlüpft war, zog ich meinen Bademantel an und ging zum Fenster. Die Sonne drang durch die Bäume und tauchte den Garten in einen goldenen
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