Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)
angegriffen.
Ich schüttelte den Kopf und zog den Vorhang beiseite. »Schau.« Ein Blitz erhellte die Nacht und ließ auf Mrs. Pillings Seite ein paar zerbrochene Latten erkennen.
Rosie schlug die Hand vor den Mund. »Und was ist dann passiert?«, fragte sie durch die Finger.
»Dad hat die Polizei gerufen. Man hat sie beide über Nacht ins Gefängnis gesteckt, damit sie sich abreagieren.«
» WAAAS ?« Rosie stand kurz vor der Explosion. »Warum hast du mir denn nichts davon erzählt?«
Ich sackte in mich zusammen. »Weil es nicht stimmt«, sagte ich kleinlaut. »Ich habe Pete stattdessen erzählt, dass Ted Frobisher mich an seinen Sohn verwiesen habe – einen aufstrebenden Fotografen, der noch auf den großen Durchbruch warte.«
Es dauerte einen Moment, bevor sie ganz begriffen hatte. »Sasha!« Unverhofft knallte sie kräftig ihre Faust gegen meinen Oberarm, der sofort taub wurde.
»Autsch, das tut weh.«
»Das kannst du dir selbst zuschreiben.«
»Immerhin hat es dich vom Gewitter abgelenkt, oder?« Ich zog den Vorhang wieder auf.
Rosie schnaubte und schaltete die Nachttischlampe an. »Ist das jetzt deine Einstellung zu dieser Sache?« In einer wortlosen Geste der Ergebenheit hob sie den Arm. »Betrachtest du das Ganze als Spiel?«
»Wohl nicht. Sonst wäre ich jetzt nicht hier und würde mit dir zusammen auf den zukünftigen Elliot warten.«
»Aber dass ihr seelenverwandt seid, das glaubst du noch immer nicht, oder?«
Ich kratzte mich am Kinn und tat so, als würde ich nachdenken. »Nein, Rosie. Natürlich denke ich das nicht. Dieses Wochenende werde ich Pete heiraten. Vielleicht wären wir es in einem anderen Universum – wenn man mir zuvor kräftig das Gehirn durcheinanderwirbeln würde.«
»Und was, wenn es sich als wahr herausstellt?«
»Davon hat mich bislang nichts überzeugen können.«
Sie zog die Augenbrauen hoch, blieb aber zunächst stumm. »Und nach heute Nacht?«, erkundigte sie sich dann.
Ich dachte nach, aber in meinem Kopf tat sich nur ein großes schwarzes Loch auf. »Wir wissen doch gar nicht, was heute Nacht passieren wird«, erinnerte ich sie und schauderte.
»Hier sind definitiv dunkle Mächte im Spiel«, sagte sie schließlich und wickelte eine Locke um ihren Finger – klares Anzeichen dafür, dass sie unter Anspannung stand. »Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die wir uns gar nicht vorstellen können.« Sie schien sich in etwas hineinzusteigern.
»Wir sind dann mal weg«, rief Mum von unten hoch, und wir zuckten wie schuldbewusste Teenager zusammen.
»Viel Spaß«, rief ich entschieden zu schrill zurück.
»Wo gehen sie denn hin?«, fragte Rosie.
»Ins ›Antelope‹.«
Sie zog eine Grimasse. »Weiß dein Vater, dass dort Dienstagsabend Tanz angesagt ist?«
Ich schüttelte den Kopf. »Mum erachtet es als ihre letzte Chance, ihm doch noch ein paar Schritte beizubringen. Sie ist wild entschlossen, ihn bei der Hochzeit aufs Parkett zu schleifen.«
»Was war das?« Sie zuckte zusammen, als die Autotüren knallten.
»Das waren nur Mum und Dad«, sagte ich, aber ich war genauso unruhig, und als der nächste Donner das Haus erzittern ließ, schrien wir beide auf.
»Gott«, kicherte Rosie nervös. »Ich stehe kurz vor einem Herzinfarkt.«
Eine sonderbare Energie erfüllte den Raum, und die statische Elektrizität ließ meine Haare zu Berge stehen.
»Er kommt«, flüsterte ich und sah in ihren Augen das Spiegelbild meines bleichen Gesichts. Mich schauderte es, als wüsste mein Körper mehr als ich.
»Gib mir deine Hand«, befahl Rosie. Wie Schulmädchen standen wir da und quiekten, als das Licht ausging.
»Mir ist es entschieden lieber, wenn er unangekündigt auftaucht«, sagte ich, als die Glühbirne wieder aufleuchtete.
Warme Luft durchströmte den Raum, begleitet von dem gleißenden Licht, das ich schon zu den anderen Gelegenheiten gesehen hatte. Es schimmerte und tanzte und erleuchtete den Raum, bis es sich am Kleiderschrank zusammenzog.
Elliot materialisierte sich in einer bunten Funkensäule, wie im Science-Fiction-Film.
»Oh. Mein. Gott«, sagte Rosie.
Das Spektakel mit ihr gemeinsam zu erleben verlieh ihm noch einmal etwas Besonderes.
»Das ist ja vollkommen verrückt«, zischte sie, und ich nickte.
»Da sagst du was.«
Als sich ein knisternder Elliot in prächtigen Farben aus der Säule herausschälte, komplett mit Ledermantel, dessen oberster Knopf offen war, packte mich eine irrationale Begeisterung. »Guten Abend, Sir«, sagte ich albern,
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